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Aktuelle Corona-EntwicklungenSlowakei beginnt Massentest

In der Slowakei startet ein zweitägiger landesweiter Massentest. Österreich und England beschließen einen Teil-Lockdown. Über 14.000 Neuinfektionen in Deutschland.

In Pezinok, Slowakei, lassen sich Menschen in einer Turnhalle auf Corona testen Foto: Michal Svítok/dpa

Massentest in der Slowakei

In der Slowakei läuft ein zweitägiger landesweiter Massentest. Ziel der Regierung ist, so viele Menschen wie möglich ab einem Alter von zehn Jahren zu testen und damit einen harten Lockdown zu vermeiden. Der Test ist kostenlos und wird als freiwillig bezeichnet. Aber wer daran nicht teilnimmt, muss in Quarantäne gehen. Nach Angaben von Verteidigungsminister Jaroslaw Nad ließen sich am Samstag, dem ersten Tag, 2,58 Millionen der 5,5 Millionen Einwohner Abstriche abnehmen. Ein Prozent der Teilnehmer sei positiv getestet worden und müsse nun in Quarantäne. Mehr als 40.000 Mediziner:innen, Soldat:innen, Polizist:innen, Verwaltungsmitarbeiter und Freiwillige sind im Einsatz. Es handelt sich um den ersten derartigen Versuch in einem Land vergleichbarer Größe.

Gesundheitsämter zunehmend überlastet

Die Gesundheitsämter in Deutschland berichten laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung von einer zunehmenden Überlastung. Viele seien überfordert von der großen Zahl von Corona-Infektionen, die sie nachverfolgen müssen, berichtet das Blatt unter Berufung auf eine Umfrage bei den Gesundheitsministerien der Bundesländer. So habe in Baden-Württemberg aktuell ein Drittel aller Gesundheitsämter seine Überlastung angezeigt. Damit werde dem Dienstherrn gemeldet, dass die Arbeitslast nicht mehr in vollem Umfang bewältigt werden könne. Mehr als die Hälfte der Gesundheitsämter im Südwesten habe zudem Hilfe durch die Bundeswehr beantragt.

Keine Neuinfektionen in Australien

Australien meldet erstmals seit fast fünf Monaten keine neuen Positiv-Tests. Das gibt Gesundheitsminister Greg Hunt bekannt. Er bedankte sich auf Twitter beim australischen Volk und insbesondere den Beschäftigten des Gesundheitswesens. Es hatte massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Eindämmung des Virus gegeben. Besonders stark betroffen war der Bundesstaat Victoria, wo weltweit mit die schärfsten und längsten Lockdown-Maßnahmen verhängt worden waren. Diese wurden bereits vergangene Woche größtenteils beendet.

RKI: Über 14.000 positive Corona-Tests am Sonntag

In Deutschland hat das Robert Koch-Institut (RKI) am Sonntag 14.177 Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Insgesamt wurden seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland damit 532.930 Ansteckungsfälle erfasst, wie das RKI am Sonntagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte. Da am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter melden, liegen die Fallzahlen sonntags immer niedriger als unter der Woche.

Die Zahl der mit dem Coronavirus in Zusammenhang stehenden Todesfälle in Deutschland stieg nach Angaben des RKI am Sonntag auf 10.481. Das waren 29 Todesfälle mehr als am Vortag. Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Samstag bei 1,11 (Vortag: 1,06). Das bedeutet, dass zehn Infizierte etwa elf weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Zudem erklärte das RKI ganz Nordrhein-Westfalen zum Corona-Risikogebiet. Wie aus der Webseite des RKI am Sonntagmorgen hervorging, überschritt Soest die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen in einer Woche. Damit ist das Bundesland auf der Landkarte nun komplett rot oder hellrot markiert. Dem Robert Koch-Institut wurden bis Samstagabend 3.637 Neuinfektionen in dem bevölkerungsreichsten Bundesland gemeldet. Die Infektionslage bleibt damit auf einem hohen Niveau. Allerdings ist die Zahl nicht vergleichbar mit den vorigen Tagen, weil am Wochenende weniger Ämter ihre Daten übermitteln.

Derweil hat Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zugesichert, dass die deutschen Grenzen zu den Nachbarstaaten auch bei einer weiteren Verschärfung der Pandemie geöffnet bleiben werden: „Ja, die Grenzen werden offenbleiben“, sagte er vor Beginn des zweiten Lockdowns dem „Tagesspiegel am Sonntag“. „Wir haben im Frühjahr genügend Erfahrungen gemacht, wie wir Kontrollen organisieren, falls sie notwendig werden“, betonte Maas. „Ich bin sicher, dass wir Staus an der Grenze, die Dutzende von Kilometern lang sind, nicht sehen werden.“

Proteste gegen Coronamaßnahmen in Spanien

In Spanien ist es erneut zu gewaltsamen Protesten gegen die Einschränkungen des öffentlichen Lebens wegen der Coronapandemie gekommen. In der Hauptstadt Madrid hatte es am Samstagabend zunächst eine friedliche Demonstration gegen die Einschränkungen gegeben. Als diese aufgelöst wurde, hätten sich kleinere gewalttätige Gruppen Straßenschlachten mit der Polizei geliefert, berichtete das staatliche Fernsehen RTVE. Auf Fernsehbildern waren brennende Müllcontainer und Menschen zu sehen, die Steine schleuderten und Schaufenster einwarfen. 30 Personen seien festgenommen und 3 Polizisten verletzt worden.

Am Donnerstag hatte das Parlament der Verlängerung des Alarmzustandes – der dritthöchsten Notstandsstufe – bis zum 9. Mai zugestimmt. 13 der 17 autonomen Gemeinschaften, die in etwa deutschen Bundesländern entsprechen, riegelten ihr Territorium für bis zu zwei Wochen ab. In Katalonien dürfen die Menschen an den Wochenenden ihre Heimatorte nicht mehr verlassen. In vielen Städten wie etwa in Barcelona gelten nächtliche Ausgangssperren. Gaststätten, Kinos, Theater und Fitnessclubs sind geschlossen, nur Kindergärten und Schulen sind weiter offen.

Auch in Barcelona kam es erneut zu gewaltsamen Protesten. Sie brachen nach einer Demo gegen Zwangsräumungen säumiger Wohnungsmieter aus. Dort sei ein Mensch festgenommen worden. In der Nacht zuvor waren bei Straßenschlachten mit nach Polizeiangaben vor allem rechten Hooligans 20 Polizist*innen und sieben Demonstrant*innen verletzt worden, 15 Menschen seien festgenommen worden. Weitere Proteste in der Nacht zu Sonntag mit vereinzelten Festnahmen und Verletzten wurden unter anderem aus den Städten Logroño, San Sebastián, Vitoria, La Rioja und Málaga gemeldet.

Teil-Lockdown in Österreich und England

Auch in Österreich und England soll im November das öffentliche Leben zur Eindämmung der Coronapandemie wieder massiv heruntergefahren werden. In beiden Ländern tritt im Laufe der kommenden Woche ein Teil-Lockdown ähnlich wie in Deutschland in Kraft. Schulen sollen dabei weitgehend geöffnet bleiben, wie die Regierungschefs am Samstag erklärten. In Österreich gelten die neuen Regeln von Dienstag an, in England ab Donnerstag. Die Beschränkungen sind weitreichend: Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen müssen schließen, ebenso das Hotel- und Gastgewerbe – nur Essen zum Mitnehmen und Lieferungen sind erlaubt.

„Es ist notwendig, diesen Schritt zu setzen, um eine Überlastung der Intensivmedizin zu verhindern“, sagte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. „Unser Ziel ist es, im Dezember schrittweise wieder zu öffnen und zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren.“ Auch in London schlägt die Regierung Alarm: „Das Virus breitet sich derzeit schneller aus, als es unsere wissenschaftlichen Berater in einem Worst-Case-Szenario angenommen haben“, sagte Premierminister Boris Johnson. „Jetzt ist es Zeit zu handeln, denn es gibt keine Alternative.“

Kontakte sollen soweit wie möglich eingeschränkt werden. Österreich setzt dafür auf Ausgangsbeschränkungen, die landesweit zwischen 20 und 6 Uhr gelten sollen. In der Zeit ist das Verlassen der eigenen Wohnung nur noch aus bestimmten Gründen erlaubt – etwa zur Erholung, für Grundbedürfnisse, zur Betreuung oder familiärer Unterstützung, zur Arbeit oder bei Gefahren. Außerdem enthält die Verordnung Kontaktbeschränkungen, laut denen sich nur Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen.

Auch in England sollen die Menschen ihre Wohnungen nicht mehr ohne triftige Gründe wie Arbeit, Sport, Erholung oder die Pflege Angehöriger verlassen. Treffen mit anderen Haushalten sind bis auf wenige Ausnahmen ebenso verboten. Bei der Schließung von Geschäften geht Johnson weiter als sein Amtskollege Kurz: Nur Supermärkte und andere lebensnotwendige Geschäfte sollen in den kommenden Wochen geöffnet bleiben, alle anderen müssen schließen.

UK: Mehr als 1 Million bestätigte Fälle seit Pandemiebeginn

Die anderen Teile Großbritanniens haben eigene Coronaregeln. Wie in Deutschland und Frankreich ist der Teil-Lockdown vorerst auf den November beschränkt – mit der Hoffnung auf Lockerungen in der Weihnachtszeit.

Die Infektionszahlen in Österreich steigen seit Wochen steil und fast täglich auf neue Höchstwerte. Am Samstag zählte das Land mit knapp 9 Millionen Einwohnern 5.349 neue Fälle innerhalb eines Tages. Am Freitag war mit 5.627 Neuinfektionen eine Rekordmarke erreicht worden. In den vergangenen sieben Tagen gab es im Schnitt 301,1 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner.

Großbritannien mit knapp 68 Millionen Einwohnern meldete am Samstag fast 22.000 Neuinfektionen. Damit durchbrach das Land die Schwelle von einer Million bestätigten Coronavirusfällen seit Beginn der Pandemie. In den vergangenen zwei Wochen zählte das Vereinigte Königreich 451 Fälle pro 100.000 Einwohnern.

Mit Material von dpa, AFP und Reuters.

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1 Kommentar

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  • Ab Montag beginnt hierzulande der Lockdown. Erhofft sich die Politik, die Ökonomie den November über "light" herunter zu fahren, damit anschließend das Weihnachtsgeschäft boomen kann?



    Von Fußpflege bis Restaurants ist ab Montag alles dicht. Das macht "Sinn". Dafür waren Restaurants gestern an Halloween restlos ausgebucht und ohne Tischreservierung keine Chance beim Lieblingschinesen.



    Das Coronavirus verbreitet sich übrigens exakt in der von der Bundesregierung festgesetzten Lockdown - Phase.



    Konsequent wäre es hingegen, alles 2 Wochen komplett herunter zu fahren und alle Arbeitnehmer zwei Wochen von der Arbeit frei zu stellen bei vollem Lohnausgleich!



    Stattdessen dürfen Krankenpfleger*innen auch infiziert zur Arbeit kommen, während des Lockdown versteht sich und ohne Prämie.



    Dieser Staat könnte es sich leisten. Und es wärennoch die Rettung der Lufthansa und Rüstungsgeschäfte mit Saudi-Arabien drin.



    Denn Geld genug ist da!