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Legal, illegal … Frieden!

US-Präsident Trump und sein Schwiegersohn Jared Kushner preisen ihren Nahostplan als „Deal des Jahrhunderts“. Die Palästinenser und arabische Staaten sehen das anders

Ein ­Palästinenser protestiert gegen Tumps Nahostplan in einem Café in Hebron Foto: Mussa Qawasma/reuters

Von Dorothea Hahn,
New York, und Helga Baumgarten, Ostjerusalem

Über Palästina/Israel fiel Regen, massiver Regen. Bei dieser Witterung blieben am Mittwoch die Demonstranten daheim, die sonst gegen den von US-Präsident Donald Trump am Dienstag vorgestellten „Friedensplan“ für den Nahen Osten auf der Straße gewesen wären. Aktiv wurden alle palästinensischen Universitäten, die landesweit einen Streik ausriefen. Bis Mittag hatte sich auch das letzte College in Bethlehem angeschlossen.

Die großen Militärcheckpoints, vor allem Kalandia zwischen Jerusalem und Ramallah, blieben offen. Gaza dagegen ist im Generalstreik mit schwarzer Beflaggung überall und Kundgebungen aller Parteien. Immer wieder wird betont: Palästina und nicht zuletzt Jerusalem sind nicht käuflich. Die Stimmung ist trotzig, ja wütend gegenüber dem mächtigen Mann aus Washington, den alle verachten. Denn Trumps „Deal des Jahrhunderts“ ist für die Palästinenser kein Deal, sondern versuchter Raub, der sich nicht um internationales Recht und Beschlüsse der Vereinten Nationen schert.

Im Weißen Haus stand am Dienstag neben Trump, gegen den ein Amtsenthebungsverfahren läuft, Israels Premierminister Benjamin Netanjahu, der wegen Korruption angeklagt ist. Auch einer von Trumps größten Geldgebern, der Casinobesitzer Sharon Adelson, sowie Vertreter mehrerer fundamentalistischer Konfessionen in den USA priesen den Plan.

Doch der Rest der Welt – von UN-Generalsekretär António Guterres, über den Außenminister Jordaniens, Ayman Safadi, bis hin zu den meistbetroffenenen PalästinenserInnen – ist skeptisch. In seltener Einmut lehnten Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und die Hamas den Plan ab. „Tausendmal nein“, sagt Abbas. Er kündigte sofortige Schritte seitens des palästinensischen Staates an, vor allem auf diplomatischer Ebene, zuerst auf dem für Samstag angesetzten Treffen der Arabischen Liga. Schon am Mittwoch prangerte die Liga eine „bedeutende Verletzung der legitimen Rechte der Palästinenser an“. Katar begrüßte zwar den Vorstoß der USA, mahnte aber Änderungen an. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete den Plan als „absolut inakzeptabel“, aus Saudi-Arabien kam dagegen Zustimmung. Skeptisch äußerten sich auch mehrere europäische Staaten und Russland.

Trump veröffentlichte seinen Plan in Form einer Landkarte auf Twitter. Darin ist das ohnehin zerstückelte palästinensische Gebiet auf noch mehr Einzelteile zerlegt als bislang. Der Gazastreifen ist radikal verkleinert und zu einer rundum von Israel umgebenen Insel geworden.

Die Schrumpfung liegt einerseits daran, dass Trumps Plan sämtliche illegal gebauten Siedlungen in den besetzten Gebieten nachträglich sanktioniert und unter israelische Souveränität stellen will, und andererseits, dass er das fruchtbare Jordantal komplett an Israel geben will. Als „Ersatz“ für ihre Brotkammer am Jordan sollen die PalästinenserInnen ein paar Stück Land in der Wüste bekommen.

Jerusalem soll komplett an Israel als dessen Hauptstadt gehen. Die palästinensische Hauptstadt möchte Trump in einer Vorstadt von Jerusalem ansiedeln. Als Verbindungen zwischen den zerstückelten einzelnen palästinensischen Landteilen sieht sein Plan unter anderem einen Tunnel und eine neue Bahnstrecke vor.

In dem Plan ist zwar ein palästinensischer Staat erwähnt, aber eine Souveränität dafür ist nicht vorgesehen. Die Kontrolle über die Landgrenzen und über den Luftraum soll Israel bekommen.

Ausgedacht haben sich den Plan Trump und sein Schwiegersohn Jared Kushner, den der US-Präsident kurz nach seinem Amtsantritt mit einer Nahostfriedenslösung beauftragt hat. Kushners Familie ist seit Langem mit der von Netanjahu befreundet. Er selbst saß jahrelang im Vorstand einer Stiftung der Kush­ner-Familie, die Tausende US-Dollar für den Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten gespendet hat, als Washington die Siedlungen noch als illegal betrachtete. Als Kushner Trumps Mann für den Nahen Osten wurde, verschwieg er die Spenden, bis sie von anderer Seite enthüllt wurden.

Seinen Nahostplan ging Kush­ner wie eine gigantische Investitionsmöglichkeit an. Bei einer Investorenkonferenz im vergangenen Herbst in Bahrain warf Kushner die Zahl von 50 Milliarden Dollar in die Runde. Am Dienstag erwähnte er bei einem Interview mit dem TV-Sender Al Jazeera, dass „einer der größten Investoren in der Region“ bereits interessiert sei. Der palästinensischen Führung riet der 39-jährige Kushner in dem Interview, „nach dieser Gelegenheit zu greifen“. Und fügte hinzu, niemand habe „mehr für Israel und das palästinensische Volk getan als Präsident Trump“.

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