piwik no script img

Andreas Speit Der rechte RandWarum die Klimadiskussion der NPD nicht nützt

Foto: Jungsfoto: dpa

Die älteste rechtsextreme Partei Deutschlands ist nach der Europawahl weiter in einer Krise. An der Elbe beklagt sich der NPD-Landesvorsitzende Lennart Schwarzbach aber nicht über den Wahlkampf seiner Partei mit dem Bundesvorsitzenden Frank Franz, er greift auch nicht ihren Spitzenkandidaten Udo Voigt an. Als Ursache des Absackens der NPD in Hamburg von 2.250 Stimmen 2014 auf jetzt 860 Stimmen macht er vielmehr die „Systemmedien“ verantwortlich, die ein Thema mitgesetzt hätten – den Klimawandel.

„Wenn es in 30 Jahren 2° kälter ist, wie viele Deutsche werden das dann erleben?“, polterte Lennart auf der Landeswebseite der NPD. Das Ergebnis zur EU-Wahl sei nicht befriedigend. Trotz steigender Mitgliederzahl sei es nicht gelungen, diese Entwicklung „in vergleichbare Wahlergebnisse umzumünzen“. Erschreckend sei, so Lennart weiter, dass „immer weniger im Lesen, Schreiben oder Rechnen befähigte Heranwachsende (…) in voller Überzeugung allen anderen“ erklären wollten, „wie man die Welt retten müsse, während sie sich selbst widerstandslos in Deutschland in aller Seelenruhe ihre Zukunft ruinieren lassen“.

Die Kritik an der Diskussion um den aktuellen Protest zum Klimawandel eint die gesamte extreme Rechte in Europa. Bei der NPD offenbart die Verdrängung des Umwelt- und Klimaschutzes ihre mittlerweile auch desolate weltanschauliche Ausrichtung. Denn in der Partei war schon früh der Vierklang von Umwelt-, Natur-, Heimat- und Volksschutz festes Programm.

Die NPD hatte sich weit vor der Gründung der Grünen klar zum Umweltschutz bekannt. In ihrem ersten Grundsatzprogramm von 1967 forderte die Partei „den Schutz des Waldes“, eine „gesetzliche Verpflichtung“ zur „Reinerhaltung der Flüsse“ und „zur Entgiftung und Bindung von Industrie- und Kraftfahrzeugabgasen“. „Ein ökologisch denkender Mensch“, führte in den 1970er-Jahren der NPD-Bundesvorsitzende Martin Mußgnug aus, nehme „automatisch eine rechte Position ein“. Und weiter: „Während Liberalisten und Marxisten weltweit dem Wahn vom ewigen Wirtschaftswachstum huldigten, waren es zuerst rechte Mahner, die vor diesem Irrweg warnten“, so Mußgnug.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

In den Deutschen Nachrichten, einer Wochenzeitung der NPD, hieß es am 28. April 1967, dass der „vermeintliche Fortschritt (des) Industriezeitalters (…) nur die seelische Verarmung“ verursache. Diese Sorge des Verlustes der „gesundheitlichen Substanz“ durch eine verfehlte Umweltpolitik bewegte die NPD bereits 1973 auf ihrem Bundesparteitag dazu, einen Passus „Volksgesundheit und Umweltschutz“ in das Parteiprogramm aufzunehmen. Der Titel offenbart die Intention – Blut und Boden. Mit der Medien- und Jugendprotestbeschimpfung dürfte Lennart in dem eigenen Milieu nicht bloß Zuspruch finden. Einen Erfolg jenseits der Parlamente kann derweil das NPD-nahe Magazin Umwelt & Aktiv feiern. Dessen Auflage stieg auf 5.000 Exemplare.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen