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Rückholaktionen wegen CoronaEin Versprechen zweiter Klasse

Deutschland holt wegen Corona gestrandete UrlauberInnen zurück. Auch Menschen ohne Staatsbürgerschaft können mit – „im Rahmen der Kapazitäten“.

Flughafen Manila: Warten auf den Lufthansa Flug Foto: Alejandro Ernesto/dpa

Freiburg taz | „Wir lassen niemand zurück“, versprach die Bundesregierung mit Blick auf deutsche UrlauberInnen, die wegen der Coronakrise im Ausland festsitzen. Mitte März verkündete das Auswärtige Amt (AA) eine weltweite Reisewarnung. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 200.000 deutsche UrlauberInnen in Regionen mit Reisebeschränkungen unterwegs.

Für die Reisenden wurde die Lage brenzlig, weil auf immer mehr Strecken der reguläre Flugverkehr eingestellt wurde und TouristInnen aus dem Risikoland Deutschland in Staaten mit noch geringer Coronabelastung oft nicht mehr gern gesehen waren.

Außenminister Heiko Maas (SPD) startete deshalb eine „Rückholaktion“ für die „tausenden deutschen Reisenden, die im Ausland gestrandet sind“, und stellte bis zu 50 Millionen Euro zur Verfügung. Aber gilt das Versprechen auch für in Deutschland lebende MigrantInnen, wenn sie aus dem Urlaub nicht mehr heim nach Berlin oder Stuttgart kommen?

Inzwischen konnten rund 150.000 UrlauberInnen nach Deutschland zurückkehren, davon 17.000 mit über 70 Sonderflügen, die das Auswärtige Amt gechartert hatte. Die übrigen konnten überwiegend Flüge der Reiseveranstalter nutzen, für die das Auswärtige Amt Überflug- und Landegenehmigungen besorgt hatte. Die meisten Urlauber kamen dabei aus Ägypten, Spanien und der Türkei zurück.

„Wir“ und „Ihr“

Die Rückholaktion des Auswärtigen Amts bezog sich in erster Linie auf deutsche Staats­bürgerIn­nen und ihre Familienangehörigen. Wenn möglich, wurden aber auch BürgerInnen aus anderen EU-Staaten mitgenommen, so wie umgekehrt Deutsche mit spanischen oder französischen Maschinen zurückreisen konnten.

„Für Personen, die ­­einen Aufenthaltstitel für Deutschland haben, in Deutschland leben und von dort in den Urlaub gereist sind, bemühen wir uns im Rahmen der Kapazitäten, eine Lösung zu finden“, heißt es dazu vom Auswärtigen Amt.

Konkret heißt das: Auch AusländerInnen mit Lebensmittelpunkt in Deutschland konnten sich in die Krisenvorsorgeliste elefand.diplo.de (elektronische Erfassung von Deutschen im Ausland) eintragen. Auch sie konnten sich auf der Webseite rueckholprogramm.de registrieren. Und auch sie konnten den obligatorischen Antrag nach dem Konsulargesetz stellen („Ich beantrage hiermit, in die von der Bundesregierung zum Schutz vor Katastrophenfolgen organisierten Betreuungsmaßnahmen eingeschlossen zu werden.“)

Doch das alles steht unter dem Vorbehalt ausreichender Kapazitäten. Der Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) wandte sich deshalb per Brief an den Außenminister. „Gerade in diesen außergewöhnlichen Zeiten darf es kein ‚Wir‘ und ‚Ihr‘ anhand des Passes geben“, schrieb der BZI-Vorsitzende Memet Kiliç, „eine vielfältige offene Gesellschaft misst sich gerade an ihrem Umgang mit Krisenzeiten“.

Bisher gibt es aber keine Informationen über gestrandete MigrantInnen, die aus Kapazitätsgründen zurückbleiben müssen. „Es geht uns um das Prinzip, dass es keine echte Gleichbehandlung gibt“, sagte BZI-Geschäftsführererin Deniz Nergiz.

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1 Kommentar

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  • Christian Rath , Autor des Artikels, Rechtspolitischer Korrespondent

    Update: Das Auswärtige Amt hat bei der Rückholaktion bisher keine Unterschiede gemacht zwischen deutschen Staatsangehörigen und Ausländern, die in Deutschland leben. Es soll auch in Zukunft keine Unterschiede geben. Die Kapazitäten reichen.



    Beim nächsten Mal sollte man dann aber besser in der Kommunikation auf den Kapazitätsvorbehalt verzichten. Das stößt nur unnötig vor den Kopf.