Von der Leyens European Green Deal: Programm zum Discountpreis
Die EU-Kommission plant eine grüne Revolution für den Klimaschutz. Aber frisches Geld für das Riesenvorhaben gibt es kaum.
Der „Green Deal“ ist ein ökowirtschaftliches Schockprogramm, das die EU auf Klimakurs bringen soll: Noch in diesem Frühjahr will die Kommission ein neues EU-Klimagesetz vorlegen. Sie will das CO2-Ziel bis 2030 (bisher minus 40 Prozent) auf minus 50 bis 55 Prozent erhöhen, den Emissionshandel verschärfen, neue Regeln für Autos einführen, eine CO2-Steuer für Importe prüfen, den Schutz gegen Klimafolgen verbessern, Gebäude sanieren, grünen Stahl herstellen, Stromspeicher fördern und die Landwirtschaft ergrünen lassen. Insgesamt 50 Maßnahmen sollen dazu führen, dass die EU 2050 nur noch so viel CO2 ausstößt, wie sie aus der Luft aufnimmt.
Das kostet viel Geld. Insgesamt 1.000 Milliarden Euro bis 2030, rechnet die Kommission vor. Im heftig umkämpften EU-Haushalt bis 2027 sollen 25 Prozent aller Mittel für Klima- und Umweltschutz ausgegeben werden. Das EU-Parlament will einen Anteil 30 Prozent, der Deutsche Naturschutzbund DNR sogar 40 Prozent. Außerdem solle die EU fossile Projekte nicht mehr subventionieren, fordert DNR-Präsident Kai Niebert: „Jeder Euro, der in umwelt- oder klimaschädliche Investitionen fließt, untergräbt die Zukunft Europas.“
Da die EU kein eigenes Geld hat, muss es von den Mitgliedstaaten kommen. Laut EU-Planung setzt sich die Billion für den Green Deal bis 2030 zusammen aus etwa 500 Milliarden aus dem EU-Haushalt, 140 Milliarden aus einem „Fonds für den gerechten Übergang“, etwa 250 Milliarden an Krediten der Europäischen Investitionsbank (EIB) und privaten Investitionen sowie 110 Milliarden Kofinanzierung aus den Ländern.
Zahlungen grüngerechnet
Diese Rechnung hat viele Unbekannte: Es ist unklar, wie viel Geld die EU-Staaten der Kommission tatsächlich zusagen. Auch will die EU den Umbau zu einer Öko-Volkswirtschaft praktisch ohne frisches Geld schaffen. Schon bisher hat sie sich mit Buchungstricks grüngerechnet; so gelten etwa pauschal 40 Prozent der Direktzahlungen an Bauern als Ökomittel, obwohl die Landwirtschaft ein großer CO2-Emittent ist.
Schon im vergangenen Haushalt 2013–2020 wollte die EU 20 Prozent für das Klima ausgeben. Und bereits 2016 warnte der EU-Rechnungshof, das Ziel werde ohne Kurskorrektur verfehlt. Eine Bilanz gibt es bisher nicht. Eine Studie der Organisation „Bankwatch“ fand jedenfalls 2019, dass der „Juncker-Plan“ (Efsi) der vorigen Kommission, mit dem 500 Milliarden Euro an Investitionen angestoßen werden sollten, nur mit 29 Prozent den Klimaschutz finanzierte. Die EU-Garantien unterstützten auch Investitionen in Ölraffinerien, Gaspipelines, Straßenbau und Flughäfen.
Auch im groß angekündigten „Übergangsfonds“, der Regionen beim Abschied von der Kohle helfen soll, sind von den 100 Milliarden bis 2027 nur 7,5 Milliarden frisches Geld. Den Rest müssten die Staaten selbst aufbringen, aus anderen EU-Töpfen für Strukturentwicklung oder Zusammenhalt umleiten oder als Kredite der EIB aufnehmen. Die Bank wiederum hat im Januar verkündet, zur „Klimabank“ werden zu wollen und bis 2025 die Hälfte ihrer Kredite für die Umwelt auszugeben. Bankchef Werner Hoyer versicherte auch, die EIB werde Ende 2021 aus der Finanzierung von Fossilen aussteigen. „Aber dann sind alle Pipelines gebaut“, sagt Markus Trilling, Finanzexperte vom Climate Action Network. Für ihn ist der Green Deal ein Beispiel für „großartiges Marketing“ und ein Schritt in die richtige Richtung. Die Finanzierung aber bleibe „alter Wein in neuen Schläuchen“.
Auch um das EU-Ziel der Klimaneutralität wird beim Poker um den Haushalt gefeilscht. Polen wollte dabei als einziges Land nicht mitmachen. Zugang zum „Übergangsfonds“ sollten aber nur Staaten bekommen, die das Ziel akzeptieren. Der neueste Vorschlag von Ratspräsident Charles Michel ist nun ein Kompromiss: Zugang auch für Polen – aber nur zur Hälfte der Summen.
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