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Koalitionskrise in Sachsen-AnhaltVersagen mit Nazi-Tattoo

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Die CDU und ihr Generalsekretär zeigen Solidarität mit dem extrem rechten Möritz. Das geht zu weit. Die Koalitionspartner müssen reagieren.

Zeigt in der Diskussion falsche Loyalität: Sachsen-Anhalts CDU-Generalsekretär Sven Schulze Foto: Peter Förster/dpa

E s gibt Ereignisse, die auf leisen Sohlen daherkommen und dann ein mittelschweres Beben auslösen. Nachrichten, deren Tragweite und Komplexität man erst im Nachhinein überblickt. Die Vorgänge in Sachsen-Anhalt um einen CDU-Kommunalpolitiker mit rechtsextremer Vergangenheit haben das Zeug dazu. Dort weigert sich die mit der SPD und den Grünen regierende CDU, sich von ihrem Kreispolitiker Robert Möritz zu distanzieren.

Dieser hat eingeräumt, 2011 als Ordner an einer Neonazi-Demonstration beteiligt gewesen zu sein. Zudem war er bis jetzt Mitglied des Vereins Uniter, der Verbindungen ins rechtsextreme Milieu hat. Und als sei das noch nicht genug, verfügt Parteifreund Möritz auch über eine Hakenkreuz-Tätowierung in Form der unter Rechtsextremen verbreiteten so genannten Schwarzen Sonne. Statt sich von dem Mann zu distanzieren, stärkt ihm die CDU Sachsen-Anhalt den Rücken.

Der Mann sei mit 19 Jahren noch jung gewesen und habe „aus falsch verstandener Loyalität“ den Naziaufmarsch bewacht. Der Kreisverband Anhalt-Bitterfeld hat Möritz nicht nur ohne Gegenstimmen das Vertrauen ausgesprochen. Nein, CDU-Generalsekretär Sven Schulze hat diese Entscheidung auch noch verteidigt. Von den Grünen hingegen, die empört auf die Sache reagierten, fordert er eine Entschuldigung und stellt den Fortbestand der Koalition infrage.

Der Fall Möritz zeigt exemplarisch, was zum einen in Landesverbänden möglich ist, die sich nicht klar von extrem denkenden und handelnden Mitgliedern distanzieren. Und deren Bundespartei zum anderen zu oft zögert, wenn es um die Unterwanderung von rechts geht. Doch auch die Grünen müssen sich angesichts der Vorgänge in Bitterfeld fragen lassen, was zu tolerieren sie noch bereit sind. Die CDU in Sachsen-Anhalt ist schon mehrfach mit Rechtsdralls aufgefallen.

Das Argument, den Koalitionspartner vor dem Kippen bewahren zu können, gelangt mit der Affäre Möritz an seine Grenzen.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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11 Kommentare

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  • Würde mich ja schon mal interessieren, was ich geschrieben habe, was der "Netiquette" widerspricht.

    Vielleicht wollte man sich aber einfach nicht mit der Aussage auseinandersetzen.

    Bisschen einfach gemacht, aber klar, so geht's auch.

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • Merke: sei wenige Monate ohne großartig eine Wahl zu haben in der Stasi-Ausbildung, dann bist du dein Leben lang verbrannt. Wenn du dann dreißig Jahre später den Posten eines Staatssekretäres annimmst, wirst du dafür zu Rechenschaft gezogen, auch wenn du noch niemanden geschadet, niemanden bedroht hast.

    Wenn du aber bekennender Faschist und Verfassungsfeind warst und dich aktiv für die Verbreitung deiner Ideologie eingesetzt hast, ja sie dir sogar auf die Haut hast malen lassen, dann bist du natürlich nur jung gewesen und deine freie Entscheidung war "falsch verstandene Loyalität".

    Wer mir noch mal erzählt, die CDU sei unter Merkel weitesgehend liberal geworden und der braune Filz hätte sich zur AfD verabschiedet, für den habe ich eine Gegendarstellung parat.

  • Deswegen gab es früher den antifaschistischen Schutzwall.

    • @sachmah:

      Der sollte allerdings in der anderen Richtung funktionieren.

      • @Adam Weishaupt:

        Die Zeiten ändern sich eben...

  • Es ist ja klar, zu den Landtagswahlen will die CDU den rechten Rand nicht mehr der AfD überlassen. So haben es die Sozialdemokraten in Dänemark ja thematisch auch gemacht. Das kostet die AfD mehr Stimmen, als jede Antifa-Demo. Das die Jugend in Sachsen Anhalt ja häufig und wechselnd mal etwas links- oder rechtsextrem ist, kommt offensichtlich vor. Deshalb sollte die Rückkehr ins moderate Lager auch ein Erfolgsmodell sein, gilt ja links desgleichen.

  • Um ihre Authenzität zu wahren müssen die Grünen die Koalition aufkündigen.

    Grün wird nur gewählt, wenn Sie nicht wie die anderen Parteien ihre Ziele opfern für die Macht. Gerade die Ziellosigkeit der anderen ist deren grösste Schwäche.

    • @Mitch Miller:

      Ja und nein, opfern für die Macht meine ich trifft es nicht. Man möchte versuchen sinnvolle Politik zu machen, für gesellschaftlichen Verhältnisse bessern um so dann auch gegen Frustwählertum eine Vision entgegen zu setzen. Ob das klappt? Keine Ahnung. Was ist alternativ? Bundesländer am Rande der Demokratie unter Quarantäne stellen?

  • Rechts ist rechts, egal in welcher Partei.

    • @wirklich wahr?:

      Ja. Aber der Fall wirft auch die Frage auf, ab wann ein Gesinnungswandel als solcher von wem anerkannt wird. Dass Exit zu wenig oder schlimmstenfalls gar kein Geld mehr bekommt wurde ja zu Recht skandalisiert. Aber wenn man die Ergebnisse nur schwer akzeptiert ist es auch schwierig. Im konkreten Fall liegt allerdings eher anderes vor. Die schwarze Sonne hat man nicht tätowiert weil man sich für keltische Mythologie interessiert. Und wenn man seine Ansichten wirklich geändert hat hat man einen großen schwarzen Fleck am Ellbogen.