Reaktion auf Corona-Krise: Jobcenter reaktiviert das Telefon
Auch die Behörde für Langzeitarbeitslose schließt ihre Standorte. Nun sollen die wieder telefonisch erreichbar sein, was 2017 abgeschafft wurde.
Hamburg taz | Die Corona-Krise hat auch Auswirkungen auf Hamburgs Jobcenter und die Arbeitsagentur. Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) sagte am Freitag, die Menschen sollten beim Jobcenter künftig „anrufen statt persönlich zu erscheinen“. Und Arbeitsagentur-Chef Söhnke Fock, man stelle am Montag den Publikumsverkehr ein. Der Kontakt bleibe „für Notfälle“ bestehen. „Eine Arbeitslosenmeldung kann auch telefonisch erfolgen“.
Nur stellt sich das Ganze für die rund 180.000 Menschen, die vom Jobcenter abhängen, schwierig dar. Denn bei den 17 Jobcenter-Standorten wurden trotz Protesten am 13. September 2017 die Telefonnummern abgestellt. Seither ist die Behörde für alle Hartz-IV-Empfänger nur noch durch Vorbeikommen oder Anruf in einem zentralen Callcenter erreichbar. Wer einen falschen Bescheid bekam, konnte das seither nicht telefonisch klären.
Das Jobcenter stellte am Montag einen Text auf die Homepage: „Standorte geschlossen – wir sind trotzdem weiter für Sie da!“. Die Kunden sollten ihre Anträge und Unterlagen „online, per Post, per E-Mail oder über den Hausbriefkasten“, einreichen. „Persönliche Gesprächstermine entfallen“, heißt es. Wer nicht persönlich vorspreche, dem entstünde „kein Nachteil“. Bisher kann ein versäumter Termin zu Kürzungen führen.
Außerdem arbeite das Jobcenter daran, neben der alten Callcenter-Nummer „für Notfälle“ zusätzliche Hotlines mit einem „direkten Kontakt zu einem Ansprechpartner am Standort“ einzurichten. Es werde wieder direkt zum Sachbearbeiter durchgestellt werden, erklärt eine Sprecherin. Das wäre mehr, als es in den letzten zwei Jahren gab.
Die Linke-Sozialpolitikerin Carola Ensslen sagte, es sei schade, dass die Infrastruktur der Telefone abgebaut wurde. „Es wäre gut, wenn die Menschen in Zukunft wieder dauerhaft ihre Sachbearbeiter am Telefon erreichen können“. Es sei zwar richtig, wegen des Coronavirus die Öffnungszeiten einzuschränken. „Es muss aber auch gewährleistet sein, dass Menschen, die akut kein Geld mehr haben, denen der Strom abgeschaltet oder die Wohnung gekündigt wurde, schnelle Hilfen erhalten“, so Ensslen. Dafür müssten die Jobcenter auf Nachweisverfahren verzichten und berücksichtigen, dass nicht jeder die Möglichkeit hat, Unterlagen digital einzureichen.
Den Menschen müsste zudem verständlich mitgeteilt werden, dass sie bei Terminversäumnis nicht mehr mit Leistungskürzung bestraft werden. Ensslen: „Nicht, dass sie sich aus Angst vor Sanktionen in Gefahr begeben, nur um dann vor verschlossenen Türen zu stehen.“