Präsidentschaftswahl in der Ukraine: Timoschenko versucht es nochmal

Die ehemalige ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko tritt bei der Wahl Ende März an. Ihre Chancen stehen gut.

Eine Frau steht im Scheinwerferlicht

Der Macht sehr nahe: Julia Timoschenko am Dienstag bei ihrer ersten Rede als Kandidatin Foto: reuters

KIEW taz | Julia Timoschenko, 2005 die erste und bislang einzige Ministerpräsidentin einer ukrainischen Regierung, ist zurück in der Politik. Nachdem sie ihre Partei „Vaterland“ am Dienstag zur Präsidentschaftskandidatin gewählt hatte, ist die ehrgeizige Unternehmerin, die einst einen Videoverleih gründete, ihrem Ziel, an der Spitze der Ukraine zu stehen, sehr nahe gekommen.

Die Rührung war der 58-Jährigen im weinroten Kleid anzumerken, als sie ihre erste Rede als frisch gebackene Präsidentschaftskandidatin gab. Die erfahrene Politikerin, die bereits von 1999 bis 2001 Vizeministerpräsidentin von Wiktor Juschtschenko war, weiß, wie sie zu den Herzen ihrer Zuhörer vordringt, sich Vertrauen erwirbt.

Jede Mutter wisse, was es heiße, für ein Kind verantwortlich zu sein, rief sie den Delegierten zu. Doch sie sei zutiefst von ihrer Tochter gerührt, die sich um sie gekümmert habe, als sie in Haft war. Auch ihrer Mutter, die ihr immer beigestanden habe, dankt sie in ihrer Antrittsrede. Mit so viel zur Schau gestellter Menschlichkeit tritt „Julia“, wie sie sich gerne nennen lässt, dem Bild einer eisernen Lady entgegen.

Wer sich im Winter 2013/2014 auf den Kiewer Maidan zur Revolte gegen den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch aufmachte, sah schon von fern den riesigen Weihnachtsbaum mit dem Konterfei einer Frau mit geflochtenem Zopf: „Der Ukraine die Freiheit – Stoppt politische Verfolgung!“ stand auf einem Banner. Die Frau war Julia Timoschenko, inhaftierte Gegenspielerin von Wiktor Janukowitsch und Oppositionsführerin.

Kaum in Kiev – direkt auf die Bühne

An dem Februartag des Jahres 2014, an dem die Proteste den damalige Präsidenten Janukowitsch von Kiew Richtung Charkiw in die Flucht schlugen, wurde Timoschenko aus ihrer über zweijährigen Haft in Charkiw entlassen. Kaum in Kiew angekommen, machte sie sich sofort auf zur Bühne der Protestierenden des Maidan, auf die sie von Mitarbeitern im Rollstuhl geschoben wurde. Und nicht wenige wunderten sich darüber, dass sie trotz ihres angeblich schweren Rückenleidens ihre Stöckelschuhe trug.

Schon einmal hatte sie den Sprung von der Volkstribunin, getragen von protestierenden Massen auf dem Maidan, in die Regierung geschafft. Das war 2004. Auch damals war die langjährige Weggefährtin des Politikers Pawlo Lasarenko, der 2006 in den USA zu neun Jahren Haft wegen Korruption und Erpressung verurteilt worden war, gegen Wiktor Janukowitsch auf die Straße gegangen. Und schon im Februar 2005 gehörte sie als Ministerpräsidentin zu den großen Playern im Land.

In diesem Augenblick im Februar 2014 schien für Timoschenko die Macht wieder zum Greifen nahe. Doch sie hatte die Rechnung ohne Arseni Jazenjuk, Witali Klitschko und Oleh Tjagnibok gemacht, die sich in ihrer Abwesenheit auf eine Machtaufteilung ohne Timoschenko geeinigt hatten und einen ganz anderen als Präsidenten wollten: Petro Poroschenko. Dem könnte sie bei den Präsidentschaftswahlen am 31. März gefährlich werden.

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