Vorteile des Homeoffice für Eltern: Nicht nur eine Zeitersparnis
Home Office finden nicht alle gut, das haben die Reaktionen auf Arbeitsminister Heils Vorhaben gezeigt. Doch Eltern kann ein Recht darauf helfen.
Der Wecker klingelt nicht mehr um 6, sondern um 7.30 Uhr. Aufgestanden wird um 8, wenn wir ehrlich sind. Es ist nicht mehr maßgeblich, dass das Frühstück um 7 auf dem Tisch steht, weil eine Verspätung stets weitere bewirkt. Der erste hohe Blutdruck des Tages wird nicht ausgelöst vom Kleinkind, das sich, statt Schuhe und Jacke anzuziehen, in einer unbeobachteten Minute bis auf die Windel seiner Kleidung entledigt hat. Oder weil es wie eine Flunder auf dem Boden liegend monoton klagt: „Ich will nicht.“
Nicht zu spät in der Kita, kein Schnell-in-den-Morgenkreis-Schubsen, kein Zur-U-Bahn-Rennen, keine 30 Minuten Konservengefühl auf dem Weg durch die halbe Stadt, weil man sich die Miete weiter drin nicht mehr leisten konnte. Kein Gerade-noch-rechtzeitig-in-die-Arbeit. Kein „ich bin seit drei Stunden wach und jetzt wird acht Stunden gearbeitet, bevor wieder nach Hause gehetzt wird, weil das Kind wartet, der Kühlschrank leer ist, der Mülleimer schon stinkt, die Wäsche sich stapelt und der Herd bei zwei Vollzeitjobs den ganzen Tag kalt bleibt“. Kein ständig schlechtes Gewissen, immer am Rande des Ausbrennens, weil man versucht, allem und sich selbst gerecht zu werden und es nie schafft. Klar, der hohe Blutdruck kommt auch im Homeoffice mit Kind verlässlich – aber hey, du willst deinen Schlafanzug anlassen? Mach doch. Du willst jetzt nicht dein Müsli essen, sondern lieber mit der Puppe spielen? Tu es, ich bitte dich.
Die Wäsche in die Waschmaschine stopfen, schon mal den Reis aufsetzen. Der Einkauf wird geliefert und man kann ihn entgegennehmen. Dazu das Gefühl effizienter zu arbeiten, weil das Großraumbüro und das klingelnde Telefon einen nicht ablenken. Und der Gedanke, dass diese Wohnung noch nie so sehr ihre Miete wert war.
Gegen Arbeitsminister Hubertus Heils (SPD) Absicht, Homeoffice gesetzlich zu verankern, gab es diese Woche viel Geraune. Über die Entgrenzung von Arbeitszeit, das Fehlen von sozialer und physischer Kommunikation und die steigende Belastung von Frauen. Alles wichtig. Doch unter den richtigen Bedingungen – also mit Kinderbetreuung, einem Job der es zulässt, einem fairen Arbeitgeber und in einer tatsächlich gleichberechtigten Beziehung – kann Homeoffice eine enorme Erleichterung sein.
Leser*innenkommentare
Gerdi Franke
Ich schätze da kommt einiges auf die Firmen noch zu. Im Homeoffice wird nicht auf Virenschutz geachtet und die Firmendaten landen dann irgendwo in der Welt. So sie überhaupt noch verfügbar sind. Dieses Thema wird oft unterschätzt. Weil eben tragbare Konzepte fehlen!