heute in hamburg: „Fairer Handel ist nur ein Baustein“
„Faire Woche Hamburg“: bis 25. 9, teilweise online. Programm und Infos: https://www.fairtradestadt-hamburg.de/faire-woche-2020/
Interview Alexander Diehl
taz: Frau Priessner, Fair-Trade-Produkte kriege ich heute beim Discounter – zumindest ein paar. Hat sich der faire Handel durchgesetzt?
Christine Priessner: Wir haben in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigenden Umsatz. Das bedeutet, dass die Produkte weiter verbreitet sind und vielleicht – hoffentlich – größeres Bewusstsein vorhanden ist. Aber wir haben schon noch einen Weg vor uns. Fairer Handel ist nur ein Baustein, ein Lieferkettengesetz zum Beispiel würde auch viel verbessern.
Lässt sich das beziffern?
Im Jahr 2019 hatten wir beim Konsum ein Plus von neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Man muss ja unterscheiden zwischen Produkten von Fairhandels-Importorganisationen, die ausschließlich fair gehandelte Produkte anbieten und auch produzieren lassen, und solchen mit „Fair Trade“-Siegel. Bei den Letztgenannten gab es aber auch einen Zuwachs: um 9,7 Prozent. Spitzenreiter ist nach wie vor Kaffee. Der macht an den hierzulande fair gehandelten Produkten 32,5 Prozent aus – auch ein Plus von immerhin elf Prozent. Vom Röstkaffeeumsatz in Deutschland insgesamt entfallen auf den fairen Handel 6,7 Prozent.
Coronabedingt setzt die heute beginnende „Faire Woche“ auch auf Online-Angebote. Wie wichtig ist fairer Handel eigentlich im Bereich IT- und Kommunikationstechnik?
Das ist ein Thema von wachsender Bedeutung. Es gibt bisher keine im eigentlichen Sinn fair gehandelten IT-Produkte. Denn da ist die Produktionskette so vielfältig, viel komplexer als etwa bei Kaffee. Daher ist das noch niemandem gelungen – mit Ausnahme der „Nager“-Maus ...
... die in Bayern hergestellt wird, in einer Integrationswerkstatt und aus erklärtermaßen nachwachsenden Rohstoffen.
Christine Proessner
45, Bankkauffrau und Sozialökonomin, ist Koordinatorin der Initiative „Fair Trade Stadt Hamburg“.
Dazu ist zu sagen, dass auch bei dieser Maus nur Teile der Lieferkette wirklich transparent und nachvollziehbar sind, sodass man etwa sagen kann: Da sind sozialverträgliche Produktionsbedingungen sichergestellt. Aber das ist ein erster, wichtiger Schritt.
Genau genommen geht die „Faire Woche“ zwei Wochen lang. Was im Programm empfehlen Sie ganz persönlich?
Neben dem Aktionstag am 19. September in der Zentralbibliothek ist mein persönliches Highlight der Onlinevortrag von Tansy Hoskins am 23. September. Da geht es um die Arbeitsbedingungen in der internationalen Schuhherstellung – da herrschen ähnlich dramatische Zustände wie in der „Fast Fashion“-Industrie, die immer noch zu wenig thematisiert werden.
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