Reisen mit der Deutschen Bahn: Nachtzug ohne Schlafwagen
Die Deutsche Bahn will keine Schlafwagen anschaffen. Das nimmt der Idee von Verkehrsminister Scheuer, Nachtzüge zu reaktivieren, den ganzen Charme.
Mit großem TamTam hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Dezember die europaweite Renaissance der Nachtzüge angekündigt. Immerhin 13 Metropolen in Europa sollen bis zum Jahr 2024 mit Nachtzügen verbunden werden. Langfristig soll es sogar einen europäischen Taktverkehr geben. Sollte das tatsächlich geschehen, wäre das ein enormer Fortschritt. Denn nur europaweite Nachtzüge sind eine echte Alternative zum Fliegen. In 13 Stunden mit dem Zug von Berlin nach Barcelona – cool.
Aber wirklich in Frage kommt so eine Fahrt nur, wenn sie komfortabel und preiswert ist. Wer will schon mit Rückenschmerzen am Ziel ankommen. Und hier hakt es ganz gewaltig. Leider enthält Scheuers Ankündigung offenbar Etikettenschwindel. Denn zumindest in den Nachtzügen der Deutschen Bahn (DB) müssen die Fahrgäste die lange, lange Fahrt sitzend verbringen.
„Die DB Fernverkehr verfügt über keine Schlafwagen mehr und plant auch nicht, neue Schlafwagen zu kaufen oder zu leasen“, heißt es in der Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Christian Jung. Der fürchtet zu Recht, dass die Sitzwagen viele Fahrgäste davon abhalten werden, die Nachtverbindungen zu nutzen.
Luxuszüge braucht niemand
Vor einigen Jahren hat die Deutsche Bahn ihre Schlafwagen abgeschafft und teilweise an die europäische Konkurrenz verkauft. Denn deren Manager:innen sind weitsichtiger als die deutschen. Österreich, die Schweiz und Schweden bauen Nachtzugverbindungen schon länger aus – und zwar mit Schlafwagen. Nachts Zug zu fahren, ist durchaus populär.
Wohl deshalb hat sich Andreas Scheuer während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft das Thema Nachtzüge auf die Fahnen geschrieben – medial. Nur Kosten soll die Renaissance nichts, wie aus der Antwort auf die Kleine Anfrage hervorgeht. Eine Förderung mit Bundesmitteln sei nicht vorgesehen, heißt es.
Angaben darüber, was die Tickets für die Nachtzüge kosten könnten, macht das Ministerium nicht. Doch vom Preis wird abhängen, ob das Angebot attraktiv ist. Luxuszüge braucht niemand. Nur wenn der Umstieg auf den Zug auch erschwinglich ist, ist er eine Alternative zum Fliegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar