HipHop-Debüt von ToyToy: Aufräumen mit Chops und Style
Das Hamburger HipHop-Quartett ToyToy hat als Backingband für 5 Sterne Deluxe angefangen. Jetzt debütiert es mit dem Album „Playdate“.
Eine simple Soul-Ballade. Glockenspiel, warme E-Gitarren, ein vor sich hin tippelnder E-Bass, ein smoother Shuffle-Beat, laszive „Aaahs“ im Hintergrund, dann setzt die lässige Altstimme von Salomea ein. Nun, ganz so simpel ist „Playdate“ nicht, dafür sorgen schon die vier Nerds von Toytoy, die den Song komponiert haben.
„Wir haben ihr dieses Demo geschickt und dachten uns: mal was Ultrakompliziertes für Salomea, sie macht das schon“, gluckst Drummer Silvan Strauß. „Und dann schickt sie ihn mit ihrer Gesangsspur zurück – und von der uncoolen, Wir-machen-hier-total-schwere-Sachen-Attitüde ist nichts übrig. Nur mit ihrem Text und ihrer Performance hat sie den Charakter verändert. Das sind Chops and Style!“
Schweres leicht klingen zu lassen, with a little help from their friends – dafür sind Toytoy mittlerweile von Ohlstedt bis Neugraben bekannt. In Hamburg sind die vier studierten Jazzer, die mit Basecaps und Hoodies aussehen wie Rapper, schon Lokalhelden. Sieben Konzerte haben Silvan Strauß, Gitarrist Alex Eckert, Bassist Daniel Stritzke und Perkussionist Samuel Wootton 2019 an der Waterkant gegeben. Auch 2020 fing für das Quartett gut an. Mit ihrer „Rejazzed“-Version des Daft-Punk-Klassikers „Homework“ spielten Toytoy im ausverkauften Club Knust – dann kam die Pandemie.
ToyToy: „Playdate“ (ToyToyMusic/The Orchard)
„Was die Welt gerade braucht, ist doch das Gemeinsame, das darf man sich nicht nehmen lassen von der Isolation“, sagt Stritzke. „Musikmachen geht zur Not auch online. Also haben wir unsere Freunde zu virtuellen Spielpartys eingeladen. Wenn Kinder aus verschiedenen Haushalten sich verabreden, nennt man das ein ‚Playdate‘.“ So wurde das Stück mit der Kölner Sängerin Rebekka Salomea zum Titelsong eines Albums, das zu gleichen Teilen Funk, HipHop und Jazz enthält. Ein Großteil der 15 Songs wurde in einem Studio auf der Insel Föhr aufgenommen, von wo Daniel Stritzke stammt.
Mit improvisatorischer Jazz-Attitüde
Strauß, Eckert und Wootton, alle um die 30, lärmten schon als Punkband in der Kleinstadt Kempten im Allgäu, ehe sie in Hamburg Toytoy formierten. Dort beeindruckten sie die HipHop-Veteranen 5 Sterne Deluxe und wurden deren Backingband. Improvisatorische Jazz-Attitüde zieht sich durch die Songs auf „Playdate“.
Empfohlener externer Inhalt
Playdate
„Wenn die Idee kam, wurde der Song auch gleich eingespielt“, berichtet Strauß von den Sessions zu Anfang des Jahres. „Das Unmittelbare und Spielerische macht diese Kunstform aus. Also sorgen wir dafür, dass man die Spontaneität auch hört.“ Funky Breaks, fliegende Tempowechsel, flirrende Keyboards und aufjaulende E-Gitarren kennt man aus dem Funkjazz der Siebziger.
„Back to the Fusion“, kurioserweise komponiert von dem als Soul-Sänger bekannten ehemaligen Rapper Flo Mega, ist eines dieser typischen Toytoy-Instrumentals, mit dem sich die vier explizit vor Herbie Hancocks Headhunters verneigen. Kein gestriger Sound: US-Künstler wie Thundercat haben diese etwas frickeligen und doch stets Groove-betonten Klänge auch bei Twentysomethings salonfähig gemacht. Dazu kommen: R&B-Schmachter mit weiteren Gesangsgästen, ein Streichquartett und viel Rap. Besonders großartig: die Tracks mit den herberen Beats und dem Sprechgesang von Keno und Leroy Menace.
Und Salomea? „We could be cool / But we’re too full / Of ourselves“ sprechsingt sie in „Playdate“. Eine unverhohlene Anspielung auf den hochnäsig-verkopften Kompositionsansatz studierter Jazzer. „Man muss regelmäßig raus aus dem akademischen Umfeld“, bekräftigt Silvan Strauß. „Da braucht es Salomea für die Gänsehaut.“ Sich für etwas Besseres halten – das fällt Toytoy spätestens seit den „Playdate“-Sessions nicht mehr ein. Denn was wären die vier ohne ihre Freund*innen?
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