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Aussage in der BerateraffäreIrgendwer hat Fehler gemacht

Ex-Verteidigungsministerin von der Leyen nennt im U-Ausschuss keine Verantwortlichen. „Große Ergebnisse“ werden nicht mehr erwartet.

Machte heute die letzte Aussage zur Berateraffäre: Ursula von der Leyen Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Fehler ja, Schuld nein: Im Untersuchungsausschuss zur Berateraffäre hat am Donnerstag EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen ausgesagt – und Missstände während ihrer Zeit im Verteidigungsministerium nur teilweise eingeräumt. Es seien „auch Fehler passiert“, sagte die Ex-Ministerin am Mittag in ihrem Eingangsstatement vor dem Ermittlungsgremium des Bundestags.

Konkret nannte von der Leyen zwei Arten von Rechtsverstößen bei Auftragsvergaben an private Unternehmensberater: Erstens habe das Ministerium unter ihrer Leitung über einen Rahmenvertrag Aufträge vergeben, für die dieser gar nicht ausgelegt gewesen sei. Zweitens habe das Ministerium anders als vorgeschrieben oft nicht untersucht, ob die Aufträge tatsächlich nötig und wirtschaftlich sind. Eine persönliche Verantwortung für diese Fehler räumte von der Leyen aber zumindest bis Redaktionsschluss am späten Nachmittag nicht ein.

Auch sonstige Verantwortliche nannte sie zunächst nicht. Explizit lobte sie sogar ihre ehemalige Staatssekretärin Katrin Suder, die sie einst von der Unternehmensberatung McKinsey geholt hatte und die viele der Abgeordneten im Ausschuss als zentrale Figur in der Affäre sehen. Von Suders Leistungsfähigkeit, Fleiß und Kompetenz sei sie bis heute „sehr überzeugt“, sagte von der Leyen.

Um Verständnis bat die Ex-Ministerin hinsichtlich der schwierigen Begleitumstände ihrer Amtszeit: Vor ihrem Amtsantritt 2013 sei die Bundeswehr jahrelang geschrumpft. Nach Ereignissen wie dem Ukraine-Konflikt, dem Aufkommen des IS und dem Flüchtlingssommer 2015 habe ein Umdenken stattgefunden, die Armee sollte jetzt schnell wieder wachsen.

Hilfe von außen

Das Beschaffungswesen sei jedoch veraltet gewesen, unter anderem im Bereich Digitalisierung sei die Bundeswehr hinterhergehinkt. „Ich bin der Meinung, wir brauchten Hilfe von außen“, sagte von der Leyen. Solche Hilfe von externen Beratern sei normal: Es habe sie vorher gegeben und es werde sie auch in Zukunft noch geben.

Falsch ist das nicht, allerdings kritisieren Oppositionsabgeordnete, dass das Auftragsvolumen unter von der Leyen stark gestiegen sei. Der Bundesrechnungshof hatte im Jahr 2018 erstmals über Rechtsverstöße bei der Auftragsvergabe berichtet und die Affäre angestoßen. Seit einem Jahr arbeitet der Untersuchungsausschuss die Details auf, von der Leyen ist vermutlich die letzte Zeugin.

Der Abschlussbericht der Abgeordneten ist für die nächsten Wochen zu erwarten. Unter Umständen wird der Ausschuss auch Akten an die Staatsanwaltschaft übergeben, die dann über ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren entscheiden müsste.

Ob von der Leyens Aussage, die bis zum Abend andauern sollte, zur Aufklärung beiträgt? Verschiedene Abgeordnete bezweifelten das schon während einer ersten Unterbrechung am späten Nachmittag. Er erwarte „keinen großen Ergebnisse“ mehr, sagte der Grüne-Abgeordnete Tobias Lindner.

Von der Leyen weiche Fragen aus und zeige einen „Unwillen zur Aufklärung“. Dennis Rohde (SPD) sagte, man werde wohl „keine weiteren Erkenntnisse mehr“ gewinnen. Sein vorläufiges Fazit zur Aussage der CDU-Politikerin: „Wir hätten uns mehr Demut erwartet“.

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11 Kommentare

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  • Lesen wir auch hier:



    www.deutschlandfun...:article_id=470236



    unter der Überschrift: "Verantwortung liegt bei von der Leyen" wo über, sagen wir, -guten Frerunden- berichtet wird.



    Erinnert sei auch an der sog. Cum-Ex Affäre



    hier: www.zeit.de/2020/0...at/komplettansicht

    Zitat:

    "Dabei ist es gerade dieser Steuerbescheid für das Jahr 2009, der politische Sprengkraft hat. Die Stadt hatte für diesen nämlich schlicht die Frist verstreichen lassen, um die knapp 47 Millionen Euro an unrechtmäßiger Steuererstattung noch zurückzufordern. Das hätte sie vor dem Jahresende 2016 tun müssen, tat es aber nicht. Damit war die Sache verjährt – ein Millionengeschenk an die Bank." [...] Peter Tschentscher, heute Bürgermeister, damals Finanzsenator, lässt über einen Sprecher ausrichten: "Grundsätzlich wurde der damalige Finanzsenator in bedeutsamen Fällen über das Vorgehen der Steuerverwaltung informiert, hat aber jeweils keinen Einfluss auf die Entscheidungen der Finanzämter genommen, die diese ausschließlich unter rechtlichen Gesichtspunkten treffen."

    Zitat Ende

    Ich kann Ihnen versichern!! Wenn Verjährung droht, sind in einer Finanzverwaltung alle Alarmglocken auf rotem Alarm. Da macht sich sogar der Vorsteher des zuständigen Finanzamtes mächtig in die Hosen. Mit anderen Worten, die Leitung des zuständigen Amtes wendet sich mit zitternder Stimme entweder an die übergeordnete Behörde, oder wen's das dreigliedrige System mit einem Landesamt für Steuern nicht mehr gibt, was in Stadtstaaten üblich ist, direkt ans Ministerium.



    Also, die Verjährung ist AUF KEINEN FALL einfach mal so -hoppla ist ja verjährt- eingetreten. Auf Deutsch, den Steueranspruch verjähren zu lassen, liegt mit 100prozentuiger Sicherheit eine bewussten Entscheidung zugrunde und diese Entscheidung trifft kein Finanzbeamter, der wäre bei so was weg vom Fenster.

  • Wird das denn jetzt untersucht? " Zweitens habe das Ministerium anders als vorgeschrieben oft nicht untersucht, ob die Aufträge tatsächlich nötig und wirtschaftlich sind." Hat AKK die teuren Berichte gelesen, hat vdL die Vorschlaege umgesetzt und hat es etwas veraendert?

  • Um Verantwortung für Fehlentscheidungen abschieben zu können, werden die Berater gebraucht. In irgendeine Notiz brauchte sie nur reinzuschreiben, daß sie Zweifel hat und schon ist man -egal zu welcher Seite die Waage ausschlägt - immer auf der Gewinnerseite. Wenn´s gutläuft, fragt keiner und wenn´s schlechtläuft, kramt man seine aufnotierten Zweifel wieder raus und verkündet lauthals, daß man das ja schon immer geahnt habe. Und dieses recht leicht durchschaubare Manöver will hier keiner durchschaut haben?

  • Wer eine gute Bekannte oder gar Freundin, die für ein grosses Beratungshaus gearbeitet hat, in die Rolle einer Staatssekretärin bringt, braucht sich anschliessend nicht darüber zu wundern, dass eben diese Staatssekretärin Berater über Berater engagiert.



    Das alles war schon damals bei der Ernennung dieser Dame zur Staatssekretärin durch Frau vdL offensichtlich.

  • Vielleicht gibt es eine Person, unter den Lesenden der taz, die mir einen Untersuchungsausschuss nennen kann, bei dem der politische Würdenträger Konsequenzen tragen musste. Wenn die/der Beschuldigte nicht auf Druck der eigenen Partei oder gar Reue zurücktritt, passiert - nichts. Ich kann mich nicht erinnern. Inklusive jährlichem SteuerverschwendungsBericht.

    • @DerLetzteLöschtDasLicht:

      Es gibt ihn. Er ist aber die ganz grosse Ausnahme in der Geschichte der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Den 'Schubladenausschuss' in Schleswig-Holstein von 10. März 1993 bis 12. Dezember 1995. Im Zusammenhang mit diesen Vorgängen trat nicht nur Sozialminister Günther Jansen zurück, sondern auch Ministerpräsident Björn Engholm (beide SPD). Damit erledigte sich auch seine wohl geplante Kanzlerkandidatur für die Bundestagswahl im Herbst 1994. Die 'Besonderheit' an diesem Untersuchungsausschuss war, dass mit Heinz-Werner Arens ein Parteikollege (und Ausschussvorsitzende) eine ziemlich schonungslose Aufklärungsarbeit betrieb. de.wikipedia.org/wiki/Schubladenaffäre

  • Wie man doch mit Lügen eigene schwerste Fehler neutralisieren kann!

    Schon zum Zeitpunkt der Kandidatur zur Vorsitzenden der EU-Kommission war diese Tatsache bekannt. Aber Merkel wollte ihre (wahrscheinliche) enge Freundin Leyen von dem Sumpf, in den sie sich als Verteidigungsministerin hineinmanövriert hatte, ins sichere Trockene führen.

    Solch eine unzuverlässige und nur auf ihren persönlichen Vorteil bedachte Person als DIE Führungskraft in der EU zu ernennen ist ein krasses Beispiel von Vetternwirtschaf tund Begünstigung.

    Der Vater von Leyen war schon ein einflussreicher Politiker in der CDU. Da verwundert es nicht, wie sehr die Tochter dort ohne eigene Verdienste protegiert wird.

  • Guter Rat ist eben teuer - und wenn man selber keine Ahnung hat muss man halt alles von der Pike auf hinzukaufen.



    So ist das eben, wenn Fachkompetenz überhaupt keine Rolle mehr spielt.

  • Also Hunderte Millionen Euro verpulvert und alles OK. Danke, Frau Leyen.

  • "Dennis Rohde (SPD) sagte, man werde wohl „keine weiteren Erkenntnisse mehr“ gewinnen. Sein vorläufiges Fazit zur Aussage der CDU-Politikerin: „Wir hätten uns mehr Demut erwartet“."

    Das war's dann? Keine Konsequenzen für die Beteiligten?

    Und dann wundert man sich in Berlin, warum es vielen Bürgern schwer fällt, diesen Staat ernst zu nehmen.