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Atomkraft in JapanJapans irrsinnige Atompolitik

In Rokkasho soll eine Wiederaufbereitungsanlage für Plutonium in Betrieb gehen. Doch der dazugehörige Brennstoffkreislauf ist längst Fiktion.

In Tokio protestieren Japaner gegen die Wiederaufbereitungsanlage für Plutonium in Rokkasho Foto: Kyodo News/imago

Japans Atomaufsichtsbehörde NRA hat der nuklearen Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Rokkasho nach sechsjähriger Prüfung eine ausreichende Sicherheit attestiert – zumindest vorläufig. Die Anlage erfülle die nach dem Fukushima-Unfall verschärften Sicherheitsauflagen. Der endgültige Bescheid werde voraussichtlich im Juli kommen, heißt es. Laut Betreiber Japan Nuclear Fuel könnte die Nuklearfabrik im Herbst 2021 den kommerziellen Betrieb aufnehmen.

Die Ankündigung hat scharfe Proteste ausgelöst. 210 Antiatomkraftgruppen aus ganz Japan, darunter auch Bewohner der WAA-Standortregion Aomori, unterzeichneten einen Protestbrief an die japanische Atomaufsicht. Die NRA solle die Sicherheitsprüfung beenden, es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, das Vorhaben fortzuführen. Das atomkritische Citizen Nuclear Information Center (CNIC) verwies darauf, dass die WAA im Betrieb jährlich zehnmal mehr Tritium in den Pazifik einleiten werde, als derzeit in den 1.000 Wassertanks im AKW Fukushima lagere.

Die liberale Zeitung Asahi bezeichnete das geplante Recycling von abgebrannten Brennstäben als „unsinnig“, weil es für das gewonnene Plutonium gar keine Abnehmer mehr gäbe: Der als Abnehmer vorgesehene Schnelle Brüter Monju wurde vor vier Jahren abgeschaltet, ein Nachfolger ist nicht geplant. Und nur wenige Atomkraftwerke können MOX-Brennelemente aus Uran und Plutonium verwenden. Das Projekt sei ein „Luftschloss“, kommentierte die Zeitung, aber die Verantwortlichen steckten den Kopf in den Sand, weil ein Endlager für Atommüll fehle.

Die Wiederaufbereitungsanlage in Rokkasho bildet das Herzstück des japanischen Brennstoffkreislaufes, den man bis zum Jahr 2100 errichten will: Ein stetes Recycling von Uran und Plutonium würde das rohstoffarme Inselland in der Energieversorgung vom Ausland unabhängig machen. Die WAA in Rokkasho kann bis zu 800 Tonnen Brennstäbe pro Jahr aufarbeiten und daraus sieben bis acht Tonnen Plutonium gewinnen. Der Spaltstoff soll zu MOX-Brennelementen verarbeitet werden. Aber statt der geplanten 14 bis 18 Meiler können bisher nur vier Reaktoren solche Brennstäbe verwenden.

24 Mal verschoben

Eigentlich sollte die Nuklearfabrik schon 1997 in Betrieb gehen, aber der Start wurde 24 Mal verschoben. In dieser Zeit haben sich die Baukosten auf fast 19 Milliarden Euro verdreifacht. Für weitere 3,3 Milliarden Euro entsteht bis Mitte 2022 eine Fabrik für MOX-Brennelemente. Die Kosten holt Japan Nuclear Fuel über die Stromrechnungen aller Bürger wieder herein. Doch AKW-Gegner halten das ganze Projekt für überflüssig: „Seit Jahrzehnten ist klar, dass eine Wiederaufbereitung aufgrund der niedrigen Uranpreise bedeutungslos ist“, meinte CNIC-Leiter Hajime Matsukubo.

Vor zwei Jahren hat die Regierung indirekt eingestanden, dass sie nicht mehr einfach so weitermachen kann. Damals erntete Japan scharfe Kritik für seinen Vorrat von 46 Tonnen Plutonium, ohne eine Verwendung dafür zu haben. Theoretisch reicht die Menge für 6.000 Atombomben. Zugleich ist Japan der einzige Staat ohne Atomwaffen, der Plutonium erzeugen will. Daher verpflichtete sich Japans Atomenergiekommission im Juli 2018, nur noch so viel Plutonium zusätzlich zu erzeugen, wie man für neue MOX-Elemente benötigt. Dieser jährliche Bedarf liegt jedoch derzeit bei zwei Tonnen, die WAA wäre also nur maximal zu einem Viertel ausgelastet. Es wäre daher am besten, erst gar kein Plutonium herzustellen, meint die Zeitung Mainichi lakonisch.

Allerdings würde dies ein noch größeres Problem verursachen: Die Stadt Rokkasho, die Präfektur Aomori sowie der Betreiber Japan Nuclear Fuel haben vereinbart, dass ohne Betrieb der Anlage die knapp 3.000 Tonnen abgebrannter Brennelemente auf dem WAA-Gelände zurück in ihren Herkunftsmeiler gebracht werden müssen. Doch dafür fehlt in vielen AKWs schlicht der Platz. Zugleich besitzt Japan weder ein Zwischen- noch ein Endlager für radioaktive Abfälle. „Entweder träumt die Atomindus­trie oder sie halluziniert“, kommentierte die Zeitung Asahi. So oder so – die Augen scheinen jedenfalls fest verschlossen.

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9 Kommentare

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  • Plutonium entsteht beim Einsatz von Uran ganz von selbst. Der einzige Weg, die Erzeugung abzustellen, ist, die Meiler ganz abzustellen. Japan benötigt aber Energie. Plutonium unterscheidet sich von Uran chemisch, ist also einfach und fast ohne Kostenaufwand abzutrennen. Das Plutoniumspeicherverfahren mit MOX-Elementen erhöht die Energieausbeute, weil es Plutonium verbrennt, entsprechend weniger Plutonium wird erzeugt.

    Unrichtig ist auch, dass eine Technik, die es heute noch nicht gibt, morgen nicht schon Standard werden kann.

    Persönlich bin ich heute noch Atomkraftwerksgegner. Befinden sich die neuen Techniken erst einmal im preiswerten Serienbau, zweifle ich nicht an deren weltweiten Durchsetzung und an der Änderung meiner Meinung zur Verantwortbarkeit der Kernenergie.



    Da ich völlig unabhängig von der Kernenergieindustrie bin, kann ich mir überhaupt nur erlauben, dies auszusprechen.



    Natürlich werde ich von beiden Seiten angefeindet.



    Transmutation? Dazu gehört auch die ungeheuer gefährliche Partitionierung, die wir uns unbedingt ersparen sollten. Das Wattenmeer ist bereits viel zu stark radioaktiv belastet. Jeder Brutreaktor, aus dem nur die Spaltprodukte entfernt werden, verbrennt den Brennstoff samt Plutonium und minoren Nukleiden vollständig.



    Die volumenmäßig geringen Spaltproduktmengen sind konzentriert sicherer aufzubewahren als im Wattenmeer oder in Salzbergwerken. 300 Jahre Aufbewahrungszeit für nur 3% der Menge sind überschaubarer als Millionen Jahre der 30 fachen Menge.



    Im Übrigen bin ich der Meinung, dass das Purex-Wiederaufbereitungsverfahren durch ein weniger umweltbelastendes ersetzt werden muss.

    www.deutschlandfun...:article_id=418338

    Im Gegensatz zu Rubbia bin ich der Meinung, dass zusätzliche Transmutation nur für wenige Spaltprodukte sinnvoll ist. Nur die leichteren Spaltprodukte sollten laufend entfernt werden, ohne Castortransport.

  • Was ist eigentlich mit dem deutschen Plutonium? Wie man so liest, dürften es auch so um 40 Tonnen sein, die lagern momentan in Cattenom(F) und Sellafield(GB). Beim Brexit könnten die Engländer uns also einige Tonnen Plutonium schenken. Dafür gibt es natürlich auch kein Endlager. Logischerweise nicht, weil es keines geben kann. Endlager sind nun mal ein Märchen.

    • @el presidente:

      Nein, das wird es geben, eine bloße Frage von wenigen Jahren. Die Lösung heißt ADS. Schon in 100 Jahren ist dann nur noch ein geringer Anteil der unverändert hohen Anfangsradioaktivität vorhanden, die nach 300 Jahren praktisch ganz verschwunden ist.



      siehe Carlo Rubbia, ADS.



      Nein, kein Endlager mehr nötig, es ist dann alles verschwunden.Die Castoren sind dann ganz von selbst "leer".



      Lasst Euch nicht von der Recyclingindustrie und den für sie arbeitenden Umweltverbänden ins Bockshorn jagen. Es ist Euer Geld und Eure Zukunft. Aber verhindert die Atomwaffen! Nur zur Zeit gilt für unsereins noch:



      ATOMENERGIE NEIN DANKE!

      • @Bernd Schlüter:

        Existierende Probleme mit (noch) nicht existierender Technologie lösen zu wollen ist zwar bequem, aber nicht klug. Nach der gleichen Logik könnte man auch sämtliche Klimaschutzbemühungen einstellen und darauf setzen, dass sich das kaputte Weltklima in einigen Jahrzehnten mittels Geo-Engineering wieder hinbiegen lässt. Gerade im Bereich der Atom-Technik hat es immer wieder Ideen und Konzepte gegeben die auf dem Papier vielversprechend aussahen aber wegen diverser Probleme nie umgesetzt werden konnten. Die Ideen zur Transmutation sind keineswegs neu und fallen genau in diese Kategorie. Ob das jemals in großtechnischem Maßstab funktionieren wird ist bislang vollkommen offen.

  • Plutonium für 6000 Atombomben, da fragt man am besten mal beim benachbarten Nordkorea nach, ob Interesse besteht. Trump wird es sicher finanzieren für seinen kleinen dicken Freund.

  • Plutonium ist ein sehr gefährlicher Brennstoff. in den heutigen thermischen Reaktoren. Positiver Kritalitätskoeffizient, knappüber dem normalen thermischen Bereich. Etwas Ähnliches hatten wir mit der Xenonvergiftung in Cernobyl.



    Die neuen Reaktoren, die Plutonium zu einem ungefährlichen Brennstoff machen, sind im Bau und noch nicht erprobt: ADS.



    Deshalb: Aufbewahren, die Welt dreht sich weiter, hoffentlich zukünftig ohne die allzu häufigen Unfälle der Vergangenheit.

  • " „Seit Jahrzehnten ist klar, dass eine Wiederaufbereitung aufgrund der niedrigen Uranpreise bedeutungslos ist“ "

    wir haben nicht viel zeit um aus der verbrennung fossiler energieträger auszusteigen



    die atomenergie könnte dafür zumindest als brückentechnologie unverzichtbar sein

    wenn viele atomkraftwerke gebaut würden um möglichst schnell alle kohlekraftwerke zu schliessen stiege die nachfrage nach uran und damit der preis

    www.capital.de/wir...nten-von-kernkraft

    www.tagesspiegel.d...rise/25389314.html

    www.youtube.com/watch?v=9PugxoigU8U

    www.youtube.com/watch?v=V3OrmIuN_QQ

    www.theguardian.co...ar-japan-fukushima

  • Moment, Moment, Herr Fritz. Haben Sie da nicht was vergessen? Es gibt nämlich sehr wohl eine Verwendung für das Plutonium. Man muss nur noch den Ort finden, wo Gozilla schläft. Da kippt man das ganze Zeug ins Meer , und - Zack die Bohne - hat man eine Touristen-Attraktion von Weltrang. Gozilla-Watching wird Millionen Touristen nach Japan locken, und Billionen von Yen in die Kassen des Landes spülen.

    Da sieht man mal wieder, die schlau die Japaner sind.

    • @Kaboom:

      der selbe gedanke kam mir auch :)