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Spiegel-Redakteur Rafael BuschmannVerzicht auf Chefposten

„Spiegel“-Reporter Rafael Buschmann lehnt die Beförderung zum Investigativ-Chef ab. Hintergrund ist eine dubios recherchierte Story.

Rafael Buschmann wird nun doch nicht Investigativ-Chef beim „Spiegel“ Foto: Future Image/imago

Es ist die Geschichte einer fragwürdigen Recherche, die dem Spiegel seit Jahren nachhängt und die den Redakteur Rafael Buschmann jetzt den Aufstieg zum Abteilungsleiter kostet. Buschmann, 37, Spiegel-Investigativreporter und ab 2016 dort zuständig für die Football-Leaks-Recherche, verzichtet wegen einer offenbar haltlosen Behauptung jetzt auf den Chefposten im Ressort Investigativ. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung und beruft sich auf eine Nachricht aus dem Intranet des Magazins.

Die Süddeutsche zitiert daraus Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann: „Rafael hat mir angeboten, auf die Beförderung zum Teamleiter zu verzichten.“ Er habe dieses Angebot angenommen. Es ist das Ergebnis einer längeren internen Untersuchung zu Buschmann und seiner Geschichte über angeblichen Wettbetrug bei der Fußball-WM in Brasilien.

Alles beginnt am 19. Juni 2014, es läuft die Fußball-WM der Herren und in der brasilianischen Stadt Manaus schlägt Kroatien Kamerun in der Vorrunde 4:0. Knapp zwei Wochen später erscheint im Spiegel ein Artikel, in dem es heißt, der Singapurer Matchfixer Wilson Raj Perumal habe im Facebook-Chat mit einem Spiegel-Redakteur den Ausgang des Spiels exakt vorhergesagt. Der Redakteur war Buschmann.

Damit hätte der Spiegel einen Matchfixing-Skandal bei der WM aufgedeckt. So war es aber nicht.

Der „Spiegel“ lieferte keinen Beleg

Wilson Raj Perumal ist zu diesem Zeitpunkt schon ein berühmter Krimineller und hat in mehreren Fällen weltweit durch Bestechung Einfluss auf den Ausgang von Fußballspielen genommen. Im Fall Kroatien – Kamerun aber widerspricht Perumal der Darstellung des Spiegels umgehend: Perumal gibt an, erst nach dem Ende der Partie mit Buschmann gechattet zu haben – und legt Screenshots vor, die nahelegen, dass er recht hat: Ein Facebook-Chat zwischen Buschmann und Perumal, wo die Partie erst im Nachhinein angesprochen wird und Perumal sagt, er sei darin gerade nicht involviert.

Dabei bleibt es dann ein paar Jahre. Der Spiegel legt lange keine Gegenbeweise vor, veröffentlicht aber auch keine Richtigstellung der Geschichte. Als im Juli dieses Jahres Buschmanns Beförderung zum Leiter des Investigativ-Ressorts im Gespräch war, griff das Portal Übermedien die Perumal-Geschichte auf.

Der Spiegel, mittlerweile gebeutelt durch den Relotius-Fall, die nachfolgende interne Untersuchung und die ausgesetzten Beförderungen der verantwortlichen Redakteure, musste nun also auch eine Untersuchung zu Buschmann anstellen. Deren Ergebnis ist nun also, das dessen Beförderung abgesagt ist. Buschmann bleibt weiter Redakteur des Ressorts.

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1 Kommentar

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  • Wo bleiben denn die massenhaften Rücktritte in der Führungsriege des Spiegels wegen der Relotius Affäre? Drauf warte ich jetzt seit bald einem Jahr!