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Weitere Kürzungen beim ZeitungskonzernDer Funke springt über

Der Essener Zeitungskonzern Funke wird offenbar weit mehr Stellen kürzen als angenommen. Allein in NRW sind 300 Personen betroffen.

Bei der Funke-Mediengruppe ist viel Rotstift im Spiel Foto: dpa

Der Essener Zeitungskonzern Funke wird offenbar weit mehr Stellen kürzen als angenommen. Über 300 Redakteure, Drucker, Mitarbeiter aus dem Anzeigenbereich, Onliner und Mediengestalter werden allein in Nordrhein-Westfalen von Entlassungen betroffen sein. Außerdem sollen fast alle Geschäftsstellen der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) und der Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung (NRZ) in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland verschwinden.

Neben der Berliner Zentralredaktion, wo 27 Arbeitsplätze abgebaut werden, wurde auch die Kompakt-Ausgabe der Berliner Morgenpost eingestellt, das Layout ausgelagert. Gehen sollen hier 24 Beschäftigte, darunter sechs Redakteure, drei Fotoredakteure, neun Layouter, zwei Vertriebsmitarbeiter sowie vier Mitarbeiter im Anzeigenverkauf.

Geschlossen wird ebenso die Mantel-Redaktion von TV direkt/Gong Verlag in Ismaning. Vier Kündigungen wurden bereits ausgesprochen, bis zu drei weitere werden erwartet. Den anderen zehn Mitarbeitern sollen möglichst Stellen im Haus angeboten werden.

Auch in Thüringen soll der Rotstift noch einmal angesetzt werden. Wie die Reduzierung hier aussehen wird, ist noch nicht klar, aber Stellenstreichungen wird es wohl auf jeden Fall geben. Für Aufsehen sorgte zuvor das Gerücht, die Leser hier nur noch mit digitalen Angeboten zu versorgen, weil die Auslieferung der Printexemplare zu teuer sei. Nach einem Aufschrei ruderte der Verlag hier schnell zurück. Wahrscheinlich auch, weil die Internetversorgung in den ländlichen Gebieten das Vorhaben erschwert hätte.

Erst Ende letzten Jahres hatte der Verlag den Mitarbeitern die neue Digitalstrategie „User First“ vorgestellt – ein radikaler Umbruch im redaktionellen Alltag: Reporter sollen beispielsweise nur noch „draußen“ unterwegs sein und Geschichten in die Redaktion liefern, wo die Blattmacher die Inhalte sofort in digitale Kanäle leiten und später daraus Zeitungsseiten produzieren. Ob das jetzt angesichts der drastischen Kürzungen gelingen kann, wird innerhalb der Belegschaft immer mehr bezweifelt.

„Enttäuscht und irritiert“

„Wir sind enttäuscht und irritiert darüber, wie mit den Mitarbeitern dieses Hauses umgegangen wird“, kritisierten die Betriebsräte von WAZ, NRZ, WP, Funke Online NRW sowie Funke Sport in einem internen Schreiben an die Belegschaft die Vorgänge.

Nur kurz zuvor habe die Aufsichtsratsvorsitzende Julia Becker bei der Begrüßung der Kollegen in der neuen Essener Zentrale betont, wie wichtig engagierte Mitarbeiter seien: „Wohl wissend, dass in absehbarer Zeit ein Teil dieser Kollegen ihre Stellen verlieren werden. Das halten wir für zynisch und hat mit Wertschätzung verdienter Mitarbeiter, die teils seit Jahrzehnten für das Unternehmen arbeiten, nichts zu tun.“

Zurzeit kämpften sie für „bestmögliche und sozialverträgliche“ Lösungen – ein Vorhaben, das sich voraussichtlich über Monate erstrecken wird.

Dass Funke unter Druck steht, ist auch den Angestellten dort klar. Der Rückgang bei den Anzeigenschaltungen etwa soll im letzten Jahr zwischen 20 und 25 Prozent betragen haben. Wenig Verständnis haben sie aber für die immer gleiche Reaktion des Managements: Stellenstreichungen. Aktuelle Pilotprojekte des Verlags im Ruhrgebiet, wo Redaktionen gezielt verstärkt wurden, haben gezeigt, dass die rückläufige Entwicklung hier wesentlich moderater verlief.

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3 Kommentare

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  • Ich hab an die EU-Copyright-Abstimmung letzter Woche gedacht, als ich den Artikel las. Wahrscheinlich haben sich die Justiziare bei den Verlagen gedacht: "Komm', wenn dieses Schiff hier schon untergeht, dann schaffen wir uns wenigstens vorher noch ein paar andere Betätigungsfelder und nageln das Internet weiter mit Copyright-Regeln zu."

  • in 10 Jahren sind alle Printmedien weg.

  • "Der Rückgang bei den Anzeigenschaltungen etwa soll im letzten Jahr zwischen 20 und 25 Prozent betragen haben." Wen wundert's? Nachdem das komplette Ruhrgebiet zum Armenhaus der Nation geworden ist interessiert sich doch kein Schwein mehr für die verbliebene Kaufkraft.

    "Wenig Verständnis haben sie aber für die immer gleiche Reaktion des Managements: Stellenstreichungen." Was sonst? Will diese sterbende Totholzbranche in einer sterbenden Region etwa noch staatliche Subventionen beantragen?