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Eröffnung des Google-Büros in BerlinAb durch Mitte

Google lässt sich in Berlin-Mitte nieder. Dort gibt es viel Kaffee, viele Talente und keine Nachbarn, die sich über irgendwas beschweren könnten.

Hier arbeiten keine Angestellten, sondern Talente: Google in Berlin-Mitte Foto: dpa

Berlin taz | Google Maps weiß natürlich schon lange Bescheid. Schon Wochen bevor am Dienstag das neue Berliner Google-Büro offiziell eröffnet wurde, zeigte die digitale Stecknadel bei Google Maps in der Tucholskystraße 2: „Google Berlin“. Mitte Dezember sind die 130 Berliner Mitarbeiter aus ihrem alten Büro in die ehemalige Frauenklinik der Charité eingezogen.

Darin ist Platz für 300 Mitarbeiter, die Philipp Justus, Vizepräsident von Google Zentraleuropa, auf der Eröffnungs-Pressekonferenz „Talente“ nennt. Und weil der Kampf um Talente ein harter ist – Face­book, Zalando und Ebay sitzen quasi um die Ecke –, bietet Google seinen Talenten im neuen Büro alles, was ein modernes Digitalunternehmen heute braucht: Arbeitsräume die „Berghain“, „99 Luftballons“ oder „Ham wa nich“ heißen, eine Kantine unterm Rooftop mit Blick auf Museumsinsel und Fernsehturm, mit einer Show-Küche, einem Pizzaofen, sechs Sorten Müsli zum Frühstück und eine Barista, die die microkitchen bedient, also die Kaffeebar.

In den Unternehmensgrundsätzen von Google ist verankert, dass kein Büro weiter als 30 Meter von einer Kaffeebar entfernt sein darf. „Wir bei Google identifizieren uns über unsere Unternehmenskultur“, sagt eine Google-Mitarbeiterin in grauer Strickjacke mit aufgedruckten weißem G. Dazu gehöre natürlich auch der TGIF, der „Thank God it’s friday“, hihi, zu dem sich alle Googler der ganzen Welt jeden Freitag live zusammenschalten und ein Statement der Google-Bosse anhören dürfen.

Der höchste Boss ist für die Büro-Eröffnung extra aus Mountain View eingeflogen. Die Kameras knattern, Dutzende Handys knipsen und filmen, als CEO Sundar Pichai die Pressekonferenz betritt. Pichai, 46 Jahre alt, seit 2004 bei Google, Entwickler von Google Chrome und Google Drive, geschätztes Vermögen 1,2 Milliarden US-Dollar, ist immerhin einer der mächtigsten Männer im Silicon Valley und selten in Deutschland.

Google gegen Kreuzberg

Er tritt an das Pult und hält eine Rede, die schon in der vorab verteilten Pressemappe zu finden ist. „Es ist eine aufregende Zeit, Googler in Berlin zu sein“, sagt er. Darüber, dass es auch eine unangenehme Zeit ist, Googler in Berlin zu sein, spricht er nicht. Denn die digitale Google-Maps-Stecknadel sollte eigentlich auch bald in Kreuzberg stecken. Dort wollte Google in einem ehemaligen Umspannwerk einen Campus für Start-ups aufbauen.

Dagegen demonstrierten die Kreuzberger und besetzten das Umspannwerk. Jenes Umspannwerk übrigens, in dem schon lange Red Bull ein Musikstudio betreibt, wo unter anderem die BMW Stiftung, Price Water House Coopers und Zalando getagt haben und wo im Nobelrestaurant geschmorte Rinderbacke für 38 Euro serviert wird. Google allerdings wollten die Kreuzberger dort nicht. Im vergangenen Herbst gab Google auf und erklärte, verstanden zu haben, dass Kreuzberg mehr soziale Projekte und weniger Silicon Valley brauche.

Darüber, dass es eine unangenehme Zeit ist, Googler in Berlin zu sein, spricht der CEO nicht

Einen neuen Google Campus werde es in Berlin nicht geben, sagte Google-Vize Philipp Justus am Dienstag. Start-ups sollen dennoch in Berlin gefördert werden, im neuen Büro in der Tucholskystraße. Dort soll auch ein Projekt vorangetrieben werden, für das sich Google ungewöhnliche Partner gesucht hat.

Mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und den Industrie- und Handelskammern will das Unternehmen Arbeitnehmer aller Branchen fit für die Digitalisierung machen. „Verdi und Google eint unser gemeinsames Interesse, Menschen auf die Zukunft vorzubereiten“, sagt Lothar Schröder, Verdi-Vorstand, „auch wenn wir in anderen Punkten inhaltliche Differenzen haben.“ Gegen das neue Google-Büro gab es im Vorfeld übrigens keine Proteste von Anwohnern. Aber in Berlin-Mitte gibt es ja auch kaum noch Anwohner, außer Angela Merkel, aber die ist eh kaum zu Hause.

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1 Kommentar

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  • Arbeit und Drogen in die Unternehmenskultur einzubetten ist doch sonst, was Werbeleuten nachgesagt wird.



    Aber gut, Kaffee ist ja das, was andere Wasser nennen.