Hier spricht der Präsident: The Greatest
Eine Studie dreier Journalisten der „New York Times“ zeigt: Der größte Teil von Donald Trumps öffentlichen Äußerungen entfällt auf Eigenlob.
Dass der Geisteszustand des amerikanischen Präsidenten Anlass zur Sorge gibt, wurde nicht erst kürzlich klar, als er während der Pressekonferenz im Weißen Haus laut denkend Ideen entwickelte, wie sich Covid-19 bekämpfen ließe: durch die Injektion von Desinfektionsmitteln beispielsweise oder auch „sehr, sehr starkes Licht“.
Die speziellen Herausforderungen indes betreffen nicht nur sein Denken, sondern auch das Sprechen: Wörter, die mittlerweile jedem Grundschüler leicht über die Lippen gehen, bringen Donald Trump ins Stottern, angefangen beim „caranna virus“ bis hin zu „Remdesa-voir“. Und aus „sick patients“ werden gern auch mal „six patients“ – kein unerheblicher Unterschied, wenn es um eine Pandemie geht, die das Leben unzähliger Menschen bedroht. Bei Youtube lassen sich entsprechende Aufnahmen ansehen, die man lustig finden könnte, wenn es nicht so schrecklich ernst wäre.
Interessant, wenngleich nicht völlig überraschend, sind die Ergebnisse einer Studie, die nun drei Journalisten der New York Times vorgelegt haben: Von den über 260.000 Wörtern, die der Präsident zwischen dem 9. März und Mitte April bei öffentlichen Auftritten zur aktuellen Lage von sich gegeben hat – diese Menge entspricht in etwa einem 700 Seiten starken Buch –, entfällt der größte Teil der sich wiederholenden Äußerungen (600) auf Eigenlob. Dieses auszusprechen, fällt ihm leicht.
Keine komplexe Syntax, bitte.
Anerkennende Worte für andere finden sich durchaus auch (über 360 Erwähnungen), ebenso wie Beschuldigungen (über 110). Der Anteil von Äußerungen, die Mitgefühl zum Ausdruck bringen oder die nationale Einheit beschwören, beläuft sich mit ca. 160 auf ein knappes Viertel seiner selbstverherrlichenden oder ein Topmitglied seines Teams lobenden Aussagen. Dennoch: Zu komplex darf die Syntax nicht sein.
Mit Sätzen wie „We have done a job, the likes of which nobody has ever done“ gerät Trump schwer an die Grenzen seiner Selbstbeweihräucherungseloquenz; griffiger bleibt doch nach wie vor das vielfach wiederholte „great“. Allein in der Studie der New York Times findet es sich 53-mal, die Superlativform – selbstverständlich – eingeschlossen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung