: Wirtschaftspakt vor Gericht
NGOs klagen in Karlsruhe gegen das Abkommen der EU mit Singapur
Das EU-Handelsabkommen mit Singapur ist undemokratisch. Zu diesem Schluss kommen die Nichtregierungsorganisationen (NGO) „Mehr Demokratie“, Foodwatch und Campact. Sie haben deshalb an diesem Dienstag Verfassungsbeschwerde im Namen von rund 13.000 Bürgern eingereicht.
Eigentlich ist das Bundesverfassungsgericht nicht für EU-Recht zuständig. Es gibt aber Ausnahmen, etwa wenn die „Verfassungsidentität“ Deutschlands verletzt ist. Dies sei beim EU-Handelsabkommen mit Singapur der Fall, sagt Rechtsprofessor Wolfgang Weiß, der die NGOs vertritt.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen Ausschüsse, die völkerrechtlich verbindliche Standards festlegen können und so eine abweichende Rechtsetzung der EU und ihrer Mitglieder erschweren. In den Ausschüssen sitzen keine Abgeordneten, sondern Exekutivvertreter der EU und Singapurs. Als Beispiel nennt das Klägerbündnis, dass der Handelsausschuss Standards für die Kennzeichnung genveränderter Lebensmittel festlegen kann. Die EU könnte die Standards nur mit Zustimmung Singapurs ändern. Ziel der Kläger ist nicht, solche Abkommen zu verhindern. Sie verlangen, dass die Kompetenzen der Ausschüsse klar definiert werden und dass der Bundestag dem Abkommen zustimmen muss.
Der Pakt mit Singapur ist ein Präzedenzfall. Ursprünglich sollten neben den EU-Gremien alle nationalen Parlamente zustimmen. Dagegen klagte die EU-Kommission. Doch der EuGH bestätigte 2017, dass der Pakt ein „gemischtes Abkommen“ ist. Vor allem die Regeln für den Investorenschutz benötigten die nationale Zustimmung. Die EU-Kommission spaltete das Abkommen daraufhin auf. Ein Teil regelt Handel und Dienstleistungen. Er wird jetzt als „EU-only“-Vertrag von EU-Rat und Europäischem Parlament beschlossen. Die Parlamente der EU-Staaten sollen nur beim nun separaten Investitionsschutzvertrag zustimmen.
Auch beim Ceta-Vertrag zwischen der EU und Kanada, über den das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr beschließen will, gibt es solche Ausschüsse. In einer Eil-Entscheidung hat Karlsruhe im Oktober 2016 verlangt, dass die Bundesregierung bis zum endgültigen Urteil eine „hinreichende demokratische Rückbindung“ sicherstellen muss. Christian Rath
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