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Ein Recht für alle

Unterschrieben haben sie schon viele – aber was sind Petitionen eigentlich genau?

Was sie sind

Eine Petition ist eine Bitte oder ein Gesuch, abgeleitet vom lateinischen petitio. Alle Bürger*innen können – unabhängig von der Anzahl an Unter­stüt­ze­r*in­nen oder gesammelten Unterschriften – Forderungen und Ziele an Poli­ti­ke­r*innen, Parlamente oder Behörden adressieren und so auf Entscheidungen hinwirken. Der Grundsatz ist im deutschen Grundgesetz festgelegt: Ohne das Wort „Petition“ zu verwenden, wird in Artikel 17 das Recht garantiert, „sich einzeln oder in Gemeinschaft […] mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden“. Es handelt sich um ein demokratisches Grundrecht und ein Jedermann-Grundrecht: Das heißt, alle können davon Gebrauch machen, auch nichtdeutsche Staatsbürger*innen.

Wie sie funktionieren

Wurde eine Petition formgerecht eingereicht, müssen sich die zuständigen Stellen zwingend mit ihr befassen – und dem oder der Antragstellenden eine Antwort zukommen lassen. Formgerecht bedeutet: Einreichung mit vollständigem Namen und Meldeadresse sowie der eigenen Unterschrift. Petitionen, die strafbare Handlungen zum Ziel haben, „verworrenen“ Inhalts sind oder unleserlich eingehen, werden nicht bearbeitet.

Eine Verpflichtung, den Bitten oder Beschwerden nachzukommen, besteht aber nicht – das unterscheidet Petitionen auch von einem Bürger- oder Volksbegehren, in welchen die Bürger*innen bei einem bestimmten Quorum aktiv Gesetze mitbestimmen oder einführen können.

Petitionen im Parlament

Für die Beschäftigung mit eingereichten Petitionen sind im Bundestag und den Landtagen die jeweiligen Petitionsausschüsse zuständig. Diese setzen sich aus den im Parlament vertretenen Parteien gemäß deren Größe zusammen.

Der Petitionsausschuss des Bundestags wird aktuell aus 28 Parlamentarier*innen gebildet. Die Ausschussmitglieder müssen sich mit jeder formgerecht eingesandten Petition befassen, Stellungnahmen einholen und anschließend eine Handlungsempfehlung an das zugehörige Parlament geben.

Anhörung im Parlament

Sofern eine Sammelpetition mit 50.000 Unterstützer*innen oder mehr eingereicht wird, muss sie im Petitionsausschuss des Bundestages in öffentlicher Sitzung behandelt werden. In den Landesparlamenten gibt es hierfür eigene Quoren.

Öffentliche Anhörungen sind aufgrund des Quorums in der Praxis jedoch ausgesprochen selten: 2018 wurden im Bundestag von 10.581 abschließend behandelten Petitionen lediglich sieben in öffentlichen Sitzungen beraten.

Zahl der Petitionen

Seit 1980 gehen jährlich mindestens 10.000 Petitionen beim Bundestag ein. Im jüngsten Tätigkeitsbericht (2018)wurden 13.189 Einreichungen gezählt. Das entspricht durchschnittlich 53 pro Werktag.

Seit 2005 gibt es eine Sonderform von Petitionen: Man kann seitdem auch online auf der Bundestagsplattform „öffentliche Petitionen“ einstellen und unterschreiben. Ob eine Petition öffentlich gelistet wird, entscheiden die Pe­ten­t*in­nen selbst. Tatsächlich wird – gemessen an den Gesamtzahlen – nur ein kleiner Teil der eingegangenen Petitionen veröffentlicht. Die Bearbeitung von nichtöffentlichen, oft persönlichen Einzelanliegen macht den größten Teil der Arbeit des Petitionsausschusses im Bundestag aus.

Private ­Petitionsplattformen

Auf privaten Onlineplattformen wie change.org oder openPetition können ebenfalls Petitionen gestartet werden. Sie dienen zunächst der Vernetzung und der öffentlichen Debatte und verfolgen nicht grundsätzlich das Ziel, in einem parlamentarischen Ausschuss behandelt zu werden. Bei Bedarf kann eine solche Petition später aber auch offiziell als Sammelpetition bei einem Bundes- oder Landtagsausschuss eingereicht werden. Dabei sind die Regelungen in den Bundesländern jedoch sehr verschieden.

Felix Lorber

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