: Mit einem hellen Lachen
Sie hat die taz mitbegründet und ist Vorsitzende des Kuratoriums der taz Panterstiftung: Ute Scheub wird nächste Woche Mittwoch stolze 65 Jahre. Eine Huldigung der Feministin und Ökologiekämpferin
Von Michael Sontheimer
Ute Scheub studierte in den siebziger Jahren am Otto-Suhr-Institut in Berlin-Dahlem Politologie. Es ließ sich leicht feststellen, ob sie im Hause war oder nicht. Wenn Ute in der Cafeteria saß, in der vierten Etage, hörte man ihr Lachen bis unten auf der Straße. Ein klingelndes, manchmal gurgelndes Lachen. Schön hell. Ein unverwechselbares und ansteckendes Lachen, fröhlich und optimistisch.
Diese junge Frau, mit rotblonden, langen Haaren und Sommersprossen, war aus Tübingen nach Westberlin gekommen und studierte, was viele Linke damals studierten, Politologie, Germanistik und Publizistik.
Anfang 1978 schlossen wir uns der Westberliner Initiative zur Gründung einer linken, radikalen Tageszeitung an. In einer Arbeitsgruppe „Alltag“ debattierten wir über das Konzept einer ganz neuen Zeitung, wobei wir uns darüber einig waren, dass einer ihrer wichtigsten thematischen Schwerpunkte, wenn nicht der allerwichtigste, Ökologie sein sollte.
Ute verliebte sich förmlich in die in den siebziger Jahren entstandene Ökologiebewegung; Ihr Herz schlug für die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg; ihr Feind war die Atomindustrie. Gleichzeitig war sie eine Linke und eine entschiedene Moralistin. Eine unverbesserliche Idealistin sowieso.
Was sich während der Gründung der taz schnell zeigte: Ute konnte in die Tasten hauen. Aber wie! Mit Zigarette im Mundwinkel saß sie vor einer mechanischen Schreibmaschine und hämmerte los. Wenn sie kurz nachdenken musste, drehte sie sich Kringel in ihre blonden Haare – dann hämmerte sie weiter.
Dass sie als Journalistin objektiv oder neutral sein sollte, hielt sie für eine feige und ziemlich verlogene Idee. Sie wollte parteilich sein, sie wollte den zukunftsweisenden Ideen zum Durchbruch verhelfen. Ute wurde eine Propagandajournalistin des Utopischen.
Die Liebe lockte sie in den achtziger Jahren nach Hannover und Hamburg, wo sie bei den dortigen taz-Redaktionen journalistische Spuren hinterließ. Unmittelbar nach dem Fall der Mauer ging sie nach Berlin zurück. Diesen Epochenbruch wollte sie sich nicht entgehen lassen. Hier lernte sie den Mann kennen, der ihr Lebensgefährte wurde, einen „Linksanwalt“, wie er im Buche steht.
Insgesamt 21 Bücher hat Ute Scheub veröffentlicht, darunter drei Romane. Aus diesem Oeuvre ragen zwei Bücher heraus: ein autobiografischer Bericht über ihren Vater, einen überzeugten Nazi, der sich 1969 öffentlich auf dem Evangelischen Kirchentag vergiftete. Und ihre 2010 veröffentlichte Promotion über toxische Männlichkeit. Im Gegensatz zu den allermeisten von uns, die damals von der Uni zur taz desertierten, erwarb Ute später noch akademische Ehren und wurde Dr. rer. pol.
Die traditionellen politologischen Fragen konnten Ute auf Dauer nicht fesseln. Im Grunde ging es ihr immer vor allem anderen um die Ökologie, um die Rettung der Welt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es ging ihr um das, was sich tun lässt. Die richtigen Projekte im falschen System. Sie schrieb Bücher über „Terra Preta“ und die „Humus-Revolution“.
Wie nahezu alle intelligenten Frauen ihrer Generation war und ist Ute Feministin, begründete den Frauensicherheitsrat, arbeitete mit Frauen in Afghanistan und für „Peace Women around the Globe“.
Von 1978 bis 1997 war Ute Scheub Redakteurin bei der taz, dann freie Journalistin. Irgendwann quälten sie auch Zweifel daran, ob sie irgendetwas erreicht habe mit ihrem Schreiben für eine bessere ökologische Welt. Natürlich hat sie das.
Keine soziale Bewegung hat in der Geschichte der Bundesrepublik einen stärkeren Einfluss entwickelt als die Ökologiebewegung. Als aktive Vorsitzende des Kuratoriums der taz Panterstiftung hat sie immer wieder Workshops organisiert, zuletzt über konstruktiven Journalismus. Unlängst sagte sie, sie hätte Pläne, zwei Bücher zu schreiben, „das kann ich ja“. Und nicht nur das. Und nicht nur das. Am 7. Oktober feiert sie 65. Gebutstag. Glückwunsch, herzlichsten!
Michael Sontheimer, taz-Mitgründer, später auch mal Chefredakteur dieser Zeitung, arbeitete lange beim „Spiegel“; er ist Mitglied im Kuratorium der taz Panterstiftung.
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