Frauen in Not in Schleswig-Holstein: Zu wenig Schutz auf dem Land
Der Schutz von bedrohten Frauen ist in Schleswig-Holstein ist gut organisiert, aber nicht flächendeckend. Um das zu ändern, bräuchte es mehr Geld.
Frauen und Kinder, die in Nordfriesland oder im Kreis Schleswig-Flensburg auf der Flucht vor Gewalt sind, mussten bislang weit fahren – Frauenhäuser gibt es in den Flächenkreisen im Norden nicht. Immerhin hat die Arbeiterwohlfahrt im vergangenen Sommer vier Schutzwohnungen in Nordfriesland angemietet. Der Kreis hat im Januar Mittel für eine Verlängerung des Angebots bewilligt. Insgesamt ist das Hilfesystem für Frauen in Schleswig-Holstein vergleichsweise gut. 16 Frauenhäuser gibt es im Land, 13 davon autonom. Dazu kommen 26 Beratungsstellen in allen Kreisen des Landes.
„Ja, das Netz ist gut, aber zu dünn“, sagt Katharina Wulf vom Landesverband Frauenberatung. Das bestätigt eine Studie, die das Innenministerium – das für Schutz von Gewaltopfer zuständig ist – in Auftrag gegeben hat. Darin werden zwar die in „vielerlei Hinsicht vorbildlichen Strukturen“ im Land gelobt, aber dennoch würden „deutlich mehr Ressourcen benötigt“, lautet das Fazit. Während die Lage in den größeren Städten vergleichsweise gut aussieht, wurden die Beratungsstellen in den kleineren Orten in den vergangenen Jahren eher ausgedünnt.
Dass die öffentliche Hand Fraueneinrichtungen finanziert, ist keine freiwillige Leistung, sondern in der so genannten Istanbul-Konvention verankert. 2011 schlossen 13 Staaten diesen gemeinsamen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, Maßnahmen zum Schutz gewaltbedrohter Frauen zu ergreifen. Seither haben sich weitere Länder angeschlossen. Unter anderem sind darin „angemessene finanzielle und personelle Mittel“ für Hilfen vorgesehen, zudem „Schutzunterkünfte, die sicher, geeignet und leicht zugänglich“ sein müssen.
Bundesweit werden diese Vorgaben unterschiedlich ausgelegt. Schleswig-Holstein hat seine Landesförderung auf sehr stabile Füße gestellt: Geld fließt nicht für besetzte Plätze im Frauenhaus oder geleistete Beratungsstunden, sondern der Ansatz richtet sich nach der Größe der Bevölkerung. Dazu kommen Mittel der Kommunen für die Beratungsstellen.
Allerdings ist die Förderung schon seit Jahren nicht erhöht worden, mit dem Effekt, dass es „entweder keine Gehaltserhöhungen für die Beschäftigten gab oder Beratungsstunden gestrichen wurden“, sagt Wulf. Das soll nun anders werden, freut sich die Sprecherin des Landesverbandes: Das Land hat eine regelmäßige Steigerung zugesagt. In diesem Jahr stellt das Ministerium für Frauenhäuser und Beratungsstellen 7,5 Millionen Euro zur Verfügung. Ab 2022 wird diese Summe jährlich um 2,5 Prozent steigen.
Richtig üppig wird es dennoch nicht, befürchtet Wulf: „Nach dem Willen des Ministeriums sollen wir mehr für die Prävention tun“, sagt sie. „Aber wenn wir die Summe über das Land verteilen, kommen pro Standort vielleicht zehn Stunden mehr heraus – das ist weit entfernt von einer großen Aufstockung.“
Wulf sieht Beratungsbedarf für Gruppen, „die bisher nicht im Fokus stehen“. Dazu zählen Frauen mit Behinderungen und Frauen, deren Hauptsprache nicht deutsch ist. Um sie besser zu erreichen, sei es wichtig, „in die strukturelle Arbeit zu gehen“, etwa durch eine Fortbildung von Erzieher*innen oder Lehrer*innen, der Beschäftigten in Jobcentern und weiteren „Institutionen am Rand, die in Kontakt mit Opfern von Gewalt sind, ohne es zu wissen“.
Auch die Frauenhäuser hätten sich mehr gewünscht. Heute gibt es 319 Frauenhausbetten im Land. Nach Ansicht der Fachfrauen sollten es deutlich mehr werden: „Die 30 Notplätze, die seit 2019 gewährt werden, reichen nicht aus“, sagt Ludmila Sitnikowa, Sprecherin der Koordinierungsstelle der Autonomen Frauenhäuser.
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