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Geplante SUV-Steuer in FrankreichDicke Daimler unverkäuflich

Frankreich will eine Steuer auf SUVs einführen. Das soll die eigene Industrie schonen – deutsche Modelle werden teilweise deutlich teurer.

Oh Lord, won't you buy me a GAC Motors GS5 SUV aus China? Zu leicht für die neue Steuer Foto: Chen Yichen/imago

Wenn nicht noch in diesem Jahr, dann aber spätestens 2021 will die französische Regierung eine Sondersteuer für Geländewagen im Stadtverkehr einführen. „Sport Utility Vehicles“, oder kurz SUV, heißt diese Schwergewichtskategorie der Autoliebhaber. Die Idee der Regierung ist es, SUV ab 1,8 Tonnen für jedes Kilo Übergewicht mit 10 Euro zu belasten, offenbar einmalig. Noch muss das in der Gesetzesvorlage bestätigt werden. Käufer*innen eines Mercedes GLS müssten dann rund 6.400 Euro zusätzlich berappen.

Heute stellen die SUV in Frankreich bereits mehr als 38 Prozent aller Verkäufe von Neuwagen dar. Laut des französischen Umweltministeriums hat seit 2010 das durchschnittliche Gewicht von Autos mit Benzinmotor um 14 Prozent und das der Diesel-Pkw um 7 Prozent zugenommen. Ihr durchschnittlicher Ausstoß an Schadstoffen sei gar um 20 Prozent höher als derjenige der leichteren Pkw, besagt eine Studie des WWF.

Die Tendenz zu immer größeren und schwergewichtigen Autos möchte Umweltministerin Barbara Pompili umkehren. Sie will damit beweisen, dass Macrons Regierung ihr Ansage, die Klimaziele einzuhalten, nicht ganz vergessen hat. Außerdem versucht sie, das Versprechen des Präsidenten einzuhalten, der dem „Bürgerrat für das Klima“ (Convention citoyenne) versichert hat, er werde dessen Vorschläge umsetzen. Dieses aufgrund der basisdemokratischen Forderungen der „Gelbwesten“ geschaffene Gremium hatte eine Strafsteuer für SUV ab 1,4 Tonnen Gewicht gefordert.

Das war der Regierung vielleicht doch zu radikal, sie hat die Schwelle auf 1,8 Tonnen erhöht und, zum Leidwesen von Umweltorganisationen wie des WWF, bereits diverse Ausnahmen erlaubt: Hybrid- und Elektroautos sollen nicht belastet werden. Auch SUV von kinderreichen Familien sollen verschont bleiben. Die heraufgesetzte Gewichtsklasse hat einen nicht unwichtigen Nebeneffekt mit politischer Schlagseite: Die französischen SUV wie die Peugeot-Modelle 2008 und Captur 3008 und Kadjar von ­Renault sind alle nicht betroffen, im Unterschied zu einigen ausländischen Modellen von Landrover und einigen dicken deutschen SUV von Audi, BMW und Mercedes-Benz.

Das bisherige Bonus-Malus-System zur Förderung von Fahrzeugen mit weniger Schadstoffausstoß soll mit dem Gewichtskriterium ergänzt und so völlig umgekrempelt werden. Bisher hatten vor allem die Kaufanreize für Elektroautos funktioniert, jetzt soll die finanzielle Abschreckung hinzukommen. Die Tage der SUV auf den Boulevards von Paris scheinen gezählt zu sein: „Dem Klima und unserer Sicherheit zuliebe haben diese SUV in unserer Stadt nichts zu suchen“, erklärte David Belliard, der in der Hauptstadt für Verkehrsfragen zuständig ist.

Im Parlament möchte die Abgeordnete Delphine Batho ein Werbeverbot für SUV durchsetzen, analog zum Reklameverbot für Alkohol. Noch ist allerdings nichts beschlossen, und die SUV rollen weiter auf der kommerziellen Überholspur.

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5 Kommentare

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  • Offenbar gibt es noch Länder in Europa in denen der Verstand obsiegt !

    Oder wie man dort zu sagen pflegt: Chapeau !

  • Na, ist doch klasse! Ein halbgarer Ansatz (Steuer nach Gewicht) wird noch weiter weichgespült (zu besteuernde Gewichtsgrenzen hochsetzen und weitere Ausnahmen zufügen). Das kennen wir doch auch aus Deutschland. Wobei es hierzulande nicht mal solchen weichgespülten Halbgar-Ansatz gibt, wenn ich mich nicht irre. Verkehrswende, mh, was heißt das nochmal? Von großen Autos zu doch-nicht-viel-kleineren Autos umsteigen? Ne, wie war das noch ... Vom Auto weg, oder? ;-)

    • @Uranus:

      "Vom Auto weg" dauert 30 Jahre. Die haben wir aber nur, wenn die Gnadenfrist, die das Klima der Menschheit noch gibt, verlängert wird.

      Der Klimawandel wartet nicht, bis die bürgerliche Demokratie ihren pluralistisch-liberalen Diskurs ausdiskutiert hat.



      Es ist wie mit Merkels Corona-Politik: 3 Wochen gelabert und anschließend etwas beschlossen, das das Problem nicht mehr lösen kann, aber dafür eine Menge weitere Probleme obendrauf legt.

      Die "Steuer nach Gewicht" ist übrigens völlig vernünftig. Den Strom für Elektromobilität liefern in Frankreich in den seltensten Fällen erneuerbare Energieträger! Und das Problem geht man am besten ohne komplizierte Berechnungen, die nur wieder zu Betrug seitens der Hersteller führen, ganz schlicht über das Gewicht an - denn die Auslastung der Fahrzeuge mit Personen und Fracht ist in der Regel unabhängig vom Gewicht. Ein SUV verbraucht ein Vielfaches der Antriebsenergie für das Paradieren von Totmasse im Vergleich zu einem Kleinwagen. Der höhere Verbrauch liefert in der Praxis nicht mehr Leistung, sondern wird verschwendet: auf 200 km/h Spitze kommt man auch mit einem Golf, und der braucht dafür 3,5 Liter auf 100 km.



      Auch: ein weiterer Aspekt ist das Risiko für Radfahrer*innen etc bei Unfällen. Und da spielt auch das Gewicht die größte Rolle, und da sind wir auch schon sehr viel näher an der "Verkehrswende".

      • @Ajuga:

        Eben - der Klimawandel wartet nicht. Unzureichende Maßnahmen bleiben immer noch unzureichend. Wenn anhand Maßnahmen wie bspw. Besteuerung von Gewicht in der Summe immer noch das Klimaziel verfehlt wird, weil Produktion und Nutzung von Autos immer noch auf einem hohen Niveau ist und damit Massen an CO2-äquivalenten Emissionen bedeuten, nützt dies relativ wenig. Deswegen sehe ich eine Verringerung des Gewichts als Greenwashing. Was es braucht, ist mE eine Abkehr vom Autoverkehr und dafür gibt es bereits Lösungen. ÖPNV-Ausbau, fahrscheinloser ÖPNV-Zugang, fahrradfreundliche Umgestaltung von Straßen durch autofreie Stadt, Tempo 30 für Zulieferer*innen, Handwerker*innen etc.

  • einfach nach Spritverbrauch (mit leerem Akku) versteuern...