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Nach Aus für US-PipelineZwischen Jubel und Frust

Der Stopp der Keystone XL-Pipeline bringt US-Präsident Biden Pluspunkte bei Indigenen und AktivistInnen. Für manche kommt er aber zu spät.

In Alberta, Kanada, werden die Teersände für das Öl abgebaut. Aber der Pipelinebau ruht auch hier Foto: Jason Franson/Bloomberg/getty images

NEW YORK taz | „Leute, wir haben es geschafft“, jubelt Jane Kleeb am Abend des 20. Januar auf Facebook. Bei der Demokratin und Klimaaktivistin in Lincoln im US-Bundesstaat Nebraska sind in den letzten Jahren viele Fäden im Kampf gegen die Keystone XL zusammengelaufen. Die Pipeline sollte schweres Öl aus dem Teersandabbau in Kanada bis in die Raffinerien am Golf von Mexiko bringen. Der neue US-Präsident hat das Projekt an seinem ersten Amtstag gekippt.

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Joe Biden hat damit ein Versprechen eingelöst, mit dem er die Stimmen der KlimaktivistInnen gewonnen hat. Jane Kleeb dankt ihm, dass er „auf gewöhnliche Leute statt auf große Ölkonzerne gehört“ hat. Trotzdem sei die Entscheidung nur der Anfang: „Los geht’s, Pipeline-Kämpfer! Es gibt viel zu tun“, schreibt sie.

Die „schwarze Schlange“, die in der kanadischen Provinz Alberta beginnen und quer durch den Mittleren Westen durch sechs Bundesstaaten führen sollte, hat im zurückliegenden Jahrzehnt die neue Klimabewegung in Nordamerika zusammengebracht wie kein anderes Großprojekt. Aber je nachdem, wo frau entlang der ursprünglich 2.700 Kilometer langen Strecke der Pipeline nun nachfragt, fallen die Reaktionen unterschiedlich aus.

In Alberta beschreibt Premierminister Jason Kenney das Aus als einen „Boxschlag in den Bauch“. Seine Regierung hatte auf einen zweiten Wahlsieg von Donald Trump und den ungestörten Fortgang der transnationalen Öl- und Pipelinegeschäfte gesetzt. Die Teersandölgewinnung in den Wäldern im Norden von Alberta ist das ökonomische Zentrum der Provinz.

Mindestens ein Mitglied von Kenneys Kabinett hat sich mit einem roten „Make America Great Again“-Mützchen gezeigt. Kenney selbst hat die demokratische Gouverneurin des US-Bundesstaates Michigan, Gretchen Whitmer, als „hirntot“ bezeichnet, weil sie Kritik an einer Pipeline geübt hat, und noch 2020 Investitionen in Höhe von fast einer Milliarde Euro in die Keystone XL angekündigt.

CIA ist hier etwas anderes

Mehr als 1.000 Kilometer weiter südöstlich, im US-Bundesstaat South Dakota, benutzt Faith Spotted Eagle das Wort „Sieg“. „Dies ist eine großartige Zeit, um zu leben“, sagt sie. Die Älteste im Stamm der Dakota kämpft zeit ihres Lebens für den Schutz des Wassers, gegen Uranabbau und Öl- und Gasprojekte sowie dafür, dass die USA die Verträge einhalten, die sie einst mit den UreinwohnerInnen abgeschlossen haben.

Sie war auch an der Annäherung zwischen zwei historischen Gegnern beteiligt, die die Proteste gegen die Pipeline zusammengebracht haben. Sie nannten sich „CIA“ – Cowboy Indian Alliance. „Wir haben gelernt, gemeinsam mit Weißen zu kämpfen“, sagte Faith Spotted Eagle bei einer Onlinediskussion Ende Januar.

Nicht Trans Canada hat Arbeitsplätze geschaffen, ich habe es getan

Julia Trigg Crawford, Aktivistin

Biden macht ihr Hoffnung. Weil er der erste Präsident ist, der die „Stämme in die nationale Konversation einbezieht“, und der erste, der eine Nachfahrin von UreinwohnerInnen in seine Regierung holen will. Deb Haaland soll Chefin des Innenministeriums werden, das unter anderem für das Land und die Bodenschätze zuständig ist. Der Senat muss sie noch bestätigen. „Wir haben jetzt eine Verwandte in der Regierung“, sagt Faith Spotted Eagle. Sie hofft, dass der „Wandel im Denken“ in Washington weitergeht – und dass sie helfen kann, weitere Großprojekte zu Fall zu bringen.

Weitere 1.000 Kilometer südlich, kurz unter der Grenze von Oklahoma zu Texas, hat Bidens Entscheidung für Julia Trigg Crawford einen bittersüßen Geschmack. Quer durch ihre Farm, auf der sie Mais und Soja anbaut und Rinder und Pferde hält, verläuft ein Teilstück der ursprünglich als „südliches Bein“ der Keystone XL geplanten Pipeline. Das Öl fließt längst durch das Rohr. Es wird in Cushing, ­Oklahoma, in die Pipeline gespeist, die es direkt nach Houston bringt. Da dieses Stück keine internationale Grenze überschreitet, benötigte es keine Genehmigung der Bundesregierung.

Vom Konzern observiert

Seine Eröffnung fiel bereits in die Amtszeit von Präsident Barack Obama. Der hatte zwar den grenzüberschreitenden Abschnitt blockiert, reiste aber persönlich zur Einweihung in Cu­shing an.

Julia Trigg Crawford geht regelmäßig das Rohr auf ihrem Land ab. Sie trägt dabei hohe Stiefel, denn sie geht davon aus, dass es früher oder später Lecks geben wird. „Ich freue mich für meine Freunde im Norden“, seufzt sie, „aber für mich ändert die Entscheidung von Präsident Biden nichts. Ich habe verloren. Wir sind geopfert worden“.

Die Texanerin hatte Nein gesagt und war vor Gericht gezogen, als der Pipelinekonzern Trans Canada an sie herantrat. Dafür wurde sie rund um die Uhr von „Sicherheitsleuten“ im Auftrag des Unternehmens observiert, auf ihrem eigenen Land. Sie fotografierten auch die Autorin, als sie im Sommer 2014 für eine Reportage die Farm besuchte. Später erfuhr Julia Trigg Crawford, dass dank ihres Widerstands mehrere Polizisten aus dem benachbarten Kleinstädtchen Paris mit ihrer Beschattung zu zusätzlichen Einnahmen kamen. „Nicht Trans Canada hat die versprochenen Pipeline-Arbeitsplätze geschaffen“, sagt sie, „ich habe es getan.“

Nachdem sie alle Verfahren verloren hatte und die Pipeline gebaut wurde, bekam Julia Trigg Crawford eine einmalige Abfindung von 10.395 US-Dollar, die das Nutzungsrecht für alle Zeiten abdeckt. Den Zaun, der den Verlauf der Pipeline markiert und ihr Land durchschneidet, hat sie stehen lassen. Der kanadische Konzern, gegen den sie verloren hat, gab sich im Jahr 2019 einen neuen Namen, um sein Renommee aufzupolieren: TC Energy. Auch das Teersandöl sollte nach dem Wunsch der Betreiber neutraler „Ölsand“ heißen.

Zweifel an Biden

Wieder knapp 100 Kilometer tiefer im Süden sind die Eichen im Wald von Winnsboro der Pipeline gewichen. Die jungen GegnerInnen, die 2012 fast 100 Tage in Baumhäusern in mehr als 25 Höhe Widerstand leisteten, während Polizisten am Waldboden mit Handschellen und Pfeffergas auf sie warteten, haben sich längst über alle Teile der USA verteilt. Manche sind heute andernorts gegen andere Pipelines aktiv.

Der Untergrund der USA ist ein Spinnennetz von Pipelines, die in alle Himmelsrichtungen gehen. Zwei davon sind gegenwärtig besonders umstritten, weil sie durch empfindliche Natur- und Wassergebiete und indianisches Land führen. Eine ist die Dakota Access, die von North Dakota über South Dakota und Iowa nach Illinois verläuft. Bereits im Jahr 2017 wurde bei ihr ein erstes Leck bekannt. Die ­andere ist die Line 3, die Öl aus dem Teersandabbau in Alberta nach Wisconsin bringen soll. Der dazwischen liegende Bundesstaat Minnesota wehrt sich dagegen.

„Ich bin begeistert“, sagt Ron Seifert über die Entscheidung von Präsident Biden, „die Pipeline hätte enorme Zerstörungen verursacht“. Statt auf die Key­stone XL konzentriert sich der 39-jährige Aktivist aus Montana, der heute in Texas lebt, jetzt auf andere Pipelineprojekte und beteiligt sich an einer Kampagne mit dem Ziel, Fracking in Texas zu verbieten.

Einen „Klimaschutzpräsidenten“ will er Joe Biden nach dem Dekret noch nicht nennen. „Biden ist ein Klimazentrist und ein Gegner eines progressiven Green New Deal“, sagt Ron Seifert. Er bezweifelt sogar, dass ­Biden es mit seinem angekündigten Extraktionsmoratorium ernst meint. Die Skepsis scheint begründet: In den wenigen Tagen seit seinem Amtsantritt hat Bidens Regierung bereits mindestens 31 neue Ölbohrgenehmigungen erteilt.

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4 Kommentare

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  • Teil 3



    Als die DAPL in Betrieb ging, passierten mehrere Ausbrüche der Leitung und was von uns allen befürchtet wurde, trat ein, bzw. aus! Öl, was die Umgebung verseuchte, lief aus mehreren Stellen aus! Da ich gelernter Rohrinstallateur bin, wusste ich schon früh, dass durch die natürlichen Gegebenheiten alleine, damit zu rechnen war. Aber alle anderen ahnten es dort auch. Durch die Förderung im eigenem Land wuchs die USA zum größten Öl-Förderungsland auf diesem Planeten für kurze Zeit an. Aber zu welchem Preis?! War und ist es das Wert, das eigene Land durch Fracking, Ölförderung in den USA und Teersand-Ölförderung aus Kanada unabhängig zu machen? Gleichzeitig aber die Umwelt damit zu schädigen und damit die Grundlage für kommende Generationen zu verseuchen! Und damit meine ich insbesondere die Natives, die schon immer einen hohen Preis für die Sünden der Eroberer aus Europa zahlen mussten!



    Jeden Winter müssen die Sioux frieren und in ND, in der Gegend um Fort Bismarck, wo Gas, dass durch Fracking in die Umwelt frei gelassen wird, statt es für die Natives nutzbar zu machen, in die Luft geblasen wird, nutzbar zu machen. Damit die Luft zu verpesten und die Natives deshalb Atemwegs-Erkrankungen als Folge erleiden müssen!?



    Wasser ist Leben - Mni Wiconi.



    Wir können nur hoffen, dass der schlimmste Fall nicht eintreten wird und Öl in das Wasser des Missouri-Rivers gelangt. Denn das ist die Frischwasser-Versorgung der Dakotas dort. Das die Pipeline nicht vor der Ansiedlung der US-Bürger dort durch den Fluss führt, war im übrigen auch nicht unbedacht, von den Erbauern geplant worden.



    Man kann die Dekadenz der Amerikaner nur erahnen, aber was dort immer noch geschieht, ist Ethnische-Säuberung und langsame Vernichtung der Natives.



    Das die Amerikaner sich damit selber Schaden, findet keinen Platz in deren Gehirnen!



    Das Wasser dort in privater Hand größten Teils ist und nicht wie hier, in öffentlicher Hand, ist ein Beispiel, wie arm diese Menschen dort im Geiste sind!

  • Teil 2

    Der Erbauer der DAPL, Energy Transfer & Partner, nebst dem Army Corps of Engineers, die eine riesige Schneise in die Landschaft dort schlugen, waren auch noch die Polizei von ND, National Garde und private Sicherheitsfirmen behilflich, die Natur dort zu zerstören. Und weil das noch nicht genug an Zerstörung war, wurde auch noch eine Begräbnis-Stätte der Dakotas gleich mit umgepflügt und zerstört!



    Der Zirkus, der sich hinter dem an der Erbauung der DAPL beteiligten Akteure zog, war beteiligt an Verbrechen, die u.a. Drogen, Menschenhandel, Vergewaltigungen und noch anderen Verbrechen, die an den Natives begangen wurde, statt fand!



    Ich kann all die Verbrechen hier nur andeuten, aber was dort während dieser Zeit geschah, ist unglaublich, aber so wahr, wie diese Zeilen!



    Mir ist ehrlich gesagt immer noch schlecht und all das, was dort geschah, ist ein Roter Faden, der sich seit der Besiedlung durch Europäer, bis in die Gegenwart zieht!



    Hier in Europa und in Deutschland wurde diese Sache kaum in der Presse erwähnt,



    ja selbst in den USA war die Aufmerksamkeit zuerst sehr klein, aber durch die Ansammlung der ganzen landesweiten Stämme, war seit den Unruhen in den 70`ern in SD, wo sich Lakotas und das FBI einen Krieg lieferten, das Interesse erst einmal gering. ???



    Das änderte sich aber dann rasch, weil keiner mit dem Durchhalte-Vermögen aller gerechnet hatte und dachte, wenn es dort Winter wird, werden sie schon aufgeben.



    Eben nicht, weil genug, genug war und die Wut und das Unrecht der Geschehnisse es nicht zu gelassen hatten, dass schnell aufgegeben wurde!



    Nach der Zwangsräumung der Protest-Camps ging der Protest weiter und ein Richter, Bosberg, der damals in einem Verfahren den Bau doch trotz vieler klagen zu lies, hatte letztes Jahr festgestellt, dass das Army Corps of Engineers kein Gutachten vorgelegt hatte und deswegen dieses Gutachten nach zu reichen hatte und deshalb den Stop der



    Förderung bis auf weiteres untersagt hatte. Warum so spät???

  • Mni Wiconi - Wasser ist Leben

    Das, was die US-Regierung seit Jahren, Jahrzehnten und Jahrhunderten meinen Brüdern und Schwestern angetan hat und noch weiter tut, ist nichts weiter als eine unendliche Schande!

    Es ist nicht mit Worten auszudrücken und es fällt mir schwer, das in Worte zu fassen.

    Noch bevor Obama sich bei den Sioux eingeschleimt hatte und mit allen Ehren der Sioux, deren Hoffnungen zerstört wurde, indem er den Bau der Dakota Access Pipeline (DAPL) stoppen wollte, war klar, dass die DAPL gebaut wird. Zu viele Interessen waren



    wichtiger, als das sich irgend einer um die Interessen der Sioux einen Dreck geschert hatte. Selbst unter den Sioux gab es Profiteure, die durch den Bau der DAPL einen Profit machten. Es stimmt mich noch immer traurig, das alles aus der Ferne als Keyboard Warrior mit erlebt zu haben. Ich war Tag und Nacht aktiv, um ein Teil dieser Protest-Aktion gegen das Unrecht, was dort geschah, zu verhindern. Nicht weil ich nichts anderes zu tun hatte, sondern weil ich Verwandte und Freunde in Nebraska, South -und North Dakota habe. Ich wollte verhindern, dass sie Schäden durch den Bau von der DAPL erleiden würden, was offensichtlich ist und war!



    Als Trump, der im übrigen sein Geld und seine Interessen, sowie der Governeur von North Dakota z.B., unter anderem ihr privates Geld in den Bau gesteckt hatten, war der Bau nur noch eine Frage der Zeit. Der Widerstand, der sich langsam gegen den Bau formierte, wurde zu einem geschichtlichen Meilenstein, was die Protestbewegung gegen den Bau von mehreren Pipelines in den USA betrifft. Hier sammelten sich nicht nur Dakotas, Lakotas und Cheyenne, sondern auch Stammes-Mitglieder von anderen Stämmen der Vereinigten Staaten, nebst Umwelt-Aktivisten und Farmer, in den Protest-Camps in North Dakota. Was als kleines Protest-Camp 2016 in ND begonnen hatte, wurde zu mehreren Protest-Camps dort.

    Teil 1

  • Jason Kenny, Albertas PM, wollte seinen Dreck mittels Pipeline in die USA schleusen. Jetzt hat er den Dreck im eigenen Land, viel Spaß! Teersandöl = Dreck, für diejenigen, die mich nicht verstehen wollen.