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Bilder von Riffen im FehmarnbeltTunnelbauer kriegen Problem

Unterwasserbilder und ein Gutachten der Uni Kiel bestätigen, dass sich geschützte Riffe auf der Trasse des geplanten Fehmarnbelttunnels befinden.

Könnte zum Problem für den Tunnel werden: Riff im Fehmarnbelt auf einem Foto des Nabu Foto: Submaris/NABU/dpa

Neumünster taz | Fische schweben zwischen bunten Pflanzen, die auf Steinformationen wachsen – die Bilder, die ein Tauchteam im Auftrag des NDR im Juni in der Ostsee aufnahm, haben eine alte Debatte neu befeuert: Es geht um Riffe im Fehmarnbelt, wo die dänische Firma Femern A/S den knapp 18 Kilometer langen Tunnel zwischen den Inseln Lolland und Fehmarn bauen will. Der Nabu hat bereits vor Jahren den Verdacht geäußert, dass sich da unten geschützte Riffe befinden, und Tauchteams geschickt. Und jetzt hat sich dieser Verdacht bestätigt.

Die Aufnahmen der Riffe kommen für die Befürworter*innen des Projekts zur Unzeit, denn im September wird das Bundesverwaltungsgericht über mehrere Klagen gegen den Tunnel verhandeln. Inzwischen liegt ein Gutachten der Kieler Uni vor, das drei getrennte Gesteinsformationen zeigt, das berichtet der NDR.

Einzusehen ist das Gutachten offiziell noch nicht. Die Frage jedenfalls, ob sich Riffe – die als Biotope gesetzlich geschützt sind – auf der Trasse des geplanten Tunnels befinden, werde „von allen Seiten als prozessrelevant eingestuft“, heißt es in Kiel. Vom Prozess betroffen sind neben den Kläger*innen von der Umweltschutzseite und der beklagten dänischen Firma als Bauträger auch die Behörden, die die vorgelegten Pläne genehmigt haben.

Nabu-Expertin Anne Böhnke-Henrichs entdeckte den ersten Hinweis auf die geschützten Steinformationen, als sie im Jahr 2015 die Planungsunterlagen für den Tunnel auswertete. Es war, sagt sie heute, die Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“ in den Bergen von Akten. Aber sie fand etwas: „Im Fächerlot waren dunkle Flecken zu sehen.“

Mit dem Fächerlot wird ein Schattenbild des Meeresbodens erstellt: Die Art und Weise, wie ein Signal reflektiert wird, lässt darauf schließen, ob unten Stein oder Sand, Erhebungen oder Täler liegen. Der dunkle Fleck in den ersten Karten lässt auf „Grobsediment“ schließen – das kann alles Mögliche bedeuten, darunter auch Riffe. Wer so etwas findet, wäre also gut beraten, genauer nachzuschauen, um nicht in Konflikt mit den Naturschutzrichtlinien zu geraten. Doch, hoppla, die Karte, die später in der Umweltverträglichkeitsstudie landete, weist für den gesamten Bereich „Feinsubstrat mit Schlick und Schluff“ aus.

Wären die Prüfstellen 2015 dem Verdacht des Nabu nachgegangen, sähen die Pläne für den Tunnel heute wohl anders aus

„Man kann spekulieren, wie so was passiert“, sagt Böhnke-Henrichs. Zudem fehlt in den Studien, die Femern A/S bei den Behörden eingereicht hat, ausgerechnet der Bereich der Trasse selbst. Die Nabu-Expertin sieht hier ein generelles Problem: „Die Firma beauftragt das Gutachten, hat also den größten Einfluss darauf.“

Auf die Frage, ob sich das Kieler Wirtschafts- und Verkehrsministerium und sein Planfeststellungsamt von Femern A/S getäuscht sehen, antwortet Staatssekretär Thilo Rohlfs (FDP) vorsichtig: Ob sich „die potenziell gefundenen Riffe innerhalb der Tunneltrasse befinden und damit in direktem Widerspruch zu den Untersuchungen stehen“, sei noch nicht abschließend verifiziert. Das Amt stehe „in ständiger Kommunikation mit den Vorhabenträgern, um den vermeintlichen Widerspruch aufzuklären“. Die Pressestelle des Umweltministeriums schweigt mit Hinweis auf den anstehenden Prozess.

Aber Minister Jan Philipp Albrecht (Grüne) forderte bereits, Femern A/S solle die Riffe in die Planungen einpflegen, und Marlies Fritzen, Umweltexpertin der Grünen-Landtagsfraktion, verweist darauf, dass sie den „ökologisch wie ökonomisch unsinnigen“ Tunnel schon immer abgelehnt hatte. Doch auch die Grünen hatten sich auf die vorgelegten Gutachten verlassen: 2015 verneinte sie in einer Landtagsrede, dass der Bau Riffe beeinträchtigt würde.

Die heutigen Erkenntnisse, darunter das neue Gutachten der Kieler Uni, das vom Landesamt für Umweltschutz, einer Unterbehörde des Umweltministeriums, in Auftrag gegeben wurde, sprechen eine andere Sprache. Allerdings sind inzwischen fünf Jahre verstrichen, in denen die Pläne vorangetrieben und Fakten geschaffen wurden.

In Dänemark entsteht ein „Arbeitshafen“ für den Tunnelbau. Ob die Naturschutz-Bedenken das Zehn-Milliarden-Euro-Projekt jetzt noch stoppen können? Änderungen seien „nicht zwangsläufig“, wenn die Riffe nur dicht an der Trasse lägen, so Staatssekretär Rohlfs. Biotope, die direkt im Tunnelbereich liegen, „könnten zu Neubewertungen führen“. Marlies Fritzen geht von zusätzlichen Auflagen aus. Zumindest verzögere der Rechtsweg den Bau, sagt Nabu-Expertin Böhnke-Henrichs: Auf der deutschen Seite darf nichts außer bauvorbereitenden Maßnahmen stattfinden.“

Doch wären die Prüfstellen bereits 2015 dem Verdacht des Nabu nachgegangen, sähen die Pläne heute vermutlich anders aus. Tatsächlich gab es wohl leichtes Unbehagen im Umweltministerium gegenüber Femern A/S. So ist im Planfeststellungsbeschluss von 2019 eine Kritik an Messverfahren „zur Quantifizierung der Sedimentablagerungen“ dokumentiert, die das Landesamt für Umweltschutz bereits 2015 als „nicht geeignet“ einstufte und die Firma aufforderte, „zweifelsfrei“ zu messen. Auf taz-Anfrage teilte das Ministerium nur mit, dass damals „keine eigenen Kenntnisse zu Riffen vorlagen“ – schließlich liegt das eigene Gutachten erst jetzt vor. „Unterwasserkartierungen sind sehr aufwändig“, erklärt der Wirtschaftsstaatssekretär Thilo Rohlfs.

Allerdings ist die Ostsee nicht der Marianengraben: Sowohl dem Nabu als auch dem NDR ist es gelungen, Tauchteams in den entsprechenden Bereich zu schicken. Fündig wurden sie 300 Meter vom Ufer entfernt in sechs Metern Tiefe, mitten in der geplanten Trasse.

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2 Kommentare

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  • "Niemand" sollte das heißen.

  • Und wieder geht es um die Umverteilung von Steuermilliarden des Volkes mittels unsinniger Großprojekte an Firmeneigner.

    Arte hat dazu eine Geschichte dokumentiert, in der Italiener und Franzosen gemeinsam gegen ein Städteverbindungsprojekt demonstrierten, dass in der Bevölkerung niemend für nötig hielt, aber Milliarden Euro fressen sollte.

    Hier läuft gewaltig etwas schief. Dieser Größenwahnsinn auf Kosten der Menschen und der Natur muss doch verhindert werden können!