Susanne Memarnia hat in Sachen Lamborghini-Affäre nur ein ganz kleines bisschen klammheimliche Freude: Legal, illegal, scheißegal? Die CDU macht’s vor
Ihr wolltet Law & Order, hier habt ihr Law & Order! So und ähnlich lauten am Donnerstag die hämischen Kommentare auf Twitter zu den juristischen Folgen der CDU-Kampagne gegen „Clankriminalität“, im Netz besser bekannt als „Lamborghini-Affäre“. Eigentlich wollte sich die Partei mit der Aktion im anstehenden Wahlkampf als kompetenter Wächter für Recht und Ordnung positionieren. Leider kam sie dabei selbst mit dem Gesetz in Konflikt.
Ende Oktober hatten sich der CDU-Bundestagsabgeordnete, Berliner CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat seiner Partei bei der kommenden Abgeordnetenhauswahl, Kai Wegner, zusammen mit dem Neuköllner Gesundheitsstadtrats Falko Liecke zum Fotoshooting getroffen. Tatort war Neukölln, Hermannstraße. Vor einem im Parkverbot abgestellten gelben Lamborghini mit aufgeklebten Einschusslöchern und dem Spruch: „Kriminelle Clans gehören auf Netflix. Nicht auf Berlins Straßen“ bewarben Liecke und Wegner ein CDU-Konzept zur Bekämpfung von „Clankriminalität“. Der Wagen trug das Fantasiekennzeichen B – ye Bye und wurde fotogen abgeschleppt. Darauf wurde zweimal Anzeige erstattet wegen des Verdachts des Kennzeichenmissbrauchs nach § 22 StVG.
Am Mittwoch nun erklärte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) im Rechtsausschuss, die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlungen in der Sache von der Amtsanwaltschaft übernommen, weil ein „Immunitätsträger“ – offenbar Bundestagsabgeordneter Wegner – darin verwickelt sei. Tatvorwurf sei „gegebenenfalls Beihilfe oder Anstiftung zum Kennzeichenmissbrauch“.
Besonders pikant: Laut Behrendt haben die bisherigen Ermittlungen ergeben, dass ein „unbekannter Mitarbeiter der CDU-Fraktion“ die Anmietung und das Abschleppen des Lamborghini veranlasst hat. Sollte dies zutreffen, käme als mögliches Delikt noch verdeckte Parteienfinanzierung hinzu – schließlich darf man mit Fraktionsgeldern keine CDU-Werbung finanzieren.
Wegners persönlicher Referent und Pressesprecher, Torsten Schatz, gab sich am Donnerstag gegenüber der taz zunächst staatsstragend: Sollte es tatsächlich einen „Rechtsverstoß“ gegeben haben, „stehen wir dafür natürlich gerade“. Gleichzeitig befand er Behrendts Äußerungen „überraschend“, da in der Sache bislang weder Polizei noch Staatsanwaltschaft „an uns herangetreten“ seien. Dann ging Schatz zum Angriff über: Behrendts Aussage, wonach ein Mitarbeiter der Fraktion an der Aktion beteiligt gewesen sei, sei „falsch“ – folglich sei es auch nichts mit dem Verdacht des Missbrauchs von Steuergeldern. Stefan Evers, Generalsekretär der CDU Berlin, legte noch nach: Er hoffe „sehr, dass hier nicht die Staatsanwaltschaft vom Justizsenator zu Wahlkampfzwecken missbraucht wird“.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der taz am Donnerstag die Übernahme der Ermittlungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen