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Kommentar USA und MexikoVolltreffer mit der Migrationskeule

Wolf-Dieter Vogel
Kommentar von Wolf-Dieter Vogel

Mexiko macht die Grenzen dicht, um US-Strafzölle auf seine Exporte zu verhindern. Das ist keine Glanzleistung der Regierung von López Obrador.

Die neue restriktive Migrationspolitik Mexikos richtet sich gegen die Durchreisenden aus dem Süden Foto: reuters

N un haben Mexiko und die USA also ihren Streit beigelegt. Die mexikanische Regierung wird schärfer gegen Migratinnen und Migranten vorgehen, US-Präsident Donald Trump verzichtet dafür auf die Einführung von Strafzöllen auf Waren aus dem südlichen Nachbarland.

Doch schon lange vor dieser Einigung war Regierung Mexikos den Interessen der Vereinigten Staaten erheblich entgegengekommen. In der erst sechsmonatigen Amtszeit des als links geltenden Staatschefs Andrés Manuel López Obrador wurden dreimal so viele Wanderarbeiter und Flüchtlinge abgeschoben wie unter seinem konservativ-liberalen Vorgänger Enrique Peña Nieto.

Während vergangene Woche der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard in Washington mit der US-Regierung verhandelte, um die von Donald Trump angedrohte Erhebung von Strafzöllen auf mexikanische Exporte zu verhindern, sandten die Mexikaner weitere deutliche Zeichen: Zwei Aktivisten einer bekannten Organisation, die Migrantenkarawanen betreut hatte, wurden verhaftet. Für die Behauptung, die beiden seien „Menschenhändler“, hat die Regierung López Obrador keinerlei Beweise vorgelegt. Zudem gingen vor wenigen Tagen an der Südgrenze Militär- und Bundespolizisten massiv gegen über tausend Menschen vor, die aus Honduras, El Salvador und Guatemala vor Armut und Gewalt geflüchtet waren.

Und nun also der Kompromiss mit der Trump-Administration: Künftig wird die Nationalgarde Migranten aufhalten, die ohne gültige Papiere durch Mexiko reisen. Allein an der Grenze zu Guatemala sollen 6000 Mitglieder dieser Einheit stationiert werden. Nicht einmal López Obradors Vorgänger hatte sich eine so offensive Militarisierung der Grenze erlaubt. Bemerkenswert ist das aber auch, weil die Nationalgarde angeblich nur gegründet wurde, um gegen den Terror der organisierten Kriminalität vorzugehen. Nicht, um Migration zu bekämpfen.

Ein Bumerang für Mexikos Regierung

Darüberhinaus wird Mexiko künftig alle Flüchtlinge vorübergehend wieder aufnehmen, die in den USA Asyl beantragen. Eine absurde Regelung, schliesslich ist nicht das Nachbarland, sondern das Zielland verantwortlich für die Menschen, die dort ihr Recht auf einen Asylantrag wahrnehmen. Ebenso absurd erscheint die Bereitschaft Mexikos, die Zahl der humanitären Visa einzuschränken. Es ist kaum zu erwarten, dass künftig weniger Menschen aus humanitaeren Gründen flüchten müssen.

Keine Frage: Die mexikanische Regierung stand angesichts der Drohung Trumps, ab Montag Strafzölle einzuführen, unter erheblichem Druck. Diese Steuer hätte schwerwiegende Konsequenzen für die mexikanische Wirtschaft gehabt – aber auch auf die US-amerikanische. Dessen waren sich selbst Teile der Republikaner bewusst und oponierten gegen ihren Präsidenten. Trumps selbstherrliches Vorgehen ist im eigenen Land massiv unter Kritik geraten.

Dennoch hat López Obrador auf eine Konfrontation verzichtet und versucht nun, die Einigung als Erfolg zu verkaufen. In Tijuana, an der Grenze zu den USA, hielt er am Samstag eine „Freudenfeier“ ab. Doch nicht nur die Menschen, die weiterhin aus Zentralamerika Richtung USA migrieren werden, haben überhaupt keinen Grund zu feiern. Für Mexikos Präsidenten dürfte sich sein Erfolg als Bumerang erweisen. Zufrieden sein kann dagegen Trump, der im Wahlkampf weiterhin die Migrationskeule schwingen wird. Seine nächste Drohung kommt bestimmt.

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Wolf-Dieter Vogel
Korrespondent
Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.
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3 Kommentare

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  • 8G
    83492 (Profil gelöscht)

    "Diese Steuer hätte schwerwiegende Konsequenzen für die mexikanische Wirtschaft gehabt – aber auch auf die US-amerikanische."

    Ob Wirtschaftspolitik nach Gutsherrenart der US-Wirtschaft wirklich schadet, wird sich noch zeigen müssen. Aktuell sind die Zahlen noch gut ([1,2]). Herr Trump es bisher nicht geschafft, etwas kaputt zu machen. Und wer weiß, vielleicht haben die Modelle des ökonomischen Mainstream grundlegende Fehler und die vorhergesagte Trumpocalypse bleibt für die USA aus.

    "Für Mexikos Präsidenten dürfte sich sein Erfolg als Bumerang erweisen." Das verstehe ich nicht. Welchen Schaden hat Mexiko, wenn es Migranten an seiner Südgrenze abweist?

    [1] ig.ft.com/sites/numbers/economies/us/



    [2] www.nbcnews.com/po...-him-2020-n1001691

  • Das mit den Zöllen, ist für ein unvorbereitetes Gegenüber, erst einmal katastrophal. Man wird sehen was er noch in Petto hat, wenn dieses Pulver verschossen ist.



    Wenn Mexiko kollabiert und vom schmalen Grat zu den Failed-States hinabstürzt, dann kann auch die Mauer nichts mehr retten.

  • So isses halt das Trumpeltier ,



    trumpeld da und trumpelt hier ...

    Reicht man den Finger ihm zum Band ,



    ZACK gibts eine auf die Hand ...

    i1.wp.com/celmoreb...al.png?w=750&ssl=1

    Guter Artikel ...

    👍