Ruderin über Atlantiküberquerung: „Das Meer sieht aus wie die Alpen“
5.000 Kilometer, 42 Tage, 1 Boot: Meike Ramuschkat ist mit Freundinnen über den Atlantik gerudert, als schnellstes Frauenteam der Atlantic Challenge.
taz: Frau Ramuschkat, hatten Sie auf Ihrem Trip auch mal Zeit, eine Runde im Atlantik zu schwimmen?
Meike Ramuschkat: Zwei von uns waren mal im Wasser, um das Boot von Muscheln zu befreien. Und Timna ist reingesprungen, als wir Delfine um uns herum hatten. Nur hat das so einen Platsch gemacht, dass die Delfine dann alle wieder weggeschwommen sind.
Sonst sind Sie pausenlos gerudert bei Ihrer Atlantiküberquerung?
Wir haben uns alle zwei Stunden abgewechselt: Zwei rudern, zwei machen Pause.
Puh, wieso tut man sich das an?
Ich habe den Entschluss gefasst, nachdem ich den Start auf La Gomera 2017 gesehen habe. Mich haben die Boote mit all ihren Details und die eingeschworenen Teams inspiriert. Und am Ende wollte ich einfach wissen, ob ich dazu körperlich und geistig auch in der Lage bin.
Und was haben Sie dann gemacht auf so einem engen Boot, wenn sie nicht gerudert sind?
Tagsüber hatten wir meist doch ein bisschen was zu tun, also essen, dokumentieren, den Weg checken. Meist waren wir in den zwei Kabinen an Bord. Und die sind extrem eng und feucht, am Ende sogar schimmlig. Das fand ich teilweise echt schlimm. Nachts haben wir dann versucht zu schlafen, immer so anderthalb Stunden.
Meike Ramuschkat, 33, arbeitet, wenn sie nicht gerade über den Atlantik rudert oder den Kilimandscharo besteigt, als Kardiologin.
Also war das Rudern fast angenehmer?
Ja. Zumindest, wenn nicht mal wieder viermal in einer Schicht eine Welle überschwappte und man bis auf die Unterhose nass wurde. Wir haben aber auch versucht, es uns schön zu machen.
Das heißt?
Wir haben uns natürlich viel unterhalten. Vor allem nachts war das wichtig, um nicht einzuschlafen. Anfangs haben wir da oft „Die drei???“ gehört, aber das war zu einschläfernd. Tagsüber hatten wir viel Musik über Boxen laufen – Schlager, Oldies, Hip-Hop, alles gemischt. Zur Weihnachtszeit auch mal Rolf Zuckowski.
Wie war denn das Weihnachtsfest?
Nicht so weihnachtlich. Die Tage vorher waren ziemlich hart und wir hatten alle nicht die Power, richtig zu feiern. Unsere Männer hatten uns so Tannenbäume aus Pappe eingepackt, aber die haben wir an dem Tag gar nicht ausgepackt. Wir wollten nicht zu lange Pause machen und Zeit verlieren. Steffi hat uns Stollen gebacken und mitgebracht – das war cool weihnachtlich.
Was gab es denn sonst zu essen auf dem Boot?
Viel Fertignahrung, die man mit Wasser zubereitet und Vollnahrungsshakes. Das Wichtigste waren die Snacks, so Sachen, auf die man Lust hat: Schokolade oder Salzstangen. Aber wir haben alle zwischen sieben und zwölf Kilo abgenommen.
War das nicht eine ziemlich langweilige Aussicht, die ganze Zeit nur Meer?
Ich habe nie gedacht, wie langweilig blau hier. Das Meer sieht da draußen aus wie die Alpen mit Tälern und Bergen, riesenhoch und wahnsinnig beeindruckend. Manchmal hatten wir Wellen, die waren bestimmt zwölf Meter hoch. Und bei Regen sind die Wellen ganz glatt mit so Pickeln drauf.
Wird einem da schlecht?
Ja, uns war ziemlich viel übel. Vor allem die ersten Tage, da war es besonders wild. Steffi hätte bestimmt gerne vorher gewusst, dass man so lange seekrank wird. Teilweise mussten wir unsere Schichten dann auch anpassen, weil Einzelne ausgefallen sind.
Und haben Sie auch mal andere Boote getroffen?
Tatsächlich nur ganz selten. Einmal kamen wir an so einem Frachter vorbei, dann haben wir die angefunkt, damit sie uns nicht übersehen. Die waren ziemlich verwirrt, was da mitten auf dem Atlantik ein Ruderboot macht. Und wir haben nur gesagt: „Big ship, big ship, hier ist Doris, bitte fahrt weit weg.“ „Doris“ hieß ja unser Boot.
Was passiert jetzt mit „Doris“?
Wir haben schon vor der Abfahrt den Verkauf geregelt. Ein britisches Ruderinnen-Team bekommt sie. Wenn alle Boote am Ziel angekommen sind, werden sie gemeinsam verschifft. Wir haben schon gehört: Unseres ist bisher das sauberste.
Und haben Sie sich verabschiedet?
Na ja, wir haben sie ausgiebig geputzt, das war eine Art Verabschiedung. Aber wir werden sie auch in England mit übergeben. Noch kleben da unsere Fotos und Sticker drin.
Was haben Sie an Land als Erstes gemacht?
Unsere Familien haben uns begrüßt, dann gab es Burger, Aperölchen und Haribos. Jetzt sind wir gemeinsam in einem Ferienhaus und machen noch ein bisschen Urlaub.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um Neuwahlen
Inhaltsleeres Termingerangel
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Überwachtes Einkaufen in Hamburg
Abgescannt
Lehren aus den US-Wahlen
Wo bleibt das linke Gerechtigkeitsversprechen?
Linkspartei nominiert Spitzenduo
Hauptsache vor der „asozialen FDP“
Obergrenze für Imbissbuden in Heilbronn
Kein Döner ist illegal