Maaßen im Amri-Untersuchungsausschuss: Praktische Erinnerungslücken
Hans-Georg Maaßen gibt sich selbstgerecht beim Thema Breitscheidplatz-Attentat. Seine Behörde habe „letztlich eine gute Arbeit geleistet“.
Maaßen begann seine Aussage mit der Verlesung einer länglichen Stellungnahme. Ausführlich legte er die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus dar, der während seiner Amtszeit die „größte Herausforderung für die innere Sicherheit“ gewesen sei. Wenn das BfV zu seiner Zeit schon auf dem rechten Auge blind war, wollte der Rechtspopulist mit CDU-Parteibuch wenigstens keinen Zweifel daran lassen, zumindest diese Gefahr erkannt zu haben.
Eine nachvollziehbare Erklärung, warum der Tunesier Anis Amri zwar frühzeitig als islamistischer Gefährder auf dem Radar der deutschen Sicherheitsbehörden aufgetaucht war, aber auch vom BfV, bis es zu spät war, nur als mindergefährlich eingeschätzt wurde, konnte Maaßen jedoch nicht liefern. „Ich glaube, dass man damals zu keiner anderen Entscheidung kommen konnte“, sagte er bloß.
Maaßen selbst will mit Amri vor dessen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016, bei dem zwölf Menschen das Leben verloren, allerdings ohnehin nur ganz rudimentär befasst gewesen sein. Das BfV hätte sich damals mit rund 1.600 islamistischen Gefährdern beschäftigen müssen, da habe es „ganz andere Fälle“ gegeben. „Wir waren unheimlich stark belastet in dieser Zeit.“
Maaßens beliebte Antwort: „Kann mich nicht erinnern“
Außerdem habe es sich um „keinen originären BfV-Fall“ gehandelt. Die Zuständigkeit habe vielmehr bei der Polizei gelegen. Deswegen sei die Rolle des Verfassungsschutzes „entgegen anders lautender Behauptungen sehr begrenzt gewesen“.
„Ich glaube, aus der heutigen Perspektive hätte man einiges anders machen können“, räumte Maaßen immerhin ein. Um dann jedoch hinzuzufügen: Das BfV, dem er von 2012 bis 2018 vorgestanden hatte, habe „unter den damaligen Bedingungen letztlich eine gute Arbeit geleistet“.
Wenn Abgeordnete nach Details fragten, lautete eine beliebte Antwort von ihm: „Da kann ich mich nicht erinnern.“ Als unbefriedigend bewertete denn auch Linken-Abgeordnete Martina Renner die Einlassungen Maaßens. Insbesondere wenn es darum gegangen sei, welche Informanten des Verfassungsschutzes sich in der Umgebung Amris bewegt hätten, seien weiter viele Fragen offen. „Ich glaube, an der Stelle sagt er uns weiterhin nicht die Wahrheit“, sagte Renner der taz.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Tarifverhandlungen bei Volkswagen
VW macht weiterhin Gewinn
Lage in der Ukraine
Der Zermürbungskrieg