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Die WahrheitHarmloser Hüpfer

Immer mehr politisch Interessierte leben ihre hochflexiblen Meinungen beim intensiven Parteihopping aus. Manche verholpern sich dabei allerdings.

Alt-Hopper Otto Schily tauchte gern unvermutet aus dem Dunkel der Parteienlandschaft auf Foto: reuters

Albert Wiedekind sitzt in einem Schaukelstuhl in seinem Arbeitszimmer. Hinter ihm ein Bücherregal, in dem sich hauptsächlich politische Literatur von K wie „Kapital, Das“ (Marx) bis K wie „Kampf, Mein“ (Hitler) findet. Vor sich ruht auf seinem Schoß der Laptop mit seinem Facebook-Profil, in das er tagein, tagaus politische Kommentare hinein- und sich den Ärger damit vom Hals schreibt.

So brandmarkte er jüngst die Journalistenrunde im neu aufgelegten Internationalen Frühschoppen als durchweg „stramm links“, weil kein einziger von ihnen verteidigende Worte für Donald Trump oder Boris Johnson übrig hatte. „Warum diese Redaktion nicht einmal so einen brillanten Kopf wie Thilo Sarrazin einlädt“, murmelt Wiedekind. Jener sei als Autor doch auch so eine Art Journalist. Albert Wiedekind hat dessen Bücher alle gelesen. Sie sind ebenfalls unter K wie „Krisenliteratur“ eingeordnet.

Doch er speist seine Kommentare nicht nur aus Sarrazins und Hitlers Publikationen, sondern auch aus eigener Lebenserfahrung. Der Mittfünfziger ist aktives Parteimitglied. Wobei die Partei allerdings stets wechselt. Wiedekind war schon bei den Linken, den Grünen, den Piraten und der SPD. Aktuell (zu Zeiten des Redaktionsschlusses) ist er in der FDP. Denn Wiedekind ist Parteihopper. Und er ist damit nicht allein.

Parteihopper gab es schon immer, sagt der Politpsychologe Mirco Stöver. Früher waren es aber eher kleine harmlose Hüpfer wie Otto Schily, der bloß einmal von den Grünen zur SPD herübermachte. „Damals gab es aber auch weniger Auswahl“, so Stöver. „Die Parteienvielfalt, die zu immer mehr Wechselwählern führt, finden zunehmend eben auch die Parteimitglieder reizvoll.“

Immer nur bei einer Partei zu sein sei einfach langweilig, bestätigt auch Wiedekind, während er Musik auflegt („Was mögen Sie lieber? Hip-Hop oder Swing?“). „Mein politischer Geist ist viel zu facettenreich, als dass er nur für eine Partei reichen würde.“ Bei den Linken kämpfte er noch leidenschaftlich für soziale Gerechtigkeit, nun teilt der frisch Konvertierte die Vision seines aktuellen Parteichefs Christian Lindner: „Wir müssen eine Eigentümernation werden.“

Sozialdemokraten als Sozialdemokraten beschimpfen

Damals postete Wiedekind auch noch Buchtipps mit dem Titel „Kein Kapitalismus ist auch eine Lösung“ und geißelte den Neoliberalismus der Marke Lindner scharf. Heute giftet er gegen den Mietpreisdeckel. Als Sozialdemokrat vergaß er nie, alle Funktionsträger über den Klee für ihre wunderbare Arbeit zu loben, und pflichtete auch Martin Schulz bei in seiner Forderung nach den Vereinigten Staaten von Europa. Eine Vision, „die uns von Konservativen, Liberalen und Kommunisten“ unterscheidet. Heute beschimpft der frühere Sozialdemokrat Sozialdemokraten als Sozialdemokraten.

Da sich die Parteien immer mehr ähneln, strengt es Parteihopper mehr denn je an, ihre aktuelle politische Heimat im Auge zu behalten. Allzu leicht sind Parteifreunde mit Parteifeinden zu verwechseln. Stöver erwähnt einen Ministerpräsidenten der Grünen, der sich eigentlich bei der CDU wähnt. Ferner berichtet er von einem Parteifreund ebendieses Ministerpräsidenten aus Baden-Württemberg. Der wurde neulich auf einem Landesparteitag der AfD gesichtet, wo er sich heftig darüber beschwerte, dass man ihm keine Stimmkarte ausstellen wollte. Dabei war er noch gar nicht Mitglied geworden. Das hatte er wohl über den stressigen Alltag seines Oberbürgermeisteramtes im Schwäbischen einfach vergessen.

Zweimal in derselben Partei

Auch Albert hat sich beim Parteienhopping schon mal verholpert, erzählt er schmunzelnd, während er seinem Haustier, ein Grashüpfer, Futter hinstellt. Er war versehentlich zweimal bei den Linken. Eigentlich wollte Albert schon damals etwas Rechtes ausprobieren, wurde aber von Sahra Wagenknecht in die falsche Partei gelockt. Irgendwann fiel ihm dann auf, dass er bei diesem Haufen schon gewesen war. Albert hat sich nun eine Excelliste angelegt, um die Übersicht nicht zu verlieren.

Außerdem hilft sich Wiedekind damit, dass er bei jedem Parteiwechsel sofort das Design seiner Facebookseite anpasst. Gerne baut er sein Profilfoto in ein Wahlkampfmotiv seiner aktuellen politischen Weltanschauung ein. „Freiheit und Menschenrechte. Denken wir neu“, heißt es da im Moment (Redaktionsschluss beachten). „Die Erneuerung können wir nur selbst tun“ war das Titelbild zu der Zeit, als er in der SPD war.

„Damals nannte ich mich noch Udo-Wolpertinger-Voldemort, das ist mein zweiter Vorname“, lächelt er nostalgisch und erwähnt, dass auch sein Nachname einst ein anderer war. Er hat nach seiner Eheschließung den Namen seiner Frau angenommen, einer Psychiaterin. Stolz erzählt er, dass sie gerade an einer Doktorarbeit zur Psychopathologie Identitätsgestörter schreibt.

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18 Kommentare

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  • Parteihopping? Wat soll'n ditte, muss sich wohl der weltberühmte, bestbezahlte Polizeibeamte für gar keine Aufgaben und nebenbei hauptberuflicher Pseudogewerkschafter Rainer Wendt gefragt haben, wenn man doch auch mehrere Parteibücher gleichzeitig haben kann. Und siehe da, es dauerte bei ihm dann auch nicht lange und schon bot man ihm einen Posten als Staatssekretär in Sachsen-Anhalt an. Nur konnte der ja nicht ahnen, dass da noch andere mit ganz ähnlichen Maschen unterwegs sein würden. (;-))

  • Gibt ehemalige Linkswähler, die zur AfD übergelaufen sind. Die Frage nach deren geistigem Horizont sollte man aber wohl besser nicht stellen ...

    • @Trigger:

      Gemach Gemach. Neu is ditte ja nu wirklich nich. Newahr.

      kurz - “Die sind doch schon hinter der roten Fahne herjeloofen - wa!



      Als noch keen Hakenkreuz druff war!“



      Remember - Normal.

      • 0G
        05158 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Ne, ne ,ne!



        Dit ging och später.

        Rote Fahne



        www.youtube.com/watch?v=lesDgJNinKQ

        • @05158 (Profil gelöscht):

          Liggers.

          Wenn ich jetzt den Ziehvater von olle Onkel Herbert - Kurt Schumacher - mit



          “Rotlackierte Faschisten“ zitiere.

          kurz - Alles im Lack.

          unterm—- & btw - Reminiszenz -



          Die Klasse meines großen Bruderherz -



          Nach Rückkehr aus der Pause - Däh! -



          Die FDJ-Lappen - auf den Schulbänken!



          Zerrissen. Hermann-Schule Halle/Saale.



          (Nehme an - der gleichaltrige - ein paar Straßen weiter & ebenfalls sicher im “K‘nissenhaus“ - geborene Christian Stroebele - war nicht (mehr) dabei.



          Seiner da etwas schmallippigen Biografie Stefan Reineckes nach - war da die Familie - wg IG. Farben - Ableger Buna Leuna - bereits wohl nach Schkoppau umgezogen.

          • 0G
            05158 (Profil gelöscht)
            @Lowandorder:

            Tatsächlich. H.-C. Stroebele ist in Halle geboren.



            Nichts geht über wissenvermittelnde Foristen.

            Für alle ;-) in Halle geborenen:

            img.fotocommunity....04.jpg?height=1080

            browse.startpage.c...3a1f404c&t=default

            • @05158 (Profil gelöscht):

              Na Jung - mir ist diese Perspektive -



              images.app.goo.gl/N6nGrtHEVdMmxfTh7 - unvergessen



              & die dazu -



              images.app.goo.gl/Hq45Ln3MWchQC2eq7

              unterm—- servíce -



              Eine Doppelkirche - daher die je zwei unterschiedlichen Türme.



              War Lyonel Feininger - den ich als Pöks schon als Karikaturist bewundern lernte - eine Herzenssache. Klar.



              de.wikipedia.org/wiki/Lyonel_Feininger

              • 0G
                05158 (Profil gelöscht)
                @Lowandorder:

                Whow!!

                Das Bild vor einem hellen Hintergrund in einem klar strukturierten Raum. Passende Beleuchtung.



                Ich würde sagen, wir tun uns zusammen, verkaufen ein paar schloßähnliche Liegenschaften erwerben das Bild ,hocken uns davor, mit einem guten Drink in der Hand und schauen, schweigen und staunen.

                • @05158 (Profil gelöscht):

                  Jung. Mal Gaaaanz - Anners.

                  Kurz nach der Wende.



                  Beie Unfrisierten mal kleine Pause.



                  Gehnmer doch über Hunger&Elend übern (wie weiland min Ol) Harz & schaun mal nach dem amigeraubten - gegen viel Geld - aber immer noch nicht vollständig - rückgefundenen Ottonenschatz in Quedlinburrg & Däh!



                  Feininger-Museum. & Däh!2 - die



                  DDR-VEB-(bitte richtig aussprechen;)Reprowerkstätten!!!!



                  Von unfaßbarer Qualität - vom Original nur wg kl Aufdruck s.o. zu unterscheiden! & Däh!3 - 2 DM - das Blatt!

                  kurz - Alle! Eine fette Rolle.



                  Die Frontale Marktkirche in blau nicht dabei - aber - hängen überm Flügel - ua seine Seglerbilder herrlich. (zu faul zu wechseln - ja)



                  Das mit dem Drink 🥃 - geht aber klar.



                  (ps gerade seinen feinen KatalogBand -



                  At the Edge of the World - antiquarisch gefingert!) 🧐

                  • 0G
                    05158 (Profil gelöscht)
                    @Lowandorder:

                    Niemand hat die Absicht mir zu sagen, wie man DDR - Sprech richtig ausspricht...



                    Ich bin gerade dabei in ZVAB.com rumzusuchen. Ich hatte zwar den Namen Feininger im Ohr, aber Halle und jetzt kommts:



                    Berühmt geworden sind beispielsweise seine 1905 in Ribnitz und Damgarten entstandenen Zeichnungen der kleinstädtischen Idylle, ebenso seine Bilder von Kirchen und Dorfkernen des Weimarer Umlandes in Thüringen, wohin er sich zwischen 1906 und 1937 immer wieder für Arbeits- und Studienaufenthalte begab. Die Bilder sind meist nach den jeweiligen Ortschaften (Gelmeroda, Niedergrunstedt, Possendorf, Mellingen, Vollersroda, Tiefurt, Taubach, Gaberndorf, Oberweimar, Zottelstedt u. a.) benannt und durchnummeriert.

                    Dieses und der Tipp eines Westforisten(eigentlich Halle.....:-))



                    lassen wieder Entdeckerfreude aufkommen.

                  • @Lowandorder:

                    &Däh - leise rieselt der Kalk - aber daaa -

                    “ Marktkirche zur Abendstunde, 1930, Öl auf Leinwand, 100,7 x 85 cm, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Sammlung Moderne Kunst in der Pinakothek der Moderne, München“

                    Fiels mir wieder ein. Im Oskar Maria - erst Herr SINNfrei schwer bedeutsam anne Tür - dann Kerle Kerle - meine kluge schöne Oberprimaperle.



                    &



                    Schon davor - siehe oben - rechts im ersten Flur an ner weiß Wand - allseits Blickfangt - diese Hallsche Marktkirche -



                    Prangt. 😎

                    • 0G
                      05158 (Profil gelöscht)
                      • @05158 (Profil gelöscht):

                        Danke. Fein.

                        Beim zweiten - ahnt man via Bogen über der Orgel - wie & woher sich Kubismus herleitet.



                        & in eigener Sache - 👻 -



                        de.m.wikipedia.org...llische_Roland.JPG -



                        de.wikipedia.org/wiki/Hallescher_Roland



                        Als ich einige Jahre nach der Wende - vorher war‘s mir zu nah. Meine Guzzi aufgebockt auf dem Markt meiner Kindheit nachschlenderte - dachte ich - irgendwo muß hier doch der Roland rumstehn.



                        Der war mir als mindestens hochhaus groß in Erinnerung.



                        & Däh! - eine Gefragte -



                        “Wieso? - Sie stehn doch direkt davor!“



                        Brach ich in Gelächter aus.



                        (dem link wiki - entnehm ich - daß er - wie erinnert damals frei - am Schöffenhaus rumstand.

                        unterm—- kl. postDDR-bonmot —



                        Hatte schließlich Hunger & suchte am Platz ein auf Pizza gequältes - einer saß drin - nunja Restaurant auf.



                        “Nein. Nein.“ Fegte die BückwarenPerle auf mich nieder & alte Übung: “Wenn Sie sich bitte zu dem Herrn an den Tisch setzten wollen!“



                        Daß ich in schallendes Gelächter ausbrach - & der vereinzelte Herr breit grinste kurz vor Tipp Tipp am Kopp -



                        Bereinigte dieses Wehen aus der Gruft.



                        Angepisst brachte das eher verprömmelte DDR-Faktotum die Katte. 👺

                        kurz - Naja. Mann konnte es essen. 🥳

                        • 0G
                          05158 (Profil gelöscht)
                          @Lowandorder:

                          Wunderbar!

                          Eine sehr schöne, zeitgemäße Schilderung.(sozialistischer Realismus;-)) Ich getraue mir zu sagen Anlehnungen an J.R. zu entdecken.(BückwarenPerle!)

                          Das mit dem hochhausgroß ist mir als Provinzler damals(Mittelalter) in Börlin so gegangen. Hat sich alles eingeschliffen!

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Heute hier, morgen dort

    Who the Fuck is Elke?

    www.spiegel.de/pol...ann-a-1161508.html

  • Es ist Zeit für eine neue Sammlungsbewegung. Arbeitstitel: "Partei der verhinderten Bundestrainer". Die FDP, in die die meisten dieser ewig Besserwissenden ja natürlicherweise hinheingehören, wird mit der Betreuung dieser Dauer- Motzer und Ewig- Enttäuschten schnell überfordert sein. Nein, es braucht eine eigene Partei. Vielleicht wird so sogar die AFD entscheident geschwächt. Statt einer rechten Partei eine Partei der Rechthaber, vielleicht könnte man sie sogar "Die Opposition" nennen, denn das ist ihre natürliche Funktion und so erfüllt sie auch das Grundbedürfnis ihrer Wähler: zufrieden in der Unzufriedenheit.



    Aber im Ernst: natürlich ist es wichtig, dass Menschen in die Parteien eintreten in die sie auch gehören und so mithelfen, den Parteien mehr Profil zu geben. Florian Gersters Wechsel ist zum Beispiel unbedingt zu begrüßen, dass ein Maaßen oder ein Sarrazin endlich eine neue Heimat finden wäre auch wirklich wünschenswert. Übrigens hat es Wechsler schon immer gegeben, man sehe sich zum Beispiel nur die parteipolitische Vita eines Theodor Heuss an. Ausgerechnet einen Otto Schily hier als Ahnherren des Parteien- Hopping verkaufen zu wollen ist da ziemlich unseriös. Die 20.000 FDP- Mitglieder, die 17 Jahre zuvor nach der Wahl Kohls die Partei verließen und größtenteils zur SPD wechselten, passten hier wohl nicht so ganz ins Diskreditierungs- Konzept. Treue ist mitunter einfach sinnlos und die Aufgabe von Parteien ist nicht Kuscheligkeit sondern Bündelung von Engagement.

    • @Benedikt Bräutigam:

      FDP? - Liggers mal einer aus der Kiste.

      Ein (neuer) Kollege - der einst der Speichelleckerei a ministrale A&B-Besoldeter - überdrüssig war.



      “Kaum stand der Staatsmümmelmann für - Ach was! - Bildung fest. Da nahm das bis dato klägliche versprengte Häufchen am FDP-Stammtisch aber zügig - öh ministrable Ausmaße an.“

      & (Reißleine - mal a weng anders. Gell.



      &



      (Daß da Aspiranten mit 3 & ++ Parteibüchern auf den Schleimspuren unterwegs sind - soll nicht nur ein Ondit sein!)



      &



      (entre nous - auch im Justizbereich - rieb man sich im Flächenstaat - (“wer hier in der SPD ist - wär in Bayern in der CSU!“)



      Doch erstaunt die Äuglein.



      Welche Dauersitzenbleiber - plötzlich als strahlende Vorsitzende die Flure bevölkerten. Nich to glöben.



      Rein tonn katolsch warrn. 😱

      kurz - Voll in der Piep'n - eh’s noch grad so richtig Bieselt & Lasset. 🥳

  • Schade. Weleda-Schily zu Otto I. - etwas blass.



    (schon immer ein Einsteingehätschelter inne taz! 👹 )

    Anyway.



    „Freiheit und Menschenrechte. Denken wir neu“, heißt es da im Moment (Redaktionsschluss beachten). „Die Erneuerung können wir nur selbst tun“ war das Titelbild zu der Zeit, als er in der SPD war.“



    &



    Dazu. Aber Hallo. Dazu



    gibt’s ein around der XXtra-Sonderklasse.



    “ Menschenrechte als Kriegsmotiv - Normaler Alltag der internationalen Kriegsführung - Georg Schramm “ aktueller denn je.



    www.youtube.com/watch?v=WBji9r-RPlM

    unterm——



    Dank geht an @Ringelnatz1 for assist 🧐