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Fraktionsvorsitzende der LinkenAmira Mohamed Ali gewählt

Die Linkspartei hat eine Nachfolgerin für Sahra Wagenknecht gewählt. Amira Mohamed Ali setzte sich gegen Caren Lay durch.

Amira Mohamed Ali, die neue Linken-Fraktionsvorsitzende Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch sind neue Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Mohamed Ali setzte sich knapp und erst im zweiten Wahlgang mit 36 zu 29 Stimmen gegen ihre Mitbewerberin Caren Lay durch. Dietmar Bartsch galt als einziger männlicher Kandidat als gesetzt. Mit nur 63 Prozent erhielt er ein denkbar schlechtes Ergebnis. Als sie auf der Fraktionsebene des Bundestages vor die Presse trat, betonte die neugewählte Fraktionsvorsitzende: „Es ist gut, wenn wir jetzt nach vorn schauen und das werden wir jetzt tun.“ Auf die Zerstrittenheit ihrer Fraktion angesprochen sagte sie, diese empfinde sie nicht als so schlimm wie dargestellt. „Wir können gut zusammenarbeiten und ich möchte jetzt mit jeder und jedem reden.“

Die 39-jährige Mohamed Ali hat einen ägyptischen Vater und eine deutsche Mutter. Geboren wurde sie in Hamburg, seit vielen Jahren lebt sie in Oldenburg. Bevor sie vor zwei Jahren in den Bundestag gewählt wurde, arbeitete sie als Anwältin. Ihre Themen im Bundestag sind unter anderem Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Kurioserweise besetzt also gerade die Nachfolgerin von Sahra Wagenknecht eher „grüne“ Themen.

Der Streit zwischen den Spitzenfrauen der Linken Sahra Wagenknecht und Parteichefin Katja Kipping hat auch die Fraktion tief gespalten. Während Katja Kipping die Themen der urbanen Mittelschicht, wie Klima und Migration, stark machte, stand Wagenknecht für einen klar sozialpolitischen und eher national verankerten Kurs. Turnusgemäß hat die Linksfraktion ihren Fraktionsvorstand nach zwei Jahren neu gewählt. Zusammen mit Bartsch hatte Wagenknecht die Fraktion seit 2015 geführt. Innerhalb der Fraktion rieben sich Abgeordnete zunehmend an dem Bündnis von Reformern um Bartsch mit den Parteilinken um Wagenknecht, das von ihnen als als reines Machtbündnis wahrgenommen wurde. Die Stichwahl zwischen den beiden Kanditatinnen mutete wie eine Fortsetzung dieses Machtkampfes an. Die Parteispitze hatte Caren Lay als Kandidatin inoffiziell unterstützt. Die Unterstützer:innen von Wagenknecht und Bartsch tendierten zu Mohamed Ali.

Die Anhängerinnen von Lay verließen nach der Wahl den Clara-Zetkin-Saal im Bundestag. Manche schüttelten stumm den Kopf, Lay selbst meinte nur „Schade.“ Sahra Wagenknecht sagte der taz, sie hoffe dass ihre Nachfolgerin und die Fraktion jetzt eine Chance bekämen. Sie selbst werde weiter ihre Arbeit im Bundestag tun. Der ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende der Linken Gregor Gysi sagte der taz, er hoffe dass sich seine Fraktion zusammenreiße. Mit Blick auf Mohamed Ali sei er da optimistisch: „Sie ist jung, sie ist tough, sie ist willens.“

Die Linke sehnt sich nach innerem Frieden. Die neue Fraktionsspitze wird nun daran gemessen werden, ob es ihr gelingt die Fraktion zusammenzuführen.

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10 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Die bemerkenswerteste Aussage des Artikels von Frau Lehmann stammt vom - einstigen - Hoffnungsträger und Inszenierungskünstler Gysi über Frau Ali:

    "Sie ist jung, sie ist tough, sie ist willens."

    Ich halte fest: Jungsein, Taffheit (was auch immer das sein mag) und Wille sind DIE Qualitätsmerkmale 2019 ff.

    Da bleibt mir nur der bekannte Trinkspruch:

    "Heinrich Soest,



    na denn: Prost."



    (funzt auch mit einem starken Kaffe)

    Und der baldige Rückzug ins Bett ...

    Bei dieser Abwärtsspirale düften für 2029 ausreichen:

    * Aufrechter Gang,



    * Essen mit Messer und Gabel,



    * Wortschatz von 100 Worten (da will ich mal großzügig sein).

    Horrido.

  • Zitat TAZ:



    "... stand Wagenknecht für einen klar sozialpolitischen und eher national verankerten Kurs."



    Eher national verankerter Kurs?



    Ich erinnere an Frau Wagenknechts Ablehnung der UNTEILBAR-Demo in Berlin 2018 mit Begründungen, die - jedenfalls für mein Gefühl - die Grenze zum mit sozioökonomischen Argumenten bemäntelten National-Egoismus bereits überschritten haben.

    • @RoteZora:

      Wir leben nunmal in einem Nationalstaat: Nicht nur was Symbole angeht. Auch Steuer-, Renten-, Rechts- und Sozialsysteme sind allesamt nationalstaatlich organisiert.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Eine überraschende personelle Entscheidung. Mögen dem weitere Überraschungen inhaltlicher Natur folgen.

    Wie ich hörte, soll es Linke geben, die förmlich danach gieren. Anderenfalls ist die Zukunft der Linken bereits Vergangenheit.

  • "Die Anhängerinnen von Lay verließen nach der Wahl den Clara-Zetkin-Saal im Bundestag. Manche schüttelten stumm den Kopf, ..."

    Da scheinen die Intriganten schon wieder ihr Spielchen zu spielen.

  • Eine gute Entscheidung.

  • "Die Linke sehnt sich nach innerem Frieden."

    Nicht so sehr wie sich Journalisten nach einfachen Allaussagen sehnen...

    Lassen Sie doch die Mischung aus Kaffesatzleserei und Belanglosigkeiten.

    • @pitpit pat:

      Zum Glück darf die Autorin noch selber entscheiden, was sie läßt und was nicht.

      Im übrigen dürfte es besagter Satz sogar ziemlich genau treffen.

      • @Nachtvogel:

        und zum Leidwesen der Allgemeinheit und des Ansehens der taz hat kein Kollege sie davon abgehalten...

        Es ist das Wesen von Belanglosgkeiten, dass sie zutreffen. Deshalb werden sie meist auch aus anderen Gründen als dem unmittelbaren Wortsinn ausgeprochen.



        Z.B. um die Dramaturgie einer Soap-Opera über die Politik zu legen.

  • Da setzt sich also ein politischer "No-name" gegen die von der Parteiführung "inoffiziell" unterstützte Vizefraktionsvorsitzende durch. Ob Riexinger und Kipping die Zeichen an der Wand lesen können ? Gewogen und für zu leicht befunden.