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Berlin will FlüchtlingeSenat soll Seehofer verklagen

Was tun, wenn der Bundesinnenminister die Aufnahme von Flüchtlingen torpediert? Klagen, sagt Seebrücke. Reden, sagt der Innensenator.

Seebrücke-Demo in Hamburg im Mai 2020 Foto: dpa

Berlin taz | Das Aktionsbündnis „Seebrücke Berlin“ ruft für diesen Dienstagvormittag zu einer Demonstration vor dem Roten Rathaus (ab 9 Uhr). Damit soll dem Senat, der zu dieser Zeit dort tagt, Druck gemacht werden, gegen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zu klagen. Dieser hatte vor einigen Wochen dem Landesaufnahmeprogramm, das 300 Flüchtlinge von den griechischen Inseln holen will, seine Zustimmung verweigert. Auch einen entsprechenden Antrag aus Thüringen lehnte er am Montag ab.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte Seehofers Verbot der humanitären Hilfe als „politischen Skandal“ bezeichnet, der den Senat „sehr wütend“ mache. Im Demoaufruf bei Facebook heißt es: „Ruht euch nicht auf Seehofers Ablehnung aus und erhebt Klage!“

Tatsächlich erwäge Berlin wie Thüringen eine gemeinsame Klage mehrerer Bundesländer gegen den Bund, erklärte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montagnachmittag. „Wir können ein Nein von Horst Seehofer zu unserer Bereitschaft, Menschen in Not zu helfen, nicht einfach schulterzuckend akzeptieren. Zumal von ihm keine weiteren Perspektiven damit verbunden werden“, gab er per Pressemitteilung bekannt. Eine rechtliche Klärung der Frage, ob der Bund die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen durch einzelne Länder verhindern kann, würde jedoch mehrere Jahre dauern, so Geisel.

Da es aber schnell zu handeln gelte, solle sich der Bund „mit den aufnahmebereiten Ländern und Kommunen an einen Tisch setzen und klären, wie man schnell und unbürokratisch den Menschen hilft“. Er unterstütze daher den Vorschlag aus Nordrhein-Westfalen für eine kurzfristig einzuberufende Bund-Länder-Konferenz zum Thema. Neben Berlin und Thüringen haben sich NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachsen bereit erklärt, Flüchtlinge aus den Lagern auf den griechischen Inseln aufzunehmen.

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4 Kommentare

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  • „.. Michael Müller (SPD) hatte Seehofers Verbot humanitärer Hilfe als „politischen Skandal“ bezeichnet, der den Senat „sehr wütend“ mache“

    Klingt hübsch empört bleibt aber substanzlos, solange Berlin u. a. Bundesländer nicht zum Problem Kern vorrücken, der für alle Regionen, Landesteile gegenüber Zentralregierungen in aller Welt, s. Hongkong gegenüber Peking, Lesbos gegenüber Athen, Lampedusa, Sizilien gegenüber Rom, Katalonien gegenüber Madrid, in EU Ländern relevant ist, wieweit Landesteile, in Deutschland Bundesländer, gemäß Verfassung, Grundgesetz, wenn nicht, durch Grundgesetzänderung, in den Stand direkten Klagerechts bei nationalen, internationalen Gerichtshöfen gegenüber Bund versetzt sind, beim Anfangsverdacht von Verstoß gegen Europäische Menschenrechts Charta, Genfer Flüchtlingskonvention, Bundesregierung auf den Pfad der Tugend, zur Ordnung zu rufen, wenn menschenrechtlich Eile geboten ist, sich, vom Recht gedeckt selber zu ermächtigen, Geflüchtete, ungeachtet Schuldenbremse für Länder, Kommunen, finanziell in Vorleistung tretend, aus ihren menschenverachtend krankmachenden Warteschleifen in Griechenland, Italien, Libyen, Marokko am Bund vorbei im Eilverfahren nach Berlin, in andere Bundesländer zu holen. Dieser Anfangsverdacht besteht Insbesondere verstärkt nachdem Deutschland im Spätsommer 2015, anders als andere EU Länder, Nato Partner, durch Bundestag Beschluss Interventionspartei im Syrienkrieg wurde, ohne Dublin Abkommen für die Zeit deutscher Syrienkrieg Beteiligung auszusetzen, damit mutmaßlich direkt, indirekt daran beteiligt ist, Ströme Geflüchteter aus Syrien auszulösen. Inzwischen ist Deutschland nach deutsch-französisch Aachener Vertrag Januar 2019 zur Bestärkung Elysee Vertrage 1963 mit Militärkomponente nicht nur an französischer Intervention (Stabilisierungsmission) in Mali, Niger, sondern an Finanzierung von Grenzregimen in Sahelzone beteiligt, angestammte Arbeitsmigrations Wege innerhalb Afrikas im EU Interesse zu steuern.

  • "Eine rechtliche Klärung der Frage, ob der Bund die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen durch einzelne Länder verhindern kann, würde jedoch mehrere Jahre dauern"? Würde sie nicht. Die Frage ist glasklar im Grundgesetz geregelt. Der Bund hat in Zuwanderungsfragen nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 GG die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit und nach Art. 87 Abs. 3 GG die Verwaltungszuständigkeit (hier: BAMF). Ob das dem Berliner Senat passt oder nicht.

  • Na auf solche Klagen des Landes Berlin freut man sich ganz besonders. Wann hat Berlin dort eigentlch mal obsiegt?

    • @DiMa:

      Bayerische Bundesminister lagen bislang noch immer falsch mit ihren Rechtsauffasssungen, egal ob die Rechtsbrecher im Innenministerium oder im Verkehrsministerium sitzen.