Petition für „The Peanuts“ gegen Apple: It’s Neoliberalism, Charlie Brown

Apple hat die Rechte an „The Peanuts“ gekauft. Hundertausende US-Amerikaner*innen wollen die Kinderserie auch ohne Abo sehen.

Snoopy und die Peanuts sitzen auf einem Hügel

Die Kinderserie „The Peanuts“ ist in Zukunft nur noch mit einem Apple-Abo zu sehen Foto: United Archives/imago

Für Michael Nebbia gibt es nur noch eine Sache, die US-Amerikaner*innen zusammenhält: Die Animationsserie „The Peanuts“, mit ihren Charakteren Charlie Brown, seiner Schwester Sally, dem Hund Snoopy und dessen kleinem Vogelfreund Woodstock. Sie lief bis vor Kurzem noch im Fernsehen. Doch ausgerechnet von dieser Reihe hat sich der Großkonzern Apple kurz vor der Wahl die exklusiven Rechte gekauft, man braucht nun ein Apple-Abo, um sie zu ­sehen. Das möchte Michael Nebbia ändern – und hat dazu eine Petition an Apple und WildBrain Studios (den aktuellen Rechtebesitzer der Serie) gerichtet.

Seit seiner Kindheit ist Nebbia Fan der Peanuts. Dabei ist die Kinderserie doppelt so alt wie er: 1950 erschien der erste Peanuts-Comic von Charles M. Schulz, 15 Jahre später wurde der erste Teil der Cartoon-Reihe „Charlie Brown Specials“ ausgestrahlt.

Die autobiografisch inspirierten Geschichten zeichnen die Erlebnisse einer kleinen Kinder-Gang aus der US-amerikanischen Vorstadt nach – melancholisch, pannenreich, patriotisch. Seit Beginn war die Serie ein voller Erfolg: Die erste Ausstrahlung der Folge „A Charlie Brown Christmas“ 1965 erhielt 55 Millionen Zuschauer und einen Emmy, die weiteren Folgen steigerten die Beliebtheit der Reihe weiter. Nun erhofft sich Apple, von dieser Popularität zu profitieren: Auf seinem Streamingdienst Apple TV+ sollen von nun an die klassischen Peanuts-Specials sowie weitere Charlie-Brown-Produktionen zu sehen sein.

Doch statt brav ihren Fünf-Dollar-pro-Monat-Vertrag abzuschließen, sind die Fans entrüstet. „Seit über 70 Jahren sind diese Charaktere Teil unserer Kindheitskultur“, sagt Michael Nebbia während eines Gesprächs über Zoom. Die Wut in seiner Stimme ist nicht zu überhören. „60-, 70-, 80-Jährige haben diese Charaktere schon als Kinder liebgewonnen, schauen die Specials nun zusammen mit ihren eigenen Kindern, mit ihren Enkeln. Da steckt so viel Liebe dahinter, so viel Tradition und Verbundenheit. Die wird uns durch die Geldgier von Apple einfach weggekrallt!“

Abgang Trump, Auftritt Joe Biden. Ein Portrait des mutmaßlich neuen US-Präsidenten lesen Sie in der taz am wochenende vom 7./8. November 2020. Außerdem: Eine Frau ist unheilbar krank, sie entscheidet sich für Sterbefasten. Ihre Tochter begleitet sie in der letzten Lebensphase. Eine Geschichte vom Loslassen. Und: Träumen wir uns in Lockdown-Zeiten weit weg. Mit der guten alten Fototapete. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Charlie Brown ist das Gegenteil von Apple

Auf Twitter erfuhr er davon – und merkte nach dem Aufsetzen seiner Petition schnell, dass er mit seiner Wut nicht allein ist: Drei Tage danach hatten 4.000 Menschen unterschrieben, eine Woche später waren es 150.000. Selbst mitten im Wahlchaos gewinnt die Petition jede Sekunde eine weitere Unterschrift.

Mittlerweile hoffen knapp 240.000 Menschen, dass WildBrain und Apple der Forderung nachkommen, die sie an die beiden Firmen gerichtet haben. Wenn nicht, bleiben für Peanuts-Fans nur zwei Optionen: Boykott oder Abo. Diese Situation ist ein Symptom des „Streamingkriegs“, in den Apple mit Netflix, Amazon und Disney eingestiegen ist. Für die einzelnen Kon­su­men­t*in­nen bedeutet das, zunehmend in Abos gezwungen zu werden, um sich anschließend die Filmauswahl diktieren zu lassen. Eine Auswahl, die immer weiter unter den Produktivitätsdruck der Sillicon-Valley-Mentalität gerät.

Dass Apple sich mit seiner Entscheidung die Peanuts-Fans zu Feinden gemacht hat, ist vielleicht nicht ganz zufällig. Tatsächlich verkörpert Charlie Brown genau das, was Apple nicht ist: Er ist nachdenklich, oftmals zu langsam, meistens erfolglos – und doch charismatisch. Nicht für seine übernatürlichen Leistungen liebt man ihn, sondern für seine menschlichen Mängel.

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