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Israel und die EmirateVisafreiheit und eine neue Pipeline

Jerusalem und Abu Dhabi treiben ihre Annäherung voran. Neue Deals über Checkpoints und Öl verärgern die Palästinenser, aber auch Ägypten.

Treffen am Flughafen von Tel Aviv mit den USA, Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten Foto: reuters

Kairo taz | Die neue Kooperation von Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten trägt erste Früchte. Beim Besuch einer emiratischen Delegation in Israel, begleitet von US-Regierungsbeamten, wurden jetzt Schritte beschlossen, um den Mitte September besiegelten Normalisierungsdeal zu konkretisieren. Dabei wurden Abkommen unterzeichnet, unter anderem in den Bereichen Investitionen, Wissenschaftskooperation und Flugverkehr. Letzteres bereitet den Weg für direkte Flüge zwischen Israel und den Emiraten.

Umstritten ist ein weiteres am Dienstag unterzeichnetes Abkommen über Reisefreiheit und visafreies Reisen. Anders als die Ägypter und Jordanier, die schon seit Jahrzehnten aufgrund eines Friedensvertrages nach Israel reisen können, dafür aber ein Visum benötigen, können Emiratis nun frei nach Israel einreisen.

Die Regelung verärgert vor allem die Palästinenser. Während sich Emiratis nun ohne Visum frei in Israel bewegen und Jerusalem besuchen können, sind palästinensische Einwohner des Westjordanlands zu einem oft unüberwindbaren Genehmigungsprozess gezwungen, um Zugang nach Jerusalem sowie zur Al-Aksa-Moschee in der Jerusalemer Altstadt zu bekommen.

„Ich brauche eine Genehmigung des israelischen Militärs, um Jerusalem zu besuchen“, twitterte etwa Salem Barahmeh vom Palästinensischen Institut für Öffentliche Diplomatie und fügte lakonisch hinzu: „für die Stadt, in der ich geboren bin“.

„Stempel der Zustimmung“

Noch kontroverser ist, dass die Emirate nun de facto bei der Modernisierung der israelischen Besatzung des Westjordanlands helfen sollen. Das soll über den sogenannten Abraham-Fonds geschehen, einen Investmentfonds, der von den Emiraten, Israel und der US-Regierung mit 3 Milliarden US-Dollar bestückt werden soll.

Dabei gehe es um eine „Modernisierung der israelischen Straßensperren“, erklärte Adam Boehler, Chef der US-Regierungsagentur International Development Finance Corporation gegenüber der New York Times. Für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sei dies die wichtigste Aufgabe des neuen Fonds, wie dieser ihm kürzlich erklärt habe. Es gehe darum, die Straßensperren mit biometrischen Scannern und anderen Überwachungstechnologien auszurüsten.

Ob die 2,7 Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung im Westjordanland dies aufgrund schnellerer Abfertigung ebenfalls als Vereinfachung ihres Lebens ansehen, wie diese Maßnahmen vermarktet werden, sei dahingestellt. Ahmad Madschdalani, Minister für Soziale Entwicklung der Palästinensischen Autonomiebehörde, bezeichnete die Zusammenarbeit als einen „Stempel der Zustimmung für die weitere israelische Besatzung“.

Neue Pipeline: Ägypten wäre der Verlierer

Ein weiteres Projekt, das mit dem Abraham-Fonds verwirklicht werden soll, stößt vor allem den Ägyptern auf. Dabei geht es um die sogenannte Med-Red-Pipeline, eine alte ungenutzte Ölleitung, die vom israelischen Eilat am Roten Meer nach Aschkelon ans Mittelmeer führt. Sie soll nun wiederbelebt und bis in die Emirate fortgesetzt werden.

Ein entsprechendes Abkommen wurde zwischen dem israelischen Staatsunternehmen Europe Asia Pipeline Co (EAPC) und der emiratischen Firma Med-Red Land Bridge unterzeichnet. Während die genauen finanziellen Arrangements nicht veröffentlicht sind, wird davon ausgegangen, dass die ursprüngliche Pipeline bereits Anfang 2021 funktionsfähig sein könnte.

Die Pipeline soll laut Bloomberg eine Kapazität von 600.000 Barrel Öl am Tag haben. Das würde Öltankern die Möglichkeit geben, die Gebühren für den Suezkanal zu sparen, indem sie ihre Fracht in Eilat löschen, damit sie dann von einem anderen Tanker in Aschkelon wieder aufgenommen werden kann. Transportpreise könnten damit verringert und die Transportzeit verkürzt werden, erklärte Boehler gegenüber der New York Times – ohne zu erwähnen, dass Ägypten dabei der große Verlierer wäre.

Die Suezkanalgebühren zählen zu den wichtigsten Einnahmequellen für Ägypten. Fast 66 Prozent des vom Golf in Richtung Westen transportierten Öls geht bisher durch den Suezkanal oder durch die Sumed-Pipeline, die das Rote Meer mit dem ägyptischen Mittelmeerhafen Alexandria verbindet.

„Diese neuen regionalen Arrangements würden die nationale Sicherheit Ägyptens gefährden“, hatte der Chef der ägyptischen Suezkanal-Behörde Osama Rabei bereits vor einem Monat gewarnt. Dass das Projekt nun tatsächlich offen zwischen Israel, den Emiraten und den USA diskutiert wird und bereits ein erstes Abkommen dafür unterzeichnet wurde, zeugt auch vom schwindenden Einfluss der Regionalmacht Ägypten.

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