: Südwesten ist so grün wie nie
Die kleine Stadt im Allgäu galt einst als Hochburg der Christdemokraten: In Wangen hatte die CDU bei den baden-württembergischen Landtagswahlen im Jahr 2006 ihr damals bestes Wahlkreisergebnis geholt. Mit satten 56 Prozent der Stimmen war der CDU-Abgeordnete Paul Locherer in den Stuttgarter Landtag eingezogen. Das Rekordergebnis war freilich keine allzu große Überraschung, war doch der Wahlkreis seit 1976 immer direkt an die Union gegangen. Das war auch bei den vergangenen Wahlen noch so.
Doch in diesem Jahr zeichnet sich ein anderes Bild ab: Mit der 52-Jährigen Petra Krebs erobert erstmals eine Grünen-Kandidatin das Direktmandat für den Wahlkreis Wangen-Illertal ganz im Südosten Baden-Württembergs.
Wangen steht damit für einen Trend, der bei einem Blick auf die politische Landkarte zwischen Bodensee und Odenwald deutlich wird: Es sind längst nicht mehr die Einwohner*innen der Städte, die den Grünen zu neuen Rekordgewinnen im Südwesten verhelfen. Die Wahlkreise, in denen die Partei heute direkt gewählt wird, heißen etwa Hechingen-Münsingen, Sigmaringen oder Hohenlohe.
Waren es früher die Universitätsstädte Freiburg, Konstanz und Heidelberg, in denen die Realo-Grünen zwischen Bioläden mit Feel-good-Stimmung ihre Wähler*innen abholten, sind spätestens bei diesen Wahlen ganze Regionen wie der Schwarzwald oder die Schwäbische Alb mit dazugekommen. Baden-Württemberg ist – zumindest auf der Landkarte – so grün wie noch nie zuvor.
Die Grünen haben in Baden-Württemberg im Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2016 nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Stuttgart 12 zusätzliche Wahlkreise direkt erobert. Damit gingen 58 der insgesamt 70 Wahlkreise in dem Bundesland an die Partei. Die CDU hingegen hat nach Angaben der Statistiker in 65 Wahlkreisen Verluste hinnehmen müssen. Diese fielen mit einem Rückgang von fast 8 Prozentpunkten im Landkreis Waldshut ganz im Süden Baden-Württembergs am stärksten aus. Cem-Odos Güler
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