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Italienische Gewerkschafterin zum 1. MaiSchützt die Arbeiter!

Die Gewerkschafterin Oriella Savoldi bereitet auch in der Coronakrise den 1. Mai vor. Die Regierung müsse Fabrikarbeiter ausreichend schützen.

So eng wird's dieses Jahr nicht: Demonstration von CGIL, CISL und UIL im letzten Jahr in Rom Foto: Leo Claudio De Petris/imago images

BERLIN taz | Sogar über das Telefon beeindruckt Oriella Savoldis feste, rauchige Stimme. Es fällt nicht schwer, sich die Gewerkschafterin aus dem norditalienischen Brescia bei emphatischen Reden zur „festa dei lavoratori“ am 1. Mai vorzustellen. Doch dass die Mai-Demo dieses Jahr entfällt, ist gerade Oriella Savoldis geringstes Problem.

Zwar ist die 65-Jährige coronabedingt zum Zuhausebleiben verdammt und eigentlich seit Kurzem im Ruhestand, lassen kann sie es trotzdem nicht. Dass in der Lombardei weiterhin der Wirtschaft zuliebe Menschleben riskiert werden sollen, will die Mutter einer Tochter nicht akzeptieren. Die Pandemie hat Brescia, wie auch die Nachbarprovinz Bergamo, besonders hart getroffen.

„Seit Beginn der Krise hat die Regierung nicht die Gesundheit der Arbeitnehmer angesprochen. Viele Fabriken werden jetzt wieder öffnen, aber sie müssen den Schutz der Arbeiter garantieren“, fordert die Aktivistin nachdrücklich. „Wir stecken seit einigen Tagen in Verhandlungen auf nationaler und lokaler Ebene.“

An diesen Verhandlungstischen sitzt Savoldi bereits seit 46 Jahren. In einer Metallfabrik beginnt die gebürtige Brescianerin ihr Arbeitsleben und tritt zugleich in die Gewerkschaft ein. Schon kurz darauf koordiniert sie die verschiedenen Betriebsräte der Schwerindustrie in der Stadt. Die späten Siebziger machen dann die Metallerin zur expliziten Feministin. Mit der sogenannten Dienstagsgruppe wird sie den linken Gewerkschaftsbund CGIL diesbezüglich nachhaltig prägen, als Gründungsmitglied der Frauenuniversität Brescia ihre Provinz.

Oriella Savoldi Foto: CGIL Brescia

Arbeit einen Namen geben

Savoldis Strategie: anders reden, anders mobilisieren. Zum Beispiel lässt Savoldi Arbeiterinnen detailliert ihre täglichen Handgriffe beschreiben. „Um der Arbeit einen Wert zu geben, müssen Sie ihr zuerst einen Namen geben, lernen, darüber zu sprechen“, wird sie in einem Protokoll aus den Neunzigern zitiert.

Nach Jahren in der Metallindustrie wechselt Savoldi in die Textilbranche und schließlich in den Vollzeit-Arbeitskampf. Und mit der Verantwortung wächst ihr Problembewusstsein. Zum Feminismus kommt als Sekretärin der Agrargewerkschaft Brescias das Engagement für Arbeitsmigrant*innen hinzu. „Die Ersten, die ausgebeutet werden, sind diejenigen, die aufgrund ihres irregulären Aufenthalts nicht vertraglich gebunden sind, gerade in der Landwirtschaft“, erklärt Savoldi am Telefon. Die aktuelle Krise verschärfe diese Situation noch.

Für Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes, denen sie in den letzten Jahren als Sekretärin der CGIL auf Lombardei- und nationaler Ebene nachgegangen ist, sieht Savoldi jetzt aber sogar eine Chance. „Die Coronakrise hat jeden Schleier von der Umweltkrise gezogen“, meint sie. „Wir können es uns nicht länger leisten, schüchterne oder schlechte Entscheidungen zu treffen oder nichts zu tun.“

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