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Gewerkschaften blicken auf Wahl vorausDGB lobt rot-rot-grünen Senat

Gewerkschaftsbund sieht seit Start der Koalition 2016 „wichtige Fortschritte für die Stadt“. Beim Thema Enteignung positioniert sich der DGB nicht.

DGB und Einzelgewerkschaften äußerten mit Blick auf die Wahl ihre Erwartungen an die Landespolitik Foto: dpa

Berlin taz | Die aktuelle Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen kann mit Rückenwind von den Gewerkschaften in die Abgeordnetenhauswahl am 26. September gehen. „Der jetzige Senat hat seit 2016 wichtige Fortschritte für die Stadt erreicht“, lobte am Mittwoch Christian Hossbach, der Berlin-Brandenburger Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds. In einem Pressegespräch, an dem auch führende Vertreter großer Einzelgewerkschaften teilnahmen, mochte Hossbach weniger kritisieren, als „Anstöße geben, wie es weiter vorwärtsgehen kann“.

Ablehnend äußerte sich Hossbach allein zu Plänen, den S-Bahn-Betrieb an mehrere Unternehmen zu vergeben: „Die S-Bahn darf nicht zerschlagen oder privatisiert werden.“ Sich vor Wahlen mit Prüfsteinen, Ideen und Forderungen zu äußern, hat Tradition bei den Gewerkschaften. Premiere hatte allein, dass sich ihre Vorsitzenden dieses Mal pandemiebedingt in einer rein digitalen Pressekonferenz äußerten. Großes Gewicht hatte dabei das Thema Wohnen, das aus DGB-Sicht „auch in den nächsten fünf Jahren weit vorne in der politischen Rangfolge stehen wird“.

Den von der rot-rot-grünen Koalition beschlossenen Mietendeckel unterstützt der Gewerkschaftsbund: Jetzt müsse die Landespolitik die dadurch gewonnene Zeit für Neubau und für den Übergang zu einer dauerhaft sozial gestalteten Mietenregelung nutzen, lautet die Forderung des DGB. Ein wesentlicher Baustein ist für seinen Landeschef Hossbach dabei der Neubau von mindestens 20.000 Wohnungen pro Jahr, der zur Hälfte gemeinwohlorientiert erfolgen soll.

Zu möglichen Nebenwirkungen des Deckels – dem Tagesspiegel hatten die Gewerkschafter und sonstige Leser am Morgen entnehmen können, dass sich seit Start des Mietendeckels die Zahl der angebotenen Wohnungen halbiert haben soll –, sagte Hossbach der taz: „Das liegt nicht am Instrument, sondern daran, dass schlicht zu wenig Wohnungen da sind.“

Keine DGB-Position zu Enteignung

Beim Thema Enteignung und dem nun in die zweite Stufe gehenden Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ wiederum legte sich der DGB nicht fest. Denn dazu gibt es laut Hossbach mehrere Positionen und Beschlüsse. Eine so wichtige Frage aber entscheide man im Konsens, „insofern haben wir dazu keine Position“.

Der Regionalleiter der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Nikolaus Landgraf, drängte darauf, bei Investitionen – Schulbauoffensive, sozialem und kommunalem Wohnungsbau oder der ökologischen Verkehrswende – trotz der hohen Corona-Ausgaben keine Abstriche zu machen: „Öffentliche Investitionen dürfen jetzt nicht durch eine zu frühe Rückkehr zur Schuldentilgung gefährdet werden.“ Für Verdi-Landes­chef Frank Wolf hat die Pandemie „die bereits bestehende prekäre Situation des kaputtgesparten Berliner Gesundheitswesens weiter verschärft“. Darum muss aus einer Sicht gelten: Mehr Personal, Abbau des Investitionsstaus, keine neue Privatisierungswelle.

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