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Kolumne LiebeserklärungEndlich verständlich

Vom Namen mal abgesehen: Das „Starke-Familien-Gesetz“ ist nicht gleich schlecht, nur weil jeder verstehen kann, worum es geht.

Franziska Giffey (3.v.r.) und Hubertus Heil im Nachbarschaftszentrum in Berlin-Wedding Foto: Reuters/Fabrizio Bensch

E in Raunen geht durch die Redaktionsstuben. Das „Starke-Familien-Gesetz“. Und das „Gute-Kita-Gesetz“. Herrje, was hat sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) denn bei solchen Namen gedacht, wird empört gefragt und kollektiv die Nase gerümpft. Sprechen wir jetzt wie das gemeine Fußvolk auf der Straße? Es war so schön exklusiv hier, als sich der Politikbetrieb durch eine gutbürgerlich-gebildete Sprache nach außen hin abgrenzen konnte.

Es kann doch nicht das Ziel sein, dass es den Durchschnittsbürgern durch komplexe Bezeichnungen schwer gemacht wird, sich an der Debatte um Gesetze zu beteiligen. Etwa wie beim „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“. Eigentlich eine gute Sache: Ein Gesetz zum effektiven Melden von Straftaten bei Facebook. Doch hätte man es damals so genannt, wären die Bürger womöglich auf die Idee gekommen, tatsächlich mehr Hass im Netz zu melden.

Familienministerin Franziska Giffey (SPD) macht das anders: Sie spricht wie die Menschen, für die sie Gesetze macht. Dass das für viele Kommentatoren ein Affront ist, zeigt, was Politik und Medien noch lernen können. „Wir wollen mehr Berliner Schnauze wagen“, könnte Giffeys neuer Wahlkampfspruch lauten.

Was heißt hier „Infantilisierung“?

Einige Journalisten zögern, den Namen „Starke-Familien-Gesetz“ in die Zeitung zu schreiben. Denn das könnte ja Werbung für die Ministerin sein, die ihr Gesetz mit diesem Namen beliebter machen will. Beim „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ von Heiko Maas hat das allerdings niemand gesagt. Da war der Name offenbar unverständlich genug, um nicht als Schleichwerbung zu gelten.

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Aber etwas Schlechtes findet man immer. Haben Gesetze einen unaussprechlichen Namen, kritisieren Medien und Opposition, dass die SPD ihre Erfolge nicht gut verkaufe. Sind die Namen auch für Menschen ohne Doktortitel verständlich, heißt es, das sei eine „Infantilisierung“. Für alle, die keine Ahnung haben, was das bedeutet: Das heißt auf Deutsch „Bevormundung“.

Ist es bevormundend, wenn man ein Gesetz scWas heißt hier „Infantilisierung“?hreibt, durch das arme Familien mit Kindern mehr Geld bekommen, damit diese stark durchs Leben gehen? Ist es bevormundend, wenn die Politik gute Kitas will und dann vom „Gute-Kita-Gesetz“ spricht?

Im Grundgesetz stehe nicht, dass man jedem Gesetz einen „bescheuerten“ Namen geben müsse, sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch. Da muss man den beiden Sozialdemokraten recht geben.

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Markus Kowalski
Autor
Ich berichte über Politik, insbesondere LGBTI, Menschenrechte, soziale Bewegungen. Gern auch investigativ.
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2 Kommentare

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  • Da irrt der Autor meines Erachtens. Die Namen der beiden Gesetze sagen eben nichts über die Inhalte aus, sondern darüber, wie die Gesetze bewertet werden sollen. Inhalt ist weder eine gute Kita, noch eine starke Familie. Inhalt sind Maßnahmen, die Folgen sind geänderte Strukturen. Neutral wäre es, ein Gesetz nach den Maßnahmen oder nach den konkreten Folgen zu benennen.



    Das tut man aber nicht, sondern man verwendet subjektive, undefinierte, aber positiv besetzte Begriffe wie "stark" und "gut", die keinerlei inhaltliche Aussagekraft haben, und bewertet damit bereits selbst sein eigenes Gesetz. Das hat nichts mit Verständlichkeit oder einfacher Sprache zu tun, sondern ist schlicht Marketing-Blabla.

    • @PPaul:

      Genau deshalb sind das ja auch die Namen, die nur in der öffentlichen Kommunikation verwendet werden: Weil es der Marketing-Begriff ist. Das Gute-Kita-Gesetz heißt beispielsweise im amtlichen Sprachgebrauch des Entwurfs weiterhin "Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kinderbetreuung". Es hat für die Berichterstattung und die öffentliche Debatte eben eine Art Spitznamen bekommen. Ist doch nur klug, wenn die Regierung versucht, damit das Projekt positiv zu besetzen. Dass die SPD ausnahmsweise mal in der öffentlichen Kommunikation ein bisschen Händchen beweist, darf man ruhig anerkennen. Kam in letzter Zeit selten genug vor.