: Justizsenator sorgt für Aufregung im Parlament
Dirk Behrendt (Grüne) fehlt zu Beginn der letzten Sitzung vor der zehnwöchigen Sommerpause ohne Entschuldigung. Die Koalition hatte zuvor darüber gestritten, wer für Ministertreffen freigestellt wird
Von Stefan Alberti
Ein Fraktionschef unter Druck und ein Senator, der anfangs unentschuldigt fehlte: Die letzte Sitzung des Landesparlaments vor der Sommerpause war auch jenseits der langen Tagesordnung denkwürdig. Kurz nach zehn war es, als Burkard Dregger ans Mikro trat. Der Tagesspiegel hatte an diesem Morgen nahegelegt, seine Ablösung als CDU-Fraktionschef stehe bevor. „Abschiedsrede!“, rief jemand aus den Reihen der rot-rot-grünen Koalition. Doch der CDU-Mann hatte anderes im Sinn: Er beantragte stattdessen, die gerade begonnene Sitzung zu unterbrechen und den abwesenden Justizsenator Dirk Behrendt von den Grünen herbeizuzitieren. Denn der fehlte ohne Entschuldigung der Senatskanzlei. Die Koalitionsfraktionen widersprachen dieser Forderung nicht.
In den Tagen zuvor hatte es Streit bei Rot-Rot-Grün gegeben: Gleich vier der elf Senatsmitglieder wollten sich entschuldigen lassen, um an Konferenzen mit Ministerkollegen der anderen Bundesländer teilzunehmen. Das ist sonst kein Problem, dieses Mal aber schon, weil so viele Sitzungen auf denselben Termin fielen. Vier von elf nicht anwesend – das war nach allgemeiner Meinung nicht mit der Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Regierung vereinbar. Der Grüne Behrendt und SPD-Senatorin Sandra Scheeres sollten deshalb nach Absprache mit allen Fraktionen trotz ihrer Konferenzen im Parlament anwesend sein.
Um zumindest den Auftakt des zweitägigen Justizministertreffens in Travemünde mitzuerleben, reiste Behrendt am Mittwoch an die Ostsee. Donnerstag früh machte er sich nach eigenen Worten „zu nachtschlafender Zeit“ – eine Grüne sprach konkret von 6.15 Uhr – auf den laut Google-Maps 308 km langen und mit dem Auto regulär dreieinhalbstündigen Weg zum Parlament. Staus und Baustellen hätten die Ankunft verzögert – Behrendt erschien um 10.30 Uhr im Plenarsaal. Das sei reine Provokation, konnte man bei der SPD hören.
„Ich möchte mich für meine Verspätung entschuldigen“, sagte er eineinhalb Stunden später in der Fragestunde der Sitzung, „ich gelobe für die Zukunft Besserung.“ Der Sprecher des Parlamentspräsidenten sagte der taz, es habe keinen Anruf von Behrendt gegeben, dass er sich verspäte.
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