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Demo gegen den MietendeckelVermieter im Klassenkampf

Der Eigentümerverband „Haus & Grund“ polemisiert weiter gegen den Mietendeckel. Im Dezember wollen die Vermieter gar auf die Straße gehen.

Buddy der Haus & Grund-Sensenmänner Foto: dpa

Berlin taz | Es dürfte ein spannender Termin in der Zuspitzung der mietenpolitischen Diskussion in der Stadt werden: Der Eigentümerverband Haus & Grund organisiert für den 9. Dezember eine Kundgebung gegen den Mietendeckel. Das geht aus einer internen Mail des Steglitzer Bezirksverbandes vom Dienstag hervor, die der taz vorliegt. Am Donnerstag soll das Gesetz in erster Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt werden. Vermutlich tritt es ab 1. März 2020 in Kraft.

In der Mail heißt es, dass es „den Regierungsparteien nicht um die Schaffung von Wohnraum geht, sondern um die Vergesellschaftung von Wohnraum“. Argumentativ baut man auf einen DDR-Vergleich: „In welchem Zustand sich vergesellschafteter Wohnraum befindet, konnten wir alle eindrücklich nach dem Fall der Mauer feststellen.“ Ebenso hätten sich negative Auswirkungen durch die Deckelung der Mieten in Westberliner Altbauten gezeigt.

Voraussichtlich ab 10 Uhr wollen die Eigentümer demonstrieren, genauere Informationen zu Ablauf und Ort gibt es noch keine. Von Haus & Grund war bis Redaktionsschluss niemand zu erreichen.

Katina Schubert, Vorsitzende der Berliner Linken, hatte bei einem Pressetermin zuerst von der geplanten Kundgebung berichtet und sprach von „neuen Methoden der Lobbyisten“. Die Heftigkeit der „überhitzten Diskussion“ um den Mietendeckel habe sie überrascht. Rouzbeh Taheri von der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ reagierte auf Anfrage der taz überrascht – und belustigt: „Die würden sich keinen großen Gefallen tun“, so Taheri zu der geplanten Demo.

Wenige Vermieterfreunde

Die Unterstützung für die Vermieter ist bislang überschaubar. So wird in der Mail auch dazu aufgerufen, eine Online-Petition gegen den Mietendeckel zu unterschreiben. Lediglich 2.500 Menschen von angepeilten 50.000 haben dies in den ersten zwei Wochen seit Veröffentlichung der Petition getan.

Auf der Website des Eigentümerverbandes werden Besucher seit einigen Tagen von drei animierten Sensenmännern mit einem Gesetzbuch empfangen. Die Gesetzesinitiative einer demokratisch gewählten Regierung wird damit als Horrorszenario verunglimpft. Schon vor dem ersten Senatsbeschluss zum Mietendeckel am 18. Juni hatte Haus & Grund für Aufsehen gesorgt, indem es seine Mitglieder dazu aufrief, noch schnell die Mieten zu erhöhen.

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13 Kommentare

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  • Ich finde es unfassbar, mit welcher Selbstverständlichkeit und Dreistigkeit die neuen Großgrundbesitzenden und Feudalmenschen, Neudeutsch: "Leistungsträger*innen", hier auf "ihr Recht" auf Ausbeutung ihrer neuen "Leibeigenen" pochen.

    Wer diese Begriffe übertrieben findet, vergegenwärtige sich bitte, ob ein wie auch immer geartetes, und selbst falls theoretisch als existent verstandenes, Recht zu existieren (im Idealfall: in unveräußerlichem Wohnraum) anderen Falls bei "uns" momentan gegeben wäre.

    Antwort: nein.

    Dazu dann der Arbeitszwang nach Hartz IV, der am 5. November vom Bundesverfassungsgericht abgesegnet wurde.

    Zurück in die Zeit vor 1918/19. Genau DAS ist es, worum es hier geht.

    • @amaya:

      Wie sieht die Gesellschaft aus, in der jeder das Recht hat:



      - an einem Ort seiner Wahl



      - mit dem Komfort seiner Wahl



      - und zu Preis seiner Wahl



      wohnen kann?

      Wie kann das aussehen? Wie soll das aussehen? Bitte einen konkreten, umsetzbaren Vorschlag und ich bin sofort dabei!

  • Auf die Straße gehen und für die eigenen Anliegen demonstrieren -

    - auf welch unerhört perfide und hinterlistige Methoden doch diese Leute kommen!

  • Die Sensengestalten (wieso "Männer", taz?) habe ich schon im Sommer auf der Website gesehen. Dass damit eine "Gesetzesinitiative einer demokratisch gewählten Regierung" verunglimpft würde, sehe ich nicht so. Es ist eine drastische Verbildlichung, was die Meinung der Vermieter ist, nämlich dass der Wohnungsbestand leiden würde.

    Wenn Vermieter als Haie oder Mietenmonster dargestellt werden, finden das die Leute lustig, denn es trifft ja die "Richtigen". Dann braucht man bei drei Comic-Sensengestalten nun aber auch nicht in Schnappatmung zu verfallen und dem etwas Antidemokratisches zu unterstellen.

    • @Klaus Bollino:

      @Tolle, die Frage ist ja mal ehrlich, wer hier diffamierendes Getue an den Tag legt. Wenn zum Beispiel Klaus Bollino überlebensnotwendigen Widerstand mit "Schnappatmung" umschreibt, ist das diffamierend. Wenn Menschen aus Profitgier auf die Straße gehen, ist das auch nicht ansatzweise vergleichbar mit Widerstand gegen diese marktbeherrschende Profitgier. Das der Mietendeckel nicht ausreicht, um systemimmanente Probleme wie den Profitzwang im Kapitalismus zu lösen, ist ja selbstverständlich — aber er ist ein Anfang, die Verhältnisse wieder besser zu sortieren. Wohnraum ist ein Menschenrecht, und was damit zur Zeit in Berlin passiert, ist vielfach ganz einfach nur Spekulation. Und dagegen gilt es, vorzugehen.

    • @Klaus Bollino:

      Es handelt sich um klassische unehrliche Lobbyarbeit, denn der Zustand der Häuser ist den meisten Immobilienbesitzern herzlich egal. Das lässt sich besonders gut beobachten, wenn mal wieder Altbauten verkommen gelassen werden, weil ein Abriss und Neubau ertragreicher ist als die Renovierung. Eine ehrliche Pressestrategie der Vermieter würde sich halt schlecht verkaufen, da an weiter steigenden Mieten eben nur die Vermieter Interesse haben und die Mieter nicht. An verfallenden Häusern (Vermieter sind so oder so in der Pflicht bewohnte Immobilien zu pflegen, das verändert sich durch den Mietendeckel ja nicht) und an der Wiederkehr der DDR hat kaum jemand Interesse. Also spielt die Lobby auf dieser Klaviatur.

      • @LesMankov:

        Was würden sie mit eigenem Eigentum auf ihrem Hof machen, wenn Abriss und Neubau günstiger ist als Sanierung?

        Und der Pflicht zur Erhaltung wird der Vermieter mit anderem Elan nachkommen, wenn er dafür nicht entsprechend bezahlt wird. Und genau das wird passieren. Und es passiert schon. taz.de/Neue-Vermie...n-Berlin/!5638744/

        • @Gastnutzer 42:

          "Ebenso hätten sich negative Auswirkungen durch die Deckelung der Mieten in Westberliner Altbauten gezeigt."



          Ich kann mich noch gut an die Zeiten der Mietpreisbindung für Altbauten in West-Berlin der 1980er erinnern. Ja genau, Vermieter haben die Häuser vergammeln lassen, genauso wie sie es vielfach heute tun. Und ebenso wie heute hatte das nichts mit fehlenden Mieteinnahmen zu tun - besah man sich den Luxus, in dem nicht nur unser Vermieter lebte - alles aus unseren Mieten bezahlt.

        • @Gastnutzer 42:

          Der Markt braucht die Armen nicht, aber alle Menschen brauchen Wohnungen.



          Demokratie statt Kapitalismus!

        • @Gastnutzer 42:

          Natürlich würde ich abreißen statt sanieren und natürlich würde ich mit weniger Elan an die Erhaltung der Immobilie rangehen. Die Frage ist aber, ob das legitim ist. Schließlich geht es um die Existenz von Menschen, die keine Immobilien besitzen. Dem Gewinnstreben im Kapitalismus müssen Grenzen gesetzt werden und das geschieht hier u.a. mit dem Mietendeckel.

          Genau deshalb bin ich der Meinung, dass der Immobilienmarkt stärker reguliert gehört, auch über den Mietendeckel hinaus, weil die Interessenlage von Vermietern (möglichst hohe Gewinne) und Mietern (möglichst niedrige Mieten) so unterschiedlich sind.

          • @LesMankov:

            Und wie soll eine solche Regulierung aussehen? Eine Wohnung wird frei, 10 Leute wollen sie haben. Wie soll entschieden werden, wer sie bekommt?

            Das einzige was helfen würde, wären mehr Wohnungen, eine bessere Anbindung an das Umland und/oder attraktivere andere Wohn- und Arbeitsgegenden.



            Alles andere ist Augenwischerei und Zeitverschwendung.

            • 0G
              08088 (Profil gelöscht)
              @Gastnutzer 42:

              Das Parteibuch

      • 0G
        08088 (Profil gelöscht)
        @LesMankov:

        Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, was der Unterschied zwischen einem organisierten Verband und einer organisierten verbandslosen Initiative sein soll. Beide können doch Anliegen vorbringen.

        Die Linke versucht, aber bereits die Meinungsäußerung mit diffamierenden Getue zu unterbinden: die einen werden als Lobbyisten "beschimpft"; die anderen werden gefeiert.