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Gebühren für TV und StreamingKostenfalle Glotze

Rundfunkbeitrag und die Streaminggebühren einer Vielzahl von Anbietern zusammen lassen das Fernsehen immer teurer werden.

Wer was sehen will, muss zahlen Illustration: imago images/Ikon Images

Die nächste Runde im TV- und Serienboom beginnt gleich im Herbst: Disney und Apple starten ihre „+“–Mediatheken. Disney etwa verfügt über ein riesiges Reservoir an Material, darunter beispielsweise sämtliche „Star Wars“-Verfilmungen. Also noch mehr erstklassiges Bewegtbild, das sich jederzeit abrufen lässt? Ja, aber auch weitere Angebote, die bezahlt werden müssen. Und das kann sich schnell summieren.

Jeder Haushalt muss zunächst den monatlichen Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,50 Euro bezahlen. Damit darf man die öffentlich-rechtlichen Sender empfangen. Geschieht das nicht terrestrisch, sondern über Kabel, Internet oder Satellit, fallen weitere Kosten an. Ebenso, wenn man die privaten Sender in HD-Qualität schauen möchte. Und für Mediatheken und Sender-Apps wäre ein leistungsstarker Internetanschluss ebenfalls nicht schlecht, und schon ist der Durchschnittshaushalt für die Grundversorgung bei bis zu 50 Euro, die alle vier Wochen fällig werden.

Aber erst dann wird es ja richtig spannend, denn nun locken die Strea­mingdienste mit ihren exklusiven Serien. Amazon zum Beispiel verlangt 8 Euro im Monat, für ganz aktuelle Filme werden außerdem noch zusätzliche Gebühren fällig. Aber das ist nur ein Angebot von vielen, auf die sich die interessanten Inhalte verteilen, sodass man als Serienfan mindestens zwei Abos benötigt, um alles zu schauen, was gerade angesagt ist.

Für Sportfans wird es dann noch einmal richtig teuer: Für das Sky-Sport-Paket etwa kommen für Neukunden das erste Jahr 15 Euro, für Bestandskunden 40 Euro obendrauf. Ausgaben zwischen 70 und 100 Euro sind also leicht erreicht. Obwohl die Branche selbst mit euphorischen Zukunftsprognosen zurückhaltend ist, entstehen immer mehr Angebote. Gerade die großen Hollywoodstudios verfügen über ausreichend Premium-Content, den sie gegen Gebühr anbieten können. Ein Konzern wie Disney könnte dann noch mehr Inhalte auf der eigenen Plattform bezahlungspflichtig anbieten. Das hätte zur Folge, dass die Verwertungszyklen sich verlängern: Es würde noch länger dauern, bis ein Blockbuster im „Free TV“ ausgestrahlt würde. Wird TV für das Publikum also zukünftig immer teurer?

Jeder Sender mit eigenem Streaming

„Die Kosten für die Konsumenten können explodieren“, stellt auch René Jamm fest. Dabei ist der Geschäftsführer von Warner TV selbst ein Nutznießer des Booms. Immer mehr Kunden aus allen Bereichen beauftragen ihn, Filme, Serien oder Shows zu produzieren. Einmal für alles bezahlen und dann Zugriff auf sämtliche Angebote erhalten – das wäre nicht nur aus seiner Sicht eine mögliche Lösung. Wie so etwas aussehen kann zeigt die Videoplattform „Joyn“, die ProSiebenSat.1 gerade gestartet und alle Sender eingeladen hat, sich daran zu beteiligen.

Als Serienfan benötigt man mindestens zwei Abos, um alles zu schauen, was gerade angesagt ist

Aber auch hier wird offenbar, dass die unterschiedlichen Interessen der diversen Anbieter ein gemeinsames Vorgehen oft verhindern: Der Privatsender RTL setzt lieber allein auf sein Bezahlportal „Now“. Daneben sind die großen Provider wie beispielsweise Telekom oder Vodafone inzwischen ebenfalls ins Inhaltegeschäft eingestiegen. „Von diesen Playern ist noch einiges zu erwarten, sie werden den Markt noch einmal deutlich aufmischen“, prognostiziert Jamm.

Ob die Zahlungsbereitschaft deutscher Kunden ausreicht, um dieses Universum an Bewegtbildinhalten zu finanzieren, ist unklar. „Wer soll das denn alles noch anschauen“, fragt sich der TV- und Kinoproduzent Michael Souvignier, „es ist jetzt schon absehbar, dass ein Konsolidierungsprozess einsetzen wird und einige Anbieter vom Markt verschwinden werden“.

Er und Jamm sind sich einig, dass Deutschland als Medienmarkt weltweit sowieso einzigartig ist. Und das sei den öffentlich-rechtlichen Sendern zu verdanken: Sie böten ein hervorragendes Vollprogramm. Nicht zuletzt deshalb erklärte ZDF-Intendant Thomas Bellut, angesprochen auf die Programmoffensive von Netflix, die eine Milliarde Dollar pro Jahr für Programme investierten: „Das ZDF gibt jedes Jahr zwei Milliarden Euro für ein Programm aus, das nur für den deutschen Markt bestimmt ist.“

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9 Kommentare

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  • Zu den Kosten sind auch die Ausgaben fuer Werbung bzw. die dadurch erhoehten Produktpreise zu zaehlen (z.B. dass ein Adidas-Turnschuh aus Plastik leicht mal 150 statt 30 Euro kostet).



    Die Gesetzgebung koennte dem Kostenanstieg einen gewisen Riegel vorschieben, indem sie nur einen Vermarktungsweg zuliesse. Also entweder Werbung oder Pay-TV, aber nicht beides gleichzeitg.

  • Man kann sich selber nur einen Gefallen tun indem man den Fernseher ausgeschalten lässt.



    Bei dem was einem bei den öffentlichen Sendern zugemutet wird kann man nur vermuten, dass diese Sender keinen Bildungsauftrag, sondern einen Verdummungsauftrag haben.

    Und die Gebühr dürfen sie den Leuten auf jeden Fall abpressen, selbst wenn die Menschen nicht mal einen Fernseher haben.



    So was kann man schon als staatlich sanktionierten Diebstahl bezeichnen.

  • Wieder mal vergessen werden die indirekten Kosten, die auf die Nutzer abgewälzt werden. Werbung im Kommerz-TV wird auf die Produktpreise aufgeschlagen und die zahlen dann alle, egal ob sie Glotzen oder nicht! Schon zu Zeiten von Premiere und Leo Kirch war die Bereitschaft, für TV-Angebote zu zahlen begrenzt. Ohne Bundesliga hätten Premiere-Sky längst ihren Laden zumachen können.

  • Da ich kein Fernsehen schaue und trotzdem die Gebühr von 17,50 bezahlen darf, liegt mein Ertragsverhältnis sogar noch schlechter.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Obwohl man bezahlen muss, muss man noch lange nicht schauen. Glotzen macht doof - egal wie teuer!

  • „Die Kosten für die Konsumenten können explodieren“



    Ja, spätestens dann, wenn man die Hotspots und Events aus dem BezahlTV auch noch live sehen möchte, zum Beispiel vom Mond aus...



    Oder man lässt es einfach bleiben, laufend TV zu konsumieren, dann explodiert auch nichts, und verpassen tut man i.d.R. auch wenig bis nichts.

  • Amazon Prime kostet 5,75 Euro im Monat.

    Kostenloses Fernsehen ist nur dann kostenlos, wenn die eigene Zeit nichts Wert ist. Wenn ein 120 Minuten Spielfilm mit allen Pausen auf 2,5 bis 3 Stunden kommt, ist beim aktuellen Mindestlohn 1 Film schauen schon fast 10 Euro teuer. Die Gründe fürs Internetfernsehen sind seltener die Preise als die Möglichkeiten. Genaugenommen die Möglichkeit seine Wunsch Filme dann zu sehen wann man möchte. Serien in der Original Reihenfolge , und die Möglichkeit jederzeit eine Pause zu machen und dann weiter zuschauen. Und das ganze ohne störende Werbung.

    Die Überlegung ob das Fernsehen durch die neuen Mitspieler teurer wird, darf man auch stark anzweifeln. Unsere Generation Netflix sagt normal an, das sie halt ein Abo kündigen und sich dann ein anderes holt. Jeder Anbieter hat genug Auswahl um einen Monat sich amüsieren. Um dieses Verhalten zu kontern müssen die Anbieter entweder mit Verbesserung der Leistung oder fallenden Preisen für Langzeitbindungen ködern. Aus markwirtschaftlicher Sicht ist mit einen Preiskampf zu rechnen , bis der Markt sich bereinigt hat.

    Ein weiterer sehr wichtiger Punkt der im Artikel vollständig fehlt , sind die Sparten Anbieter. Als Freund von Sendungen abseits des Mainstreams hat man da tolle Angebote von Sendungen sie niemals im Free TV gelandet wären.Setzt man Kabel TV Preise von 20 Euro im Monat aber 24 Monaten Laufzeit an, kann man sich fürs gleiche Geld Netflix und Prime leisten und einen Sparten Wunschsender nehmen. Das Unterirdische Service Preis und Qualität Angebot ist da keine Konkurenz, solange man nicht wirklich seine Fussballmanschaft Live sehen will, und da ist eine Saisonkarte klar besser.

    • @SaberRider:

      Unten fehlte ein Sky. im letzen Satz

  • 8G
    88059 (Profil gelöscht)

    Was sich gerade bewegt, sieht man an den mittlerweile wieder steigenden Abrufzahlen illegaler Angebote.

    Entweder die ganze Streaminggeschichte konsolidiert sich sehr schnell oder viele Nutzer werden sich daran gewöhnen, dass man die Sachen eh auf Umwegen gratis kriegt - das hat die Musikbranche bereits mitgemacht und sich nicht mehr davon so richtig erholt.