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Onlineshopping in CoronakriseZeit statt Zeugs

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Im Shutdown scheint das Onlineshopping nahezu alternativlos. Doch die Coronakrise ist eine Chance zum Umdenken, die so schnell nicht wiederkommt.

Onlineshopping boomt in Zeiten des Shutdowns – gibt es Alternativen? Foto: Frank Hoermann/imago

S eit Jahren mahnen Nachhaltigkeitsforscher, Wachstumskritiker, Natur- und Klimaschützer vor Weihnachten, lieber „Zeit statt Zeugs“ zu schenken. Sie warnen vor Elektroschrott unterm Weihnachtsbaum, giftigem Spielzeug und Bergen aus Geschenkpapier. Und dann gibt es ein Weihnachten, in dem kurz vor dem Fest – die Läden zumachen! Das wäre doch die Gelegenheit zu erholsamen Spaziergängen statt stressigen Gerennes durch verstopfte Fußgängerzonen, zu gemütlichem Plätzchenessen auf dem Sofa statt gegenseitigen Gemotzes am Asia-Fastfood-Stand.

Respekt, wer nach Monaten der Einschränkungen, der Ereignislosigkeit und der Aussicht auf Kita- und Schulschließungen auch im neuen Jahr noch die Chancen der aufgezwungenen Einkehr sehen kann. Und Verständnis für alle, die in diesen Tagen nur eins wollen: Weihnachten und den Jahreswechsel anständig über die Bühne kriegen, auf dass es trotz gefährdeter Großeltern und einsamer Freunde so schön wie möglich wird. Und da kommt Amazon ins Spiel.

Wer dort in diesen Tagen noch bestellt, bekommt seine Pakete mit hoher Wahrscheinlichkeit noch vor Weihnachten. „Plopp“ – liegen sie vor der Tür, verpackt, geliefert und gebracht von irgendwem. Rasant verschiebt sich der Konsum aus den Innenstädten ins Netz. Online-Kaufen als Anti-Frust-Strategie: Behaupte keiner leichtfertig, dass das nicht funktioniert.

Doch der Onlinehandel leuchtet die aus den Fugen geratene Konsumgüterindustrie grell aus. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Computer, Kleidung, Spielzeug und Bücher von anonymen Menschen in fernen Ländern produziert werden, gewöhnt an einen absurden Warenstrom von Asien in den Rest der Welt und zurück als Müll.

Nun gerät auch der Verkauf aus unserem Gesichtsfeld, heraus aus den Stadtzentren und Malls hinein in Logistikzentren irgendwo. Die Gegenwart ist in diesem Jahr wohl zu herausfordernd, um an die Zukunft zu denken. Schade eigentlich, denn eine bessere Gelegenheit zum Umdenken werden wir so schnell nicht bekommen.

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9 Kommentare

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  • Richtig, eine gute Gelegenheit, mit dem Aufhören anzufangen! Biodiversitätsforscher sind aber der Ansicht, dass es bald noch mehr Gelegenheiten, sprich Pandemien, geben wird, sollte das Aufhören nicht unerwarteterweise um sich greifen.

    utopia.de/--216955

  • So ganz verstehe ich das Problem nicht. Online Shopping ist ein Trend , der sich unabhängig von Corona durchsetzt. Die Vorteile für den Kunden sind der Treiber. Sofern sich Retouren in Grenzen halten, ist es auch ökologisch vorteilhafter.



    Ja sicher, andere traditionelle Strukturen müssen umdenken und nicht die Fehler der Buchhandlungen wiederholen. Aber im Wandel liegen auch Chancen ...

    • @alterego:

      Ja, die Retouren. Aber gerade online wird oft "mal eben so" bestellt. Am Ende kommt der Kram, man braucht ihn gar nicht und ab gehts zurück damit. Also ökologisch geht anders.

  • Das Online-Shopping halte ich mittlerweile für katastrophal.

    Die Couch-Potatoe- und Geiz-ist-geil-Mentalität bis zum Exzess überzogen.

    Und VWL-mäßig ein gewaltiger Schaden für das Land, für die Arbeitsplätze, für Städte, Dörfer und Gesellschaft.

    Und die größte Kaputtmach-Maschine heißt bekanntlich Amazon. Hunderttausende oder weltweit Millionen Einzelhändler platt gemacht. In Indien bibbern grade 70 Millionen kleine Shopkeeper um ihre Existenz, sollte die Firma ins Land kommen.

    In der linken Szene scheint das alles noch nicht angekommen zu sein. Diese verschläft grade den übelsten Kapitalismus, den die Welt in ihrer Geschichte gesehen hat.

    Bezos spendet zwar publikumswirksam Geld fürs Klima, gleichzeitig gibt Amazon Gelder an Think-Tanks, die den Klimawandel leugnen.

    Frau Holdinghausen, als Wirtschafts- und Umweltredakteurin wissen Sie vermutlich sehr genau um die Zerstörungsmacht (verschleiernd als "Disruption" bezeichnet) der Firma.

    Wie wäre es mal mit einem gesalzenen Artikel gegen Online-Shopping, insbesondere Amazon?

    In einem Handelsblatt-Interview fordert der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht die Einführung einer 25-prozentige Steuer „auf all den Kram, den wir tagein, tagaus online bestellen. Und dieses Geld sollte den Kommunen für die Strukturentwicklung zur Verfügung gestellt werden“.

    Bravo!

    www.handelsblatt.c...ndel/25099506.html

    www.faz.net/aktuel...ezos-16577679.html

    • @shantivanille:

      Och, also in der linken Szene ist das durchaus angekommen. Die Antifa macht glücklicherweise Sturm gegen Onlinehandel, können aber differenzieren, ob der Onlinehandel von großen Konzernen wie Amazno, oder "den kleinen Inder" im Kiez ist. Weil letzterer wird selbstverständlich in Ruhe gelassen.

      Und auch Konsumverweigerer und Minimalisten, traditionell links eingestellt, gehen auf Abstand zu Onlinehandel.

    • @shantivanille:

      Mir ist sehr viel an dieser Debatte zu pauschal und zu undifferenziert.



      Onlinehandel muss nicht automatisch Amazon bedeuten, auch dort gibt es viele kleine selbstständige Anbieter, die zum Teil wiederum die Infrastruktur der Tech-Riesen nutzen. Ebenso ist es dank der sehr viel größeren Auswahl im Online-Handel möglich dort sehr viel langlebigere Geräte für den gewerblichen Gebrauch zu beziehen, während der Elektrohändler um die Ecke nur die üblichen Consumer-Produkte mit geplanter Obsoleszenz im Sortiment hat. Auch die Erzählung vom kleinen inhabergeführten Lädchen scheint mir beim Blick auf die Innenstädte ähnlich realistisch wie die Heile-Welt-Bauernhöfe aus der Werbung. Tatsächlich haben doch auch im lokalen Einzelhandel längst die immer gleichen Ketten und Multis übernommen. Klar, dass die Arbeitsbedingungen bei Amazon extrem mies sind ist unbestreitbar richtig, aber sind die Arbeitsbedingungen wie die der 450€-Kraft im KiK, des un(ter)bezahlten Familienmitglieds im Gemüseeinzelhandel, des McDo-Burgerbraters oder der "Schlecker-Frauen" demgegenüber so viel besser, dass man sie gegen die Online-Konkurrenz verteidigen müsste?



      Richtig ist auch, dass die hohe Retourenquote im Online-Handel ein Problem ist, hier könnte etwa ein Ausgleich des Wertverlusts durch die Kunden entgegenwirken. Gleichzeitig führt die Notwendigkeit im lokalen Handel immer volle Regale präsentieren zu können auch dort dazu, dass dort eine Menge guter Waren in den Müll oder ggf. an die Tafeln gehen.

  • Was ist eigentlich so toll an diesem "kaufen"? Warum seine sauer verdiente Kohle gleich wieder abgeben?

  • Das ist mMn eine einseitige Betrachtung.

    Wir bestellen dieses Jahr größtenteils aus Sorge, andere Menschen sonst zu enttäuschen. Unsere Großeltern, älteren Eltern, Kinder, oder alleinlebende Nachbarn, von denen wir wissen, dass sie wenige Geschenke bekommen. Wie erklärt man seinem Sohn, dass die Schwester das gewünschte Geschenk bekommen hat, er aber nicht, weil man es nicht vor dem 15 kaufen/ finden konnte? Oder wie erklärt man der Oma/ älteren Mutter, dass dieses Jahr kein Paket kommt, nachdem sie schon mit der Tatsache umgehen musste, zum ersten Mal ganz alleine zu feiern? Wie erklärt man weit entfernt lebenden Menschen im Pflegeheim, dass sie dieses Jahr komplett alleine sind, man aber mit der Geschenkejagd für die Kinder beschäftigt war und dann am 15. Dezember keine Zeit mehr hatte und nicht online bestellen wollte?

    Es geht ja gerade beim Weihnachtsshopping meist NICHT um einen selbst, sondern darum, andere nicht zu enttäuschen, besonders dieses Jahr andere, die allein leben oder sich allein gelassen fühlen oder nicht verstehen könnten, wenn sie keine (guten) Geschenke bekommen. "Mia, hier ist die gewünschte Puppe zu Weihnachten! Paul, für dich habe ich einen schönen Blumenkohl gefunden! Spielzeug konnte ich leider nicht mehr vor dem Lockdown kaufen?"

    • @BlauerMond:

      Ehrlich? So sehe ich Weihnachten nicht. Wir haben "Weniger ist mehr" schon lange beschlossen. und dieses Jahr wird es ein - zwei Wunschgeschenke für die Kinder geben. Dennoch meiden wir Amazon, ich zahle lieber ein paar Euro mehr, lasse mir die Waren dann direkt vom Händler schicken. Viele Einzelhändler liefern auch aus, wenn man telefonisch bestellt und fragt. Wenn man möchte kann man schon auch jetzt die lokalen Händler stärken.