piwik no script img

Klimabedingte WetterextremeHorn von Afrika versinkt im Regen

Somalia und Südsudan leiden unter starken Überschwemmungen. Als Ursache gilt die Erwärmung des Indischen Ozeans vor Ostafrika.

Große Landstriche im Zentrum Somalias stehen unter Wasser Foto: ap

Nairobi taz | Schwere Überschwemmungen, verursacht durch zwei Monate mit starken Regenfällen, haben in Somalia und Südsudan über eine halbe Million Menschen in die Flucht getrieben. Und die Voraussagen versprechen bis Jahresende noch mehr schweren Regen.

Somalia ist eines der ärmsten Länder der Welt, die Regierung kontrolliert kaum Gebiete außerhalb der Hauptstadt, und die 15 Millionen Einwohner kennen eigentlich eher Dürre und Hungersnöte. Nun stehen weite Agrargebiete unter Wasser. Die Bauern im Süden des Landes haben ihre Äcker und Hütten meist direkt an den Flüssen, um die Bewässerung zu erleichtern. Jetzt sind die meisten Flüsse über die Ufer getreten und haben die Ernten vernichtet. Das Flusswasser stieg oft so schnell, dass fliehende Menschen nicht einmal ihre Kleider oder Kochtöpfe retten konnten.

„Dass Vertriebene unter freiem Himmel leben müssen, ist schlimm, aber jetzt drohen auch noch Malaria und Cholera“, sagt Abdi Abdullahi vom Roten Halbmond in der Stadt Beledweyne, die am schwersten getroffen ist. Laut dem Somalia-NGO-Konsortium, einem Bündnis von über 80 humanitären Organisationen, hat die Hälfte der 15 Millionen Einwohner Somalias jetzt zu wenig zu essen. „Die Krise in Somalia geht die ganze Welt etwas an“, meint Nasra Ismail, Direktor des Konsortiums. „Klimaschocks sind kein lokales Phänomen, sondern Ausdruck eines ökologischen Notstands.“

Vergleichbar dramatisch ist die Lage in Südsudan, wo seit sechs Jahren Bürgerkrieg herrscht und konfliktbedingt nach UN-Angaben beinahe 4 Millionen Menschen unzureichend Nahrung haben. Nun ist diese Zahl auf fast 6 Millionen gestiegen – etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Denn 15 der 18 Bundesstaaten Südsudans sind von nicht nachlassenden schweren Regenfällen betroffen.

Knietiefer Schlamm

Einer der schlimmsten getroffenen Orte ist Pibor im Osten des Landes an der Grenze zu Äthiopien. „Etwa 90 Prozent der Häuser stehen unter Wasser, wie auch unser Krankenhaus. Der Schlamm ist knietief und es gibt keine Elektrizität“, berichtet Edi Atte von Ärzte ohne Grenzen. Bauern haben ihre Ernte verloren und viele Hirten ihre Tiere. „Der Regenfall ist seit Jahrzehnten nicht so schlimm gewesen“, wird ein alter Viehhirte zitiert, der ein Dutzend seiner Kühe verloren hat.

Als Ursache für den heftigen Dauerregen gilt ein Klimaphänomen. Der westliche Indische Ozean, an dem Ostafrika liegt, ist derzeit wärmer als gewöhnlich. Forscher sagen, dass eine erhöhte Verdunstung des Ozeans über das Horn von Afrika weht und dort als Regen niedergeht – vor allem im äthiopischen Hochland, wo die nach Somalia und Südsudan fließenden Flüsse entspringen. „Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit mehr solche Ereignisse erleben“, sagte Nathanial Matthews von der Global Resilience Partnership in Stockholm. „Die Ozeane erwärmen sich aufgrund des Klimawandels.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Im Augenblick ist man nicht darauf vorbereitet. Aber wenn es dort in Zukunft öfter regnet, ist das eine positive Auswirkung des Klimawandels. Auch die Sahara könnte wie vor 4000 Jahren wieder grün werden.

  • Eigentlich müssten alle Leugner und Verharmloser, die nichts bzw. weit Unzureichendes für den Klimaschutz machen, hierzulande und in allen anderen Ländern mit verschwenderischem Konsum, mit einer Armada von klimafreundlichen Segelschiffen in all die klimagebeutelten Länder gesegelt werden um sich vor Augen zu führen, was die Klimakatastrophe auslöst. Vielleicht gäbe es dann ein Aufwachen.



    Stattdessen wird hier das Recht auf verschwenderischen Konsum wie Risenautofahren, Fliegerei, Massenfleisch- und Kuhbabymilchkonsum, Billigklamotten, Kreuzfahrten, Elektronik, höchsten Wohnkomfort usw. usw. verteidigt, als gehe es diesbezüglich ums Überleben. Das sollte man mal den bitterarmen Menschen erzählen, deren Haus mit allen Habseligkeiten werggeschwemmt wurde und nur noch die Flucht bleibt.



    Jede kleine geforderte Einschränkung wird hier als Freiheitsberaubung missverstanden.



    Man erinnere sich an den Veggiday. Oder die harmlose Forderung von Tempo 130 auf allen Autobahnstrecken. Und Windräder in der Landschaft. Direkt werden Politiker dafür abgestraft.



    Das ist auch der Hauptgrund, warum gewählte Politiker nicht handeln. Würden diese starke Konsumeinschränkungen fordern, die unbedingt notwendig sind für das 1,5°- Ziel gerade noch erreichen zu können würden die konsumverwöhnten Konsumenten diese Politiker direkt die rote Karte zeigen und abwählen.



    Auch die Grünen, die einzige Partei, die Klimaschutz wirklich ernst nimmt, wird dies leider schmerzlich zu spüren bekommen.



    Aber wir alle sollten deshalb nicht den Kopf in den Sand stecken. Viel weniger Konsum kann ein enorme Steigerung der Lebensqualität bedeuten.



    Z.B. warum sollte ein Urlaub mit dem Fahrrad an die Ostsee oder Kanu fahren auf den vielen deutschen Seen weniger Spaß bringen als der Billigflug nach Malle.



    Und nicht mehr als Ausbeuter und Naturzerstörer dazustehen ist Balsam für die Seele.



    Ganz nach dem Motto: "Weniger ist mehr".

    • @Traverso:

      "Vielleicht gäbe es dann ein Aufwachen."

      Vermutlich nicht. Denn die Leugner haben sich ja darauf besonnen, den Klimawandel als "nicht menschengemacht" zu verharmlosen. "Hab ich nichts mit zu tun" wäre die Reaktion auf solche Aufklärungsexkursionen.

      • @Mitch Miller:

        Bestimmt haben Sie Recht.