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Vorschlag zur VermögenssteuerLanger Anlauf

Die SPD will eine moderate Vermögensteuer einführen. Die soll 10 Milliarden Euro einbringen. Allerdings gibt es da ein paare heikle Punkte.

Laut Schäfer-Gümbel unklar, ab welcher Vermögenshöhe die Steuer anfallen soll Foto: dpa

Es war ein großer Erfolg der Parteilinken. Gegen den zähen Widerstand der Führung bekam ihr Antrag eine klare Mehrheit auf dem Parteitag: Die SPD wird „durch die Einführung der Vermögensteuer Vermögende stärker in die Verantwortung für das Gemeinwohl nehmen“. Das war 2009, Sigmar Gabriel war gerade zum Parteichef gewählt worden.

Die Vermögensteuer ist 1996 nach einem Urteil des ­Bundesverfassungsgerichtes abgeschafft worden. Seitdem liegt ihre Wiederauflage auf Halde – und wird quasi zum Berliner Flughafen unter den Anträgen auf SPD-Parteitagen. Doch Thorsten Schäfer-Gümbel hat nun angekündigt, dass die SPD nach langem Anlauf endlich Ernst machen will. In einem Interview mit der Rheinischen Post hat der derzeitige kommissarische SPD-Chef die Grundzüge des Konzepts skizziert.

Multimillionäre und Kapitalgesellschaften sollen jährlich bis zu 1 Prozent ihres Vermögens an den Staat zahlen. Bei wirt­schaftlichen Problemen soll die Steuer ausgesetzt werden können. Superreiche sollen stärker belastet werden als Millionäre. Arbeitsplätze seien keinesfalls in Gefahr, sagt Schäfer-Gümbel.

Der SPD-Mann, der seit 2017 die Vermögensteuerkommission seiner Partei leitet, sieht auch einen weiteren oft formulierten Vorbehalt gegen die Steuer ausgeräumt: Man werde Betriebs- und Privatvermögen so bewerten, dass die Steuer verfassungsgemäß ausfalle. 1995 hatte das Bundesverfassungsgericht die Vermögensteuer wegen ihrer Bemessungsgrundlage kassiert. Die Umsetzung des SPD-Vorschlags würde dem Staat bis zu 10 Milliarden Euro bringen. Das Konzept ist moderat. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (DIW) hatte 2016 taxiert, dass eine Vermögensteuer je nach Ausgestaltung zwischen 10 und 20 Milliarden Euro einbringen kann.

Klar ist: Mit der Union wird eine Vermögensteuer, egal wie kleinformatig und flexibel sie auch gestaltet wird, nicht durchsetzbar sein

In der Bundesrepublik ist die Substanzbesteuerung – also Erbschaft- und Vermögensteuer, – verglichen mit den USA oder Großbritannien, äußerst gering. Dort ist sie etwa fünfmal so hoch.

Klar ist: Mit der Union wird eine Vermögensteuer, egal wie kleinformatig und flexibel sie auch gestaltet wird, nicht durchsetzbar sein. Sympathien gibt es dafür bei den Grünen und der Linkspartei, der der SPD-Vorschlag längst nicht weit genug geht.

Dem SPD-Konzept fehlt noch das Konkrete. So ist laut Schäfer-Gümbel unklar, ab welcher Vermögenshöhe die Steuer anfallen soll. Ziel der Steuer soll auch sein, jene Großverdiener zur Kasse zu bitten, die „selbst in der Finanzmarktkrise überproportional von der wirtschaftlichen Lage profitiert haben“.

Das Konzept soll der SPD-Parteitag im Dezember beschließen, ziemlich genau zehn Jahre nach dem Dresdener Parteitag 2009. Schäfer-Gümbel zieht sich nach dem Parteitag aus der Politik zurück – kein gutes Omen für die Zukunft der Vermögensteuer der SPD.

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17 Kommentare

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  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Wenn die 2% Wohlhabensten diese Zustzsteuer zahlen müssten, dann wären auch die Politiker dabei.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Wenn der Staat mit dem Geld, was er den Bürgern abnimmt, abständig umginge.....

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Heisst, ein kleiner Betrieb mit einer handvoll Mitarbeitern mit einem Betriebsvermögen in Höhe von 1Mio Euro in Form von Gebäuden und Maschinen zahlt in Zukunft jährlich noch 10'000Euro Vermögenssteuer. Egal wieviel er mit dem Betrieb erwirtschaftet. Einfach weil er da ist. In Ergänzung zu allen anderen Steuern. Weil der Eigentümer der böse neoliberale, postkoloniale, alte weisse Mann ist, der Umwelt und Mitmenschen ausbeuten. Ja SPD, du bist auf einem guten Weg.



    Und nein, es geht nicht nur um die ganz Großen. Wenn man mit 10Mrd Einnahmen rechnet, dann nimmt man Vermögen in Höhe von 1 Billionen Euro ins Visier. Da reichen Albrechts, Reimanns, Quandts und Co als Ziel nicht aus.

  • Es wäre mal schön, wenn faktisch korrekt berichtet wird.



    Die Vermögenssteuer ist nicht abgeschsfft, sonder wird nicht erhoben, da das Verfassungsgericht die ungleiche Bemsüessung der diversen Vermögenskatrgorien moniert hat.

    Es gilt halt, alle Vermögensarten annähernd gleich und systematisch zu erfassen. Das ist hinsichtlich Immobilien und Firmen mit einfachen ststistischenMitteln grundsätzlich und einfach möglich, auch wennes dutzende Nörgler geben wird, dass das ja nicht jeden Einzelfall 100% korrekt abbildet.

    Das, was mich am meisten stört, ist, dass die SPD li kd blinkt, aber seit 15 Jahren rechts fährt. Erst, wenn ein Vorsitzrnder und Spitzrnkandidat und viele andere die Vermögenssteuer als wesentlich in einem Wahlkampf hochhalten und Grundzüge in Koalitionsverzrägen stehen, glaube ich, dass sie es ernst meinen.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Wasn Quatsch.



    Das riecht so ähnlich wie die



    PKW Maut.



    Was kostet die Erhebung?



    8 Milliarden?

    Besser wäre eine saubere Einkommenssteuer.

    Jeder mit gleichem Netto sollte



    gleich viel Abgaben bezahlt haben.

  • Dieser Vorschlag gehört in die Kategorie: es ist jetzt wieder Wahl, daß muß eine knackige Maßnahme her. Hört sich auf den ersten Blick gut an, wird aber gemäß dem Zeitplan in den Gremien zerpflückt und verschwindet wieder. Hauptsache, der Mann hat sich jetzt mal gemeldet.

  • "Bei wirt­schaftlichen Problemen soll die Steuer ausgesetzt werden können."

    "Ziel der Steuer soll auch sein, jene Großverdiener zur Kasse zu bitten, die „selbst in der Finanzmarktkrise überproportional von der wirtschaftlichen Lage profitiert haben“."

    Logik?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich glaube die "Logik" dahinter ist, dass jene die sie zahlen müssten, einfach nur flennen: "Buhuhu! Ich bin gar nicht sooooo reich! Und wenn ich die zahlen muss, dann verlieren ganz viele Leute ihren Job!" Und Zack! sind sie befreit.



      Also in etwa so fair wie die Steuerfreiheit für die Industrie bei der EEG-Umlage.

  • Bei der SPD ist es gegenwärtig einerseits wie auf einem Kirchentag, "Lasst viele Blumen, Evangelien, Ideen, klerikale Gebete erblühen, anderseits wie bei Hempel unterm Sofa, wo all die guten Ideen, säkularen Gebete ungeordnet durcheinander ewiglich zwischengelagert bleiben.

    Die Vermögenssteuer wurde, soweit ich es erinnere, vom BVG 1997 nicht abgeschafft, sondern mit der Maßgabe an den Gesetzgber Bundestag zurückgegeben, vergleichbare Berechnungsgrundlage für Kapital- , Grund- , Wald- , Wiesen- , Patent- , Kultur- , Kunst- , Immobilienvermögenssteuer zu schaffen. Wie dabei womöglich NS und neue Raubkunst in Burgen, Schlössern, Villen, Privat Museen, Galerien zutage gefördert würde, will amtlich scheinbar Niemand in Angriff nehmen?

    Inzwischen fehlt es in Deutschland mangels Vermögenssteuer seit 1997 überhaupt an eruierten Inventur Daten über die Vermögensverhältnisse, - entwicklung betuchter weniger betuchter, vermögensnaher, vermögensferner Schichten, wieweit sind diese Vermögen, wenn vorhanden erfassbar, durch Kreditaufnahme, Kreditausfall als Pfand hinterlegt, beliehen, gar null und nichtig?

    Insofern wird die Vermögenssteuer und sei es zu 0.00 % Erhebung als Inventurmittel unterschätzt, volkswirtschaftliche Parameter parat zu halten.



    Das Dilemma scheint ohnehin, dass wir hinsichtlich Bestand von Vermögenswerten eine Spaltung registrieren, einerseits Vermögensinflation befeuert von EZB Null Zins Geldpolitik, dass vermögensnahe Personen mit hoher Kreditlinie bald Geld dazu bekommen, wenn sie Kredit aufnehmen, Kreditlinie erhöhen, während vermögensfernen Schichten Kreditlinien entweder gekappt, oder durch erhöhte Dispo Zinsen unerschwinglcih sind, die Lohnentwicklung, Niedriglohnsektor in eine deflationäre Spirale gerät.

    In Schuldenweltwirtschaft gilt Schein von Vermögen als bare Münze für Kreditlinien, die Banken gerne erweitern. Dass Vermögenssteuer Aktivierung Vermögenswirklichkeit abbilden könnte, die als Gefahr für Banken gilt, macht mich nachdenklich.

  • "Bei wirtschaftlichen Problemen soll die Steuer (von bis zu 1 % !!!) ausgesetzt werden können." SPD, du bist so was von putzig, wenn du mit der Stricknadel in der Hand vorm Spiegel Robin Hood spielst!



    Finanziell extrem schwachen Menschen dürfen ihre Bezüge aber trotzdem weiter um 10 oder 30 % gekürzt werden, auch wenn sie eventuell mal in wirtschaftlichen Problemchen stecken, oder?

    • 8G
      80576 (Profil gelöscht)
      @Dörte Dietz:

      Hübsch, wie die Dinge so lustig durcheinander gehen, nicht?

    • @Dörte Dietz:

      Alles klar. Das Geld der kleinen Leute hat die SPD dank Agenda 2010 und der Sanktionierlust in der GroKo längst eingezogen. Jetzt kommen die höheren Ziele (Vermögenssteuer, Finanztransaktionssteuer). Wenn, dann gibt SPD den Robin Hood in eigener Sache. Auch eine Komödie wert, wenn auch billiger Barock.

    • @Dörte Dietz:

      sowas von auf den punkt

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Dörte Dietz:

      Meines Wissens sogar um 50%-100%