Medien in der Ukraine: TV-Direktor gefeuert
Surab Alasanija hat anbeglich zu wenig über den wahlkämpfenden Präsidenten Poroschenko berichtet. Die Entscheidung stößt auf Kritik.
Alasanija hingegen ist sich sicher, dass seine Entlassung in einem direkten Zusammenhang mit dem Präsidentenwahlkampf in der Ukraine steht. So zitiert er auf seiner Facebook-Seite aus einem Entwurf des Aufsichtsrates als Grund zur Entscheidung ihn zu entlassen, dass er nicht ausreichend über Aktivitäten von Präsident Petro Poroschenko berichtet habe. So habe er es versäumt, den Kreuzweg Poroschenkos, den dieser gemeinsam mit dem obersten Hirten der neuen Orthodoxen Kirche in der Ukraine unternommen habe, entsprechend informativ zu begleiten.
Die fristlose und vorzeitige Entlassung eines Journalisten, der für ein unabhängiges öffentlich-rechtliches Fernsehen steht, bringen einige seiner Kollegen ebenfalls mit der für 31. März angesetzten Präsidentschaftswahl in Verbindung. Ukrainische Meinungsforschungsinstitute gehen derzeit von einer Niederlage Poroschenkos aus.
Sofort nach dem pro-westlichen Umsturz in der Ukraine war der aus Abchasien stammende Journalist Alasanija Ende März 2014 zum Chef des staatlichen Fernsehens ernannt worden. Im April 2017 wurde er, mit nur einer Stimme Mehrheit, zum Chef des neu gegründeten öffentlich-rechtlichen Fernsehens gewählt.
Zu wenige Expertenmeinungen
Hier habe er es geschafft, so Svitlana Ostapa, die als Mitglied des Aufsichtsrates am Donnerstag gegen die vorzeitige Entlassung gestimmt hatte, das öffentlich-rechtliche Fernsehen von Zwängen lokaler und zentraler Bürokraten zu befreien. Ostapa kritisierte die Entlassung und die Vorgehensweise des Aufsichtsgremiums dabei.
Gleichzeitig räumte sie jedoch auch ein, dass das Bemühen Alasanijas, den Sender frei von politischen Druck zu halten, dazu geführt habe, dass die Inhalte gelitten hätten. Selten seien Experten zu Wort gekommen, habe es inhaltlich fundierte Beiträge gegeben.
Sofort nach Bekanntwerden der unter Ausschluß der Öffentlichkeit getroffenen Entscheidung hatten sich Medienorganisationen mit dem entlassenen Chefredakteur solidarisiert. Sie beklagten insbesondere das Timing der Entscheidung in der Zeit des Präsidentenwahlkampfes und das Vorgehen.
Die Destabilisierung eines öffentlich-rechtlichen Senders in der Vorwahlperiode stelle eine direkte Gefahr für die demokratischen Prozesse in der Ukraine dar und spiele dem äußeren Feind in die Hände, beklagten sich das Institut für Massenmedien, Internews Ukraine, „Detektor Mexdia“, und das Zentrum für Demokratie und Recht, CEDEM.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Die Regierungskrise der Ampel
Schnelle Neuwahlen sind besser für alle
Bilanz der Ampel-Regierung
Das war die Ampel
Angriffe auf israelische Fans
Sie dachten, sie führen zum Fußball
Die Grünen nach dem Ampel-Aus
Grün und gerecht?
Kritik an der taz
Wer ist mal links gestartet und heute bürgerlich?
Regierungskrise in Deutschland
Ampel kaputt!