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Coronaepidemie in IndienFit bleiben mit Yoga

Premierminister Modi empfiehlt seinem Volk, sich mit Yoga gesund zu halten. Das aber hat wegen der Beschränkungen des Ausgangs ganz andere Sorgen.

Indiens Premier gibt Yoga-Tipps für die Mittelschicht Foto: Anupam Nath/ap/dpa

Mumbai taz | Der indische Premierminister Narendra Modi empfielt seinem Volk sich während strikten Ausgangsbeschränkungen mit Yoga fit zu halten. „Ich bin weder ein Fitnessexperte noch ein medizinischer Experte. Yoga zu praktizieren ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil meines Lebens, und ich habe es als gut für mich empfunden“, schrieb er auf Twitter. Und gegen geistige und körperliche Ertüchtigung ist in Krisenzeiten nichts entgegenzusetzen. Die Frage ist, wer sich das leisten kann.

Yoga wird im Westen gerne als ‚Frauensport‘ abgetan, zu verdanken haben wir den Welt-Yogatag aber einem Mann. Keinem geringeren als dem indischen Premierminister Narendra Modi. Nachdem der einstige Teeverkäufer 2014 an die politische Spitze Indiens gewählt wurde, setzt sich der mittlerweile 69-Jährige für hinduistische Werte ein. Durch die Initiative seiner Regierung wird jährlich der Jahrestag seit 2015 begangen. Anerkannt ist er von den Vereinten Nationen.

„Es besteht kein Zweifel, dass die Idee von Yoga vor über Hunderten von Jahren auf dem indischen Subkontinent entstanden ist“, stellt der Autor Devdutt Pattanaik dar, der sich viel mit religiösen Themen beschäftigt. Dieses Potenzial hat Modi wiederentdeckt.

Global gesehen ist Modi einer der populärsten – lebenden – Politiker im Netz. Knapp 55 Millionen Accounts folgen Modi auf Twitter, seine Facebook-Fan-Seite hat 45 Millionen Likes. Darin spiegelt sich wieder, wie wichtig Social Media für ihn, für seine hindunationalistische Volkspartei BJP ist. (Hier teilt er mit der Welt, dass er ein- bis zweimal in der Woche Yoga praktiziert.)

Yoga und Ayurveda

Der indische Premier ist ein bekannter Befürworter von Yoga wie der traditionelle indische Heilkunst Ayurveda. Ein Mal im Monat teil er Erfolgsgeschichten in seiner Radiosendung „Mann Ki Baat“ („innere Stimme“). Besonders beliebt ist sie bei der in den Großstädten lebenden Mittelschicht. Zuletzt sprach er neben den Vorzügen von Yoga, um sich während der strikten Ausgangsbeschränkungen, die in Indien Corona-bedingt noch bis 14. April gelten, fit zu halten, mit Landsleuten, die von Covid-19 geheilt wurden.

Modi weiß, wie er durch die Kombination einer alten Technik wie Yoga oder Radio mit seiner Wählerschaft in Kontakt bleibt, in dem er die Sendungen online stellt und seinen Online-Avatar im blauen T-Shirt und schwarze Hose Übungen, sogenannte Asana, als Animationsvideos auf YouTube (in Hindi und Englisch) zugänglich macht, beziehungsweise gepostet.

Wie wenig sein Rat mit der momentan Lebenswirklichkeit von Millionen von InderInnen zu tun hat, ist bekannt. Sie versuchen, im abgeriegelten Land ihren Weg nach Hause zu finden zum Teil zu Fuß und ohne Versorgung. Das zeigt einmal mehr die Gleichzeitigkeit in Indien. Deshalb kam der Verweis auf die Yoga-Tutorials von 2018 nicht überall gut an. Modi entschuldigte sich am Sonntag allerdings auch bei den Armen, denen er durch den plötzlichen „Lockdown“ Leid zugefügt hat.

All das, auch die Corona-Pandemie ändern nichts an der Tatsache, dass viele Menschen in Indien arm sind. 800 Millionen sollen in den nächsten drei Monaten zusätzlich von der Regierung mit Geld und Lebensmittel unterstützt werden. Schon davor war für viele Freizeit, Sport oder die Möglichkeit sich von anderen distanzieren zu können ein Privileg, für das man in Indien gut bezahlt und sich auch leisten können muss. Es wird auch für den Macher Modi schwer, das zu ändern.

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