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Streit um Bordelleröffnung in BremenVon Rockern und Frauen

Eine „Taskforce“ prüft in Bremen die Genehmigung eines Bordells. Die Anmelderinnen sind die Frau und die Schwester eines Hells Angels-Chefs.

Bremens Innensenator wäre sie gerne los: Hells Angels, hier bei einer Demonstration 2018 in Berlin Foto: dpa/Paul Zinken

Bremen taz | Eine Unterlassungsklage gegen den Innensenator. Eine linke Wirtschaftssenatorin, der Parteimitglieder vorwerfen, der Ausbeutung von Frauen Vorschub zu leisten. Und eine „Taskforce“, in der neben Vertrete­r*in­nen von Innen- und Wirtschaftsbehörde auch Mit­ar­bei­te­r*in­nen der Bausenatorin und der Polizei sitzen. Am Freitag war ihr letztes Treffen, das zweite innerhalb von zwei Wochen. Und das alles wegen einer Gewerbeanmeldung. Was ist da los?

Nun handelt es sich bei dem Gewerbe um ein Bordell und die Anmelderinnen sind Frau und Schwester von Andree Pröhl. Das ist der Delmenhorster Chef der Hells Angels, eines in Bremen verbotenen „Rocker-Clubs“, dessen Mitglieder mehrfach wegen Verbrechen im Bereich der organisierten Kriminalität verurteilt wurden. Pröhl selbst wurde 2009 in Bremen wegen Zuhälterei, schweren Menschenhandels und Ausbeutung von Prostituierten verurteilt.

2019 hatte die zuständige Wirtschaftsbehörde bereits das „Eros 69“ in der Duckwitzstraße genehmigt, betrieben von Pröhls Ehefrau. Damals wie heute hatte die Behörde gesagt, sie könne die Erlaubnis nicht verweigern. Die gesetzlichen Auflagen würden erfüllt.

Nach dem Prostituiertenschutzgesetz ist ein Bordell ein genehmigungspflichtiges Gewerbe – Anträge sind in Bremen bei der Senatorin für Wirtschaft und Arbeit zu stellen. Die muss die Zuverlässigkeit des Anmelders sowie das Betriebskonzept prüfen, etwa ob es „mit der Wahrnehmung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung unvereinbar ist oder der Ausbeutung von Prostituierten Vorschub leistet“, so steht es auf der Homepage der Wirtschaftssenatorin.

Es sind nicht alle Details zusammen getragen

Sprecherin von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD)

Das aber sei bei dem in der Bürgermeister-Smidt-Straße geplanten Bordell nicht der Fall. Auch gegen die Anmelderinnen spreche nichts, hat die Senatorin Kristina Vogt (Die Linke) mehrfach gesagt. Gegenwind bekommt sie von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), der die Hells Angels 2013 verboten hatte und es sich zur Aufgabe macht, sie und andere Rocker-Gangs aus Bremen fernzuhalten.

Seit Mitte Februar versucht er, über die Medien Druck auf sie auszuüben, keine Genehmigung zu erteilen und die bereits erteilte für das Bordell in der Duckwitzstraße zurückzuziehen. Er sagt, die Polizei habe der Wirtschaftsbehörde ausreichend Beweise vorgelegt, dass die Anmelderinnen nur Strohfrauen seien. Vogt verteidigte die Entscheidung ihrer Behörde und sagte, die Innenbehörde hätte zu wenig Beweise vorgelegt, um die Zulassung juristisch wasserdicht verwehren zu können.

Das Ergebnis dieses Senator*innen-Streits: Eine „Taskforce“. Was genau die machen soll – außer den Koalitionsfrieden zwischen SPD und Linken zu wahren – ist unklar. Mäurers Sprecherin sagte der taz am Donnerstag: „Wir glauben, dass noch nicht alle Details zusammengetragen sind und hoffen auf ein umfassendes Bild.“ Welche Details sie meint, sagt sie nicht. Zudem haben sowohl Innensenator als auch Wirtschaftssenatorin mehrfach erklärt, sie wüssten Bescheid.

Unterdessen haben die Antragstellerinnen vor dem Verwaltungsgericht Unterlassungsklage gegen Mäurer eingereicht. Sie wollen nicht als „Strohfrauen“ bezeichnet werden. „Das ist eine bodenlose Frechheit“, sagte in einem buten-un-binnen-Beitrag Stephanie Pröhl, Schwester des Hells-Angels-Chefs. „Es geht darum, dass Frauen nicht in der Lage sein sollen, ein Unternehmen zu führen.“

Mit Frauenrechten argumentieren auch Geg­ne­r*in­nen des Bordells. Auf der Tagesordnung des Landesparteitags der Linken am 27. März stehen drei Anträge zum Thema. Alle sind von Mitgliedern des Kreisverbands Links der Weser eingereicht worden, alle haben denselben Inhalt: Das bereits eröffnete Bordell soll geschlossen, das andere nicht genehmigt werden.

Ein Antrag zielt darauf ab, dass dies die Mitgliederversammlung der Linken beschließt, zwei wollen die Wirtschaftssenatorin dazu zwingen, also als Partei per Mehrheitsbeschluss in das Handeln einer Behörde eingreifen. Und das aufgrund einer grundsätzlichen Ablehnung von Prostitution. „Diese Frauen werden meist aus armen Ländern in Osteuropa und Afrika herangekarrt und als ‚Frischfleisch‘ von Bordell zu Bordell verladen“, heißt es in einem Antrag.

Der andere greift die Wirtschaftssenatorin an. „Es kann nicht sein, dass eine linke Senatorin allen anderen Bestrebungen von anderen Parteien, den Beiräten, der Polizei, der öffentlichen Meinung widerspricht mit der schwachen Begründung, es gäbe nicht ausreichend Indizien.“ Die An­trag­stel­le­r*in­nen glauben, es sei möglich, Betriebserlaubnisse für Bordelle zu verweigern, „wenn das der kommunalpolitische und Bürgerwille“ ist.

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4 Kommentare

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  • Ob eine Gewerbeanmeldung genehmigt werden kann, oder nicht, hängt allein von der juristischen Bewertung der Anmeldung ab. Lehnt man die Anmeldung aufgrund von praktisch überhaupt nicht beweisbaren Vermutungen ab und ein Gericht muss den Verwaltungsakt hinterher deshalb wieder aufheben, so hat man ausser unnötigen Kosten für die Bürger doch gar nichts erreicht - im Gegenteil.

  • Tja zwischendurch macht die Linke auch einfach mal blöde Meinungspolitik gegen Sexarbeiter*innen. Es liegt wohl auf der Hand dass bei einer Einbeziehung des Bürgerwillens nirgendwo Bordelle genehmigt würden.

    Zudem, wer etwas gegen die Preisdumping Politik in Großbordellen tun will könnte ja einfach selbständig organisierten Sexarbeiter*innen bessere Arbeitsbedingungen sichern. Hier aber steht das neue Prostituiertenschutzgesetz den Sexarbeiter*innen im Weg - indem etwa für Wohnungsbordelle, in welchen die Arbeitenden ohnehin nur stundenweise anwesend sind, nun Pausenräume zur Auflage gemacht werden.

    Was die Armutsprostitution betrifft, sie wird mit oder ohne Großbordelle fortbestehen. Ihre Grundlage ist schlicht das riesige Armutsgefälle in Europa und die fehlenden bzw. unzureichenden sozialen Absicherungssysteme in vielen Ländern. Um daran etwas zu ändern sollte allen voran die Linkspartei ihre antikapitalistische Kernkompetenz schärfen, anstatt diskrimminierende Stimmungspolitik auf dem Rücken der Sexarbeiter*innen zu betreiben. Denn eines ist sicher Armutsprostitution wird Wege finden.

    Zudem muss niemand ein Fan der Hells Angels, oder von deren wahrscheinlichen Strohfrauen sein, um klar zu erkennen, dass anschaffen in einem Großbordell sicherer ist als auf der Straße, oder im Wohnwagen.

    Ach ja, ich bin selbst Sexarbeiterin und Herkunftskartoffel, in dem Kleinbetrieb in dem ich arbeite wurde Keine herrangekarrt. Gegenwärtig sind alle außer mir, der Gewerbetreibenden, in Kurzarbeit. Ich dagegen wurde bei der Beantragung von Unterstützungshilfe 3, unentgeldlich vom Steuerberater meines Barchefs unterstützt...Das muss auch mal erzählt werden, schließlich hält der öffentliche Diskurs solch geregelten Support im Rotlicht meist für ausgeschlossen.

    Für uns ist es ein Affrot zu erleben wie politische Entscheidungsträger*innen versuchen die Coronabedingte Schließung unserer Betriebe etwa zur Einführung eines Sexkauferverbotes nach schwedischem Muster zu nutzen.

  • Da haben sich die Gewerbeanmeldenden aber eine interessante Gegenstrategie überlegt. Etwas plump ausgeführt, aber der Versuch, mediale "Knöpfe zu drücken" durch den Vorwurf, das Vorgehen der Innenbehörde sei sexistisch motiviert, ist schon ganz geschickt.



    Wenn Sie nun aber keine "Strohfrauen" sein wollen, dann stellt sich schon die Frage, warum die Innenbehörde laut eigener Auskunft bei so ziemlich allen Interaktionen mit der Geschäftsführung des bereits von den Damen betriebenen Bordells federführend der Ehemann bzw. Bruder in Erscheinung tritt. Dabei sei dieser ja nur für zuarbeitende Tätigkeiten, etwa als Berater engagiert.

    Ist ein interessanter Fall, weil hier verschiedene Spaltlinien zusammenkommen: "starker Staat" vs. organisierte Kriminalität vs. Prostitutionsdebatte

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Pröhl selbst wurde 2009 in Bremen wegen Zuhälterei, schweren Menschenhandels und Ausbeutung von Prostituierten verurteilt.

    Ja was soll er denn machen? Er kann doch nichts anderes.



    Gut, die tägliche Arbeit im Steinbruch sollte er hinkriegen.