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Australiens Kohlemine AdaniFridays gegen Siemens

Erstmals protestieren die Schüler*innen in Deutschland koordiniert gegen einen Konzern: Siemens – wegen seiner Mitarbeit an Australiens Kohlebergbau.

Brisbane, Australien, Proteste gegen den Bau der Adani-Carmichael-Kohlemine Foto: Dan Peled/imago images

Am Freitag wollen Schüler*innen von Fridays for Future an mindestens 20 Orten in Deutschland gegen Siemens demonstrieren. Während in Australien längst die Buschfeuer wüteten, hat der Konzern im Dezember eingeräumt, sich am Bau der umstrittenen Adani-Carmichael-Kohlemine im australischen Bundesstaat Queensland zu beteiligen. Siemens hat einen Vertrag über die Lieferung von Signaltechnik für die Eisenbahntrasse, auf der die Kohle abtransportiert werden soll.

„Siemens rühmt sich damit, bis 2030 klimaneutral werden zu wollen, und unterstützt im selben Atemzug den Bau einer Kohlemine, deren Betrieb die Einhaltung der Klimaziele quasi unmöglich machen würde“, schrieb Fridays for Future in einer Mitteilung.

Adani soll eines der größten Kohlebergwerke der Welt werden und aus fünf Untertageminen sowie sechs Tagebaustätten jährlich bis zu 60 Millionen Tonnen Kohle fördern. Der Transport des Brennstoffes bedroht auch das berühmte Great Barrier Reef.

Das Magazin Rolling Stone nannte die Mine das „verrückteste Energieprojekt der Welt“. Siemens macht laut Agenturen keine Angaben zum Volumen des Auftrags. Die dpa schreibt, im Konzern gehe man davon aus, dass es sich um eine vergleichsweise überschaubare Größenordnung handle.

Kaeser: „Ihr verdient eine Antwort“

Bereits im Dezember hatte Siemens-Chef Joe Kaeser auf Proteste reagiert und auf Twitter geschrieben, er nehme die Sorgen ernst und würde sich die Sache genau anschauen. „Ansichten und Entscheidungen könnten sich ändern, oder auch nicht. Aber ihr verdient eine Antwort“, so Kaeser damals. Siemens hat sich auf taz-Anfrage bis Redaktionsschluss nicht dazu geäußert, bis wann diese Antwort denn nun vorliegen soll.

Fridays-for-Future-Ak­ti­vis­t*innen haben bereits auf Hauptversammlungen von Konzernen wie RWE, Lufthansa, VW oder der Deutschen Bank gesprochen, um die Manager*innen zu mehr Klimaschutz zu drängen. „Wir wollen jetzt Druck aufbauen auf die Entscheidungsträger*innen“, sagt Carla Reemtsma, Sprecherin von Fridays for Future. Es sei das erste Mal, dass sich die Schüler*innen deutschlandweit für einen Protest gegen einen Konzern koordinierten.

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3 Kommentare

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  • Der Bau von Gasturbinenkraftwerken durch Siemens ist natürlich problematischer als die relativ geringe - Beteiligung an Lieferungen für eine Bahntrasse. Besonders die Lieferung von Gasturbinen in ein Land wie Ägypten mit viel Sonne und Platz in der Wüste für Solarparks.



    Aber hier ist eine Reaktion von Siemens wohl aussichtsreicher. Ein paar Teilerfolge wären für die Motivatioin von F4F sicherlich hifreich.

    • @meerwind7:

      Ich ziehe meinen Kommentar zurück. Es ist umgekehrt: Siemens hat eigentlich ein kommerzielles Interesse, dass es nicht zum Bau dieser Kohleminen kommt.

      In der ersten Baustufe (laut Rolling Stone 10 Mio. tonne p.a.) würde die Mine ca. 6000 MW Kohlekraftwerke versorgen. Die anfängliche Stromerzeugung kann alternativ auch mit der Kombination aus bis zu 6000 MW Windparks, bis zu 6000 MW Solarparks und 6000 MW GuD-Kraftwerken für die Residuallast, wenn weder Wind weht noch die Sonne scheint, erzeugt werden.







      Der Umsatz daraus wäre dann jeweils ca. 5 Mrd. € für die Windkraftanlagen und für die GuD-Kraftwerke (800 €/MW), also 10 Mrd. € potentieller Umsatz für Siemens Energy, und ein etwas kleinerer Betrag für die Solarparks, wo Siemens mit kleineren Anteilen beteiligt wäre.

      Im Endausbau sind die Zahlen sechsfach so hoch, verhindern die von der Bahnlinie erschlossenen Bergwerke also insgesamt rund 60 Mrd. € Umsatzpotential für Siemens.

      Die 10 Mrd. € bzw. 60 Mrd. € potentiell entgangener Umsatz in erster Näherung wären dann mit dem Marktanteil von Siemens im Wind- und im Gasturbinenmarkt zu multiplizieren, und mit der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem derartigen Umschwenken bei den Kohleabnehmern kommt. Also ist es durchaus eine Milliardenentscheidung für Siemens, selbst wenn es vordergründig nur um ein paar Signale geht.

      • @meerwind7:

        Und warum macht Siemens das dann überhaupt? Die haben den Vertrag doch scheinbar schon unterschrieben.

        Was Ihre erste Einschätzung angeht (potentiell feierbarer Erfolg für FFF) stimme ich aber zu.

        Ich rechne fest damit, dass Siemens hier nachgibt. Der Druck ist schon gigantisch.

        Leider ist der Aufwand im Verhältnis zum möglichen Erfolg extrem groß. Internetprotest und Straßenprotest nicht nur in Deutschland, sondern auch in Australien gegen ein Projekt, dass gerademal wenige Millionen Einnahmen generieren könnte. Und leider wird Siemens durch andere Alternativen ersetzt werden.

        Nur wenn FFF an diesem Thema dranbleibt und weltweit weiter Druck macht, könnte sogar das ganze Minenprojekt kollabieren. Das wäre dann wirklich ein Erfolg. Wenn auch nur einer von extrem vielen, die noch folgen werden müssen.

        Systematischer ist der Protest gegen die Politik. Konzerne sind nur mit extremem Aufwand kleinzukriegen. Hier wird ein Symptom bekämpft, aber nicht die Krankheit. Die Krankheit lautet: fossiler Kapitalismus.