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Verschlüsselte NachrichtendiensteSeehofer will mehr Zugriff

Der Innenminister will im Kampf gegen Terror an die Kommunikation ran. Frankreich und Österreich drängen beim EU-Treffen auf hartes Durchgreifen.

Will mehr Zugriff: Innenminister Horst Seehofer Foto: dpa

Brüssel taz | Erleichterter Zugriff auf verschlüsselte Nachrichten, stärkere Überwachung der Grenzen und härteres Vorgehen gegen Gefährder: Vor einer Videokonferenz mit seinen 26 Amtskollegen aus der EU am Freitag hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer eine lange Wunschliste aufgestellt.

Der CSU-Politiker wollte mit diesen und anderen Maßnahmen auf die islamistischen Terrorangriffe in Paris, Nizza, Dresden und Wien reagieren. Da Deutschland den halbjährlich wechselnden EU-Vorsitz innehat, kann Seehofer die Agenda vorgeben und eigene Schwerpunkte setzen.

Allerdings gab es bei der Konferenz, bei der es neben dem Terror auch um die künftige Asyl- und Flüchtlingspolitik ging, noch keine Beschlüsse. Seehofer wurde zwar von Frankreich und Österreich unterstützt, die ebenfalls auf ein hartes Durchgreifen gegen Islamisten drängen.

So hatte der französische Staatschef Emmanuel Macron eine Reform des Schengen-Systems und mehr Kontrollen an Binnen- und Außengrenzen gefordert. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz will sogar gegen den „politischen Islam“ vorgehen – und nicht nur gegen Terroristen und Sympathisanten.

Seehofer: „Wir kämpfen nicht gegen ein Religion“

Die radikalen Vorschläge sind in der EU jedoch nicht konsensfähig. „Wir kämpfen nicht gegen eine Religion, sondern gegen fanatischen und gewalttätigen Extremismus jeder Art“, sagte Seehofer nach der Videokonferenz. Statt sich auf Islamisten einzuschießen, müsse die EU ihre Anti-Terror-Beschlüsse umsetzen und „optimieren“.

Vor allem die Überwachung von Messengerdiensten wie Signal oder WhatsApp hat es den Sicherheitsbehörden angetan. Denn in privaten Chatgruppen werden immer wieder Attentate vorbereitet oder Videos von Terroranschlägen verbreitet. Dies will die EU unterbinden.

„Ich persönlich bin dafür, dass wir alle nachrichtendienstlichen Möglichkeiten nutzen“, sagte Seehofer. Er wisse um Datenschutz und verfassungsrechtliche Grenzen. „Aber das kann nicht dazu führen, dass man sich überhaupt keine Gedanken darüber macht, wie man einer sehr gefährlichen Klientel, den Gefährdern“, auf die Spur komme.

In der Praxis stoßen sich Seehofer und seine Amtskollegen allerdings an zwei Problemen. Zum einen gibt es in der EU keine einheitliche Definition von Gefährdern. In vielen EU-Ländern ist dieser Begriff nicht einmal bekannt. Von einer rechtlich „wasserdichten“ Formulierung, wie sie für EU-Beschlüsse nötig wäre, ist man deshalb weit entfernt.

Europaabgeordnete warnen

Zum anderen warnen nicht nur Datenschützer, sondern auch Europaabgeordnete vor neuen Kompetenzen für die Terrorfahnder. Vor allem der Zugriff auf verschlüsselte Daten stößt auf Widerstand. „Nur ‚ein bisschen Hintertür‘ gibt es nicht“, warnt der Parlamentarier der Piratenpartei, Patrick Breyer. „Die Sicherheit unser aller Kommunikation muss Vorrang haben. Das ist die klare Position des Europaparlaments seit 2017.“

In einem ersten Entwurf für das Ministertreffen war von einem möglichen Verbot sicherer Verschlüsselung die Rede. Der deutsche EU-Vorsitz erklärte jedoch, man habe sich noch nicht festgelegt. Seehofer sprach am Freitag nur noch von einem „Prüfauftrag“.

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4 Kommentare

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  • Immer wieder das gleiche Lied: die C-Parteien wollen die Freiheitsrechte der Bürger abschaffen - immer die gleichen Forderungen seit Jahrzehnten! Ich hoffe, auch diesmal werden sie abgeschmettert! Denn: sie haben schon umfassende Rechte. Nur wozu werden sie genutzt?



    Wie ist das mit all den Verflechtungen mit dem NSU?



    Mit der Vernichtung von Akten und wichtigen Beweisen in Behörden und Ministerien?



    Warum sind es wieder uns immer wieder schon bekannte Verbrecher, die dann "ganz groß raus" kommen mit selbst gestreamten Terrorakten?



    Sei es mit Mord oder mit Kinderschänderei?



    Einfach mal die aktuell verfügbaren Mittel konsequent tatsächlich anwenden!



    Und so lange nicht schlüssig nachgewiesen werden kann, dass unsere Justizbehörden auf allen Ebenen nicht Teil des organisierten Verbrechens sind - und die Kausa NSU legt das sehr nahe!!! - dürfen sie auf gar keinen Fall noch mehr Mittel in die Hand bekommen für Machtmissbrauch!

    • @Mainzerin:

      Leider werden sie nur öffentlich abgeschmettert, meist jedoch bekommen sie die erweiterten Rechte ja doch durch, auch wenn sie teils illegal sind oder übers Hintertürchen kommen.

      Hängen bleibt bei der Bevölkerung dann oftmals, dass sie ja willig sind und pauschaliserte Maasnahmen gegen alle Fiesen befürworten. Und gegen wen und für wen sich das ganze dann richtet ist auch klar und wiederum gewollt. So repressioniert man ebend ganz demokratisch und versucht die Flanke nach Rechts zu schliessen. Die Geschichte zeigt allerdings dass dieses handeln ein Trugschluss ist. Letzendlich öffnet das Tür&Tor nach rechts hin.



      Das Problem ist also nicht Machtmissbrauch, sondern die scheinbar legitime-demokratische Haltung dahinter. Solange Populismus geselschaftsfähig ist und die Menschen die Propaganda nicht erkennen, wird sich nichts grundlegend daran ändern. Allerhöchstens, wenn die Zustände zu offensichtlich werden sollten.

  • @PFANNI

    "Vielleicht könnten die KritikerInnen mal selbst einen Vorschlag machen, wie man die Verschlüsselung der Kommunikation islamistischer Gefährder knacken kann [...]"

    Dieser Aussage entnehme ich, dass Sie keine Ahnung haben. Entweder ist die Verschlüsselung "knackbar", dann taugt sie nichts, oder sie ist es nicht (nach dem derzeitigen Stand scheint gute Verschlüsselung nicht direkt "knackbar" zu sein).

    Ob die Nutzer*innen nun Kriminelle, Terroristen oder Dissidenten (lässt sich das objektiv überhaupt unterscheiden?) ist den Algorithmen egal.

    Die Innenbehörden sollen einfach mal ihren Job richtig machen, bevor sie nach neuem Spielzeug schreien.

    Die Innenbehörden Österreichs waren schliesslich vorgewarnt, dass der spätere Attentäter, immerhin schon als Gefährder eingestuft (!) versucht hatte, sich im Ausland mit Munition einzudecken: da könnten die mal nachbessern.

  • „Zum anderen warnen nicht nur Datenschützer, sondern auch Europaabgeordnete vor neuen Kompetenzen für die Terrorfahnder. Vor allem der Zugriff auf verschlüsselte Daten stößt auf Widerstand. „Nur ‚ein bisschen Hintertür‘ gibt es nicht“, warnt der Parlamentarier der Piratenpartei, Patrick Breyer. „Die Sicherheit unser aller Kommunikation muss Vorrang haben““



    Das lässt sich auch kürzer formulieren: „Wasch‘ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass!“.



    Vielleicht könnten die KritikerInnen mal selbst einen Vorschlag machen, wie man die Verschlüsselung der Kommunikation islamistischer Gefährder knacken kann, ohne „die Sicherheit unser aller Kommunikation“ zu gefährden!