Kommentar Frankreichs Grüne: Eine Frage des Klimas
Mehrere Parteien setzten zur Europawahl aufs Klima. Doch viele Franzosen wählten lieber das Original Les Verts, als routinierter auftretende Kopien.
Sie traten vehement und, anders als früher, frei von Flügel- und Listenkämpfen für ein ökologisches, ein nachhaltiges Europa ein. Die französischen Wähler*innen haben es ihnen, entgegen den meisten Wahlprognosen, am Sonntag gedankt. Die französischen Grünen, die Europe Écologie – Les Verts (EELV), sind nach den Rechten um Marine Le Pen und der Regierungspartei En Marche von Emmanuel Macron mit rund 13,5 Prozent drittstärkste Kraft bei den französischen EU-Wahlen geworden. Sie haben davon profitiert, sich nicht von dem von Macron zuletzt ausgerufenen „Schicksalswahlkampf“ zwischen Nationalisten und En Marche – Letztere stellte er als fast schon einzige Hüter der französischen Demokratie dar –, beeindrucken zu lassen.
Der Listen-Erste von EELV, Yannick Jadot, hatte mit seinem Team schon frühzeitig versucht, die französischen Grünen herauszuführen aus dem Schatten ihres ruinösen Engagements für den bei den Präsidentschaftswahlen von 2017 krachend gescheiterten damaligen Sozialisten Benoît Hamon. Die EELV hat sich ein proeuropäisches und umweltfreundliches Profil verpasst. Das unterscheidet sie erst mal nicht von En Marche oder den in der Liste PS/Place Publique verbliebenen Sozialisten. Auch die linke Protestpartei LFI von Jean-Luc Mélenchon ist pro Klima, allerdings nur ein ganz bisschen für Europa.
Jadot hat es aber hingekriegt, dass nicht wenige Französ*innen nun lieber das sympathischer rüberkommende Original gewählt haben, als routinierter auftretende Kopien. Kurz vor der Wahl präsentierte er einen 20-seitigen „Umweltvertrag“, der eine EU-Gerichtsbarkeit zum Schutz von Umwelt und Gesundheit fordert sowie einklagbare Klimarechte.
Auch hat die EELV nachgewiesen, dass En Marche zwar hehre Klimaziele propagiert, aber bis jetzt null konkrete Klimamaßnahmen in Frankreich auf den Weg gebracht hat. Mit ihrem Erfolg haben die französischen Grünen jetzt die Chance, ein intelligentes Alternativangebot auszubauen. 2020 stehen Kommunalwahlen an. Nicht auszuschließen, dass es dann etwa im Pariser Rathaus grünt.
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